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Jugendweihe in Jessen Jugendweihe in Jessen: Für Teenager beginnt neue Lebensepoche

Von Gabi Zahn 18.05.2014, 18:22
Die Blumenkinder - vornweg die kleine Zoé Gresens - nehmen ihr erstes Ehrenamt wahr und gratulieren den Jugendweihlingen des Jessener Gymnasiums.
Die Blumenkinder - vornweg die kleine Zoé Gresens - nehmen ihr erstes Ehrenamt wahr und gratulieren den Jugendweihlingen des Jessener Gymnasiums. Gabi Zahn Lizenz

Jessen/MZ - „Ich wünsche mir einen wunderschönen Tag, und dass alle Leute gute Laune haben.“ So antwortet Tom Schulze aus Prettin auf die Frage, welches der größte Wunsch für seine Jugendweihe ist. Die Feierstunde, die er mit 40 weiteren Mädchen und Jungen aus dem Jessener Gymnasium am Samstag um 9 Uhr erlebt, wird zum beschwingten und festlichen Start. Das gilt auch für die folgenden beiden Veranstaltungen, in denen Achtklässler der Sekundarschulen Jessen-Nord, Annaburg und Zahna-Elster ihre Jugendweihe erhalten.

Alle stehen auf

Zum ersten Mal findet diese in der neuen Jessener Sport- und Mehrzweckhalle statt, die hell, geräumig und mit Blumen geschmückt ein freundliches Ambiente bietet. Für die Eltern und nahen Verwandten sind reichlich Stühle aufgestellt. Im Vorraum formieren sich die festlich gekleideten Hauptpersonen. Bei Jessica Kuba und Gina Lutzler aus dem Jessener Gymnasium pochen die Herzen vielleicht noch etwas mehr als bei ihren Mitschülern. Beiden obliegt die Aufgabe, zum Abschluss selbst ans Mikrofon zu treten und die Dankesworte der Jugendlichen zu sprechen.

714 Schüler feiern 2014 im Landkreis Wittenberg Jugendweihe. Drei der 18 Feierstunden stehen noch aus. Die Organisation obliegt dem Verein für humanistische Jugendarbeit und Jugendweihe. Den Vorsitz führt Gudrun Runschke. Gemeinsam mit Geschäftsstellenleiterin Angela Fröchling und weiteren 29 Mitstreitern offeriert die Interessengemeinschaft vorbereitend mehrere Angebote: unter anderem den Besuch von Gedenkstätten, eine Fahrt in die Autostadt Wolfsburg, Kampfsport-Training und Modenschauen. (gzn)

Aber bis es soweit ist, muss erst einmal alles andere überstanden sein. Zwar wissen die 14-Jährigen, dass sich bei ihrem Einmarsch alle Gäste von den Plätzen erheben. Doch erst als sie von Hunderten Blicken begleitet nach vorn gehen, wird die neue Dimension für sie erlebbar. Ihre Gesichter spiegeln wider, was sie fühlen: „Mutti, Vati – alle, auch die Lehrer – stehen auf, wenn ich eintrete – Whow!“

Die Aufregung steigt

Wer bis dahin alles ziemlich relaxt gesehen hat, dem wird spätestens jetzt bewusst, dass die folgende Stunde Bedeutsames mit sich bringt. Darauf stimmen Natalie Lament mit dem sinnlichen Katie-Melua-Song „I cried for you“ und ein Gedicht von Elli Michler ein. Rezitiert wird es von Sophie Kliem: „Ich wünsche dir Zeit, zu dir selber zu finden, jeden Tag, jede Stunde als Glück zu empfinden“, heißt es darin. Ein solches Glück bringen auch die Frauen des Tanzstudios Porwol zum Ausdruck. Die große Bühne gibt ihnen Raum für perfekte Choreografien, die pure Lebensfreude vermitteln. Ein gelungener Auftakt, an den sich die Festrede anschließt. Gehalten wird sie in allen drei Veranstaltungen von Landrat Jürgen Dannenberg (Linke): „Meine Jugendweihe liegt schon 46 Jahre zurück“, verrät er und fügt an: „Wir dachten jedoch damals so, wie ihr jetzt denkt: Hoffentlich spricht der da vorne nicht zu lang!“ Nach dieser Offenbarung führt Dannenberg recht kurzweilig vor Augen, in welcher Weise die Pubertät schon immer „Risiken und Nebenwirkungen“ mit sich brachte.

Jede Generation denke stets, dass mit der folgenden Generation gewiss der Untergang naht. „Doch selbst wir haben damals mit unseren Idolen die Flegeljahre überstanden, und die Stones rocken noch immer auf der Bühne.“ Allerdings mahnt der 61-Jährige einige Zeit-Zeichen an, die zunehmend nachdenklich stimmten: „Partys, Alkohol und leider immer öfter Drogen“, zählt er auf. Der neue Lebensabschnitt sei interessant und verführerisch. Erwachsen werden bedeute aber auch, Verantwortung zu übernehmen – zu allererst für sich selbst. Wie sich Kinder entwickeln, hänge maßgeblich vom Verhalten der Bezugspersonen ab.

Er bittet gleichfalls, mit dem Internet nicht sorglos umzugehen. Vor allem wünscht er den Jugendlichen gute Freunde an der Seite. Beistand sei ebenso wichtig wie Kritik. Und: „Freundschaft ist keine Einbahnstraße.“ Den Eltern versichert der Festredner: „Haben sie Vertrauen, dass die Jugendliche das Beste geben, um das zu werden, was sie sein möchten.“ Auf die Gefühlswelt der jungen Erwachsenen eingehend, formuliert er: „Was euch in den 7. Himmel versetzt, bringt eure Eltern in Hab-Acht-Stellung. Doch auch ihr werdet erkennen, dass nicht aus jedem Frosch ein Prinz wird, und nicht jede Prinzessin alle Zacken in der Krone hat.“

„Wo ist bloß die Zeit geblieben?“

Mit dem Titel aus dem Mozart-Musical: „Am Rande der Welt fällt Gold von den Sternen“, hatte Stefan Schulz bereits die romantische Seite zum Schwingen gebracht. Als die 14-Jährigen gruppenweise auf die Bühne gehen, begleitet der Wittenberger Musiker die festliche Zeremonie mit einer Keyboard-Variation von „For ever love“. Sophie Kliem trägt dazu Worte berühmter Dichter und Denker vor. Die Urkunden, das Jugendweihe-Buch „Weltanschauung“ und gelbe Rosen werden mit vielen guten Wünschen entgegengenommen. Als „Blumenkinder“ fungieren Steppkes aus den Tagesstätten Villa Teige und Kunterbunt sowie der Max-Lingner-Grundschule. Angesichts des beachtlichen Größenunterschiedes zwischen den jüngsten Gratulanten und den Jugendweihlingen kullern im Publikum einige Tränen: „Wo ist bloß die Zeit geblieben? Es ist noch gar nicht lange her, als Celine in die Schule kam“, bekundet Oma Karin Töpfer aus Jessen.

Auch Heidi Gresse aus Seyda, die Tante von Hannes Wegener, zeigt sich sehr berührt: „Eine wunderschöne Feierstunde und zu keiner Sekunde langweilig.“ Hannes pflichtet voll bei. Er freut sich auf die Feier in der Zemnicker Dorfgaststätte – und auf seine Geschenke. Darunter sind auch einige „Euronen“: „Für das Geld kaufe ich Mopedteile. Ich will mir eine alte Schwalbe neu aufbauen. Mein Vater hilft dabei mit.“

Schwungvoll und sinnlich: Aktive des Tanzstudios Porwol aus Wittenberg bringen tänzerisch Tempo in die festliche Atmosphäre.
Schwungvoll und sinnlich: Aktive des Tanzstudios Porwol aus Wittenberg bringen tänzerisch Tempo in die festliche Atmosphäre.
Gabi Zahn Lizenz