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Jugendweihe in Jessen Jugendweihe in Jessen: 161 Jugendliche in Ballkleid und Anzug

Von Evelyn Jochade 23.04.2018, 09:50
Äußerlich cool wollen sie wirken, aber die innere Anspannung an ihrem Ehrentag ist den jungen Leuten doch ins Gesicht geschrieben.
Äußerlich cool wollen sie wirken, aber die innere Anspannung an ihrem Ehrentag ist den jungen Leuten doch ins Gesicht geschrieben. Evelyn Jochade

Jessen - In Ballkleid und Anzug, für den großen Tag top gestylt, so waren die Erwachsenen-Anwärter, die gemeinsam mit Eltern und oft der ganzen Familie am Samstag zur Jessener Mehrzweckhalle strebten, kaum wiederzuerkennen. „Aus Kindern werden Leute“.

Dieser oft dahergesagte alte Spruch traf hier auf seine beste Bestätigung. Und während die Jungs kräftig ausschritten, zeigte sich bei den Mädchen, dass sie doch noch ein wenig unsicher auf den teils sensationell hohen Hacken unterwegs waren. Aber Absatz musste eben sein. Genau wie Tüll- oder Spitzenkleid und Anzug mit Krawatte oder Fliege.

Generell aber strahlten die 14-Jährigen so jung und frisch von innen heraus, dass es eine Lust war, ihnen zuzusehen. Die Schüler der Annaburger Sekundarschule bescheinigten noch vor Beginn der Veranstaltung auf Nachfrage: „Wir fühlen uns prima in unseren schicken Sachen.“

Traumkleid gefunden

Wer von den älteren Gästen in der voll besetzten, festlich geschmückten Halle, erinnerte sich angesichts dessen nicht an die Zeiten vor der Wende. Als der modische Schick oft mit dem Westpaket kam oder von Oma oder Mama Genähtes die Anderen neidisch schauen ließ. Wer konnte, kaufte ein Lurex-Kleid im „Exquisit“. Heutzutage gibt es solche Dinge ganz selbstverständlich.

Sarah Annacker fand ihr Kleid in einem Modegeschäft in Berlin, Mia Pankrath in den Brautmoden Torgau. Dort standen zwei zur Auswahl. Eines war ihr Traumkleid. Ob mit Glitzer oder ohne, ob politisch angehaucht, wie früher oder nicht, geblieben ist der tiefe Sinn der Feier: Die Aufnahme der Jugendlichen in die Welt der Erwachsenen. Ganz besonders stolz waren natürlich die Väter non Sarah und Mia, Maik und Sandro, als ihre Mädchen so erwachsen und elegant zur Bühne schritten.

Der Eine hatte vor 38-, der Andere vor 26 Jahren Jugendweihe. Ein Ereignis im Leben, das man nicht vergisst. So war es auch beim Festredner des Tages, Landrat Jürgen Dannenberg. Mit seiner überaus kurzweiligen Rede, die gespickt war mit Anekdoten, Zitaten, Begriffen und Wendungen aus der Sprache der 14-Jährigen, sprach er sowohl die Jugendlichen an und ihren Eltern aus den Herzen.

Auf jeden Fall nahm er so dem Ereignis die verständliche Steifheit und Schmunzeln und Lachen wehten durch den Saal. „Ich weiß noch genau, was ich bei meiner Jugendweihe vor 50. Jahren mit Blick auf den Festredner dachte: Hoffentlich redet der nicht so lange!“

Nun, auch Jürgen Dannenberg wollte, so soll es sein, den Mädchen und Jungen etwas mit auf den Weg geben. Es sei keinesfalls ein Zeichen von Schwäche, um Rat zu fragen und wenn man hinfalle sollten sie nicht aufgeben, sondern „aufstehen, Krone richten und weiter machen“. Jetzt sei die Zeit der Selbstfindung gekommen und das sei angesichts der Pubertät, in der sie steckten eine riesige Herausforderung.

Die Selbstzweifel, die ihnen kämen, seien normal. Dennoch müssten sie sich ausprobieren und ihre Stärken erkennen. „Erfahrungen vererben sich nicht“, zitierte der Landrat Kurt Tucholsky. An die Eltern gerichtet meinte er: „Auch wenn es nicht so aussieht, die Jugendlichen brauchen uns noch.“ Und er schickte sogleich an die Familien seinen Lieblingsspruch hinterher: „Ein Onkel, der was schenkt, ist besser als eine Tante, die Klavier spielt“.

Ansprechend umrahmt

Was aber wäre solch ein Ereignis ohne den nötigen Rahmen an Musik, Tanz und Rezitation. Die Moderation hatte Sophie Kliem übernommen und die Showtanzgruppe vom Freizeittreff „Wiesengrund“ wirbelte über die Bühne, wie es im Pariser Moulin Rouge nicht besser sein kann.

Und welches Lied passte besser zum Erwachsenwerden als „Über sieben Brücken musst du geh’n...“, am Sonntag perfekt interpretiert von Elena Bianchi und Jan P. Pajak unter Leitung von Jan von Suppengrün. Sandy Trabitz, Lehrerin am Jessener Gymnasium, die gemeinsam mit Jürgen Dannenberg die Jugendweihebücher und Urkunden überreichte, war zu Tränen gerührt als Schülerinnen sich für die „schöne Jugendweihefeier“ bedankten.

Die Blumenkinder aus der Grundschule „Max Lingner“ überreichten am Sonntag 161 gelbe Rosen an die Jugendlichen.

In drei Durchgängen erlebten ebensoviel Mädchen und Jungen aus dem Gymnasium Jessen, der Sekundarschule Jessen Nord, den Sekundarschulen Elster und Annaburg und der Sonderschule Holzdorf ihre Jugendweihe. (mz)