Jubiläum in Jessen Jubiläum in Jessen: Conrad Lindner feiert 80. Geburtstag

Jessen - Die Stimmung in der Runde ist ausgelassen. Es werden Anekdoten erzählt und dem Jubilar zugeprostet. „Er hat mich als jungen Physiklehrer unter seine Fittiche genommen“, betont der stellvertretende Direktor des Jessener Gymnasiums, Klaus-Peter Goblirsch, der Conrad Lindner als ruhigen sowie menschlichen Typen beschreibt, der als Chef stets sehr korrekt gewesen ist.
„Er ist immer mit der Tasche zur Schule gelaufen“, ergänzt Goblirsch, der Lindner zum 80. Geburtstag vor allem viel Gesundheit wünscht. Monika Kaufhold schätzt rückblickend die Übersicht, mit der Lindner das Lehrerkollegium gelenkt und geleitet hat. Zudem sei er fokussiert auf seinen Job gewesen und habe Probleme intern ausdiskutiert, so die Chefin des Gymnasiums.
„Die Tasche gibt es nicht mehr“, meint der Jubilar, der ein Fotoalbum mit den Abitur-Jahrgängen ab 1993 auf den Tisch legt. „Der rote Lockenkopf bin ich“, ruft Deike Gottwald über den Tisch. Das Geburtstagskind sei ihr Lehrer sowie Direktor gewesen und habe sie später für den Schulförderverein geworben. Heute ist sie Vorsitzende und froh, dass Lindner sie noch ein Stück auf diesem Weg begleitet hat. „Für mich ist es ein Mann, der aufrecht und korrekt durchs Leben gegangen ist.“
Nach Abitur folgt Studium
Der 80-Jährige hört diese Worte gern. Er sei als Lehrer und Direktor nie der harte Hund gewesen. Im Lauf der Jahre hat Conrad Lindner eine gewisse Sensibilität für die Probleme der Kollegen und Schüler entwickelt. Dieses Rezept habe bis zum Ausscheiden aus dem Schuldienst im Jahr 2001 gut funktioniert. Der Jubilar ist in Staritz (Ortsteil der Stadt Belgern-Schildau) geboren.
Er bezeichnet sich rückblickend als guten Schüler dessen Steckenpferd die Naturwissenschaften sind. 1955 macht Lindner sein Abitur in Torgau und studiert anschließend Lehramt Mathematik und Physik in Leipzig. Den Notendurchschnitt vom Abiturzeugnis hütet der Jessener wie ein Geheimnis. „Sagen wir mal fast sehr gut“, meint er mit einem Lächeln auf den Lippen.
Die Jahre in der Messestadt sind ganz nach seinem Geschmack. Es sei locker zugegangen, meint er. „Die fachliche Ausbildung war sehr gut, die pädagogische lief nebenher mit“, so der frühere Direktor, der nach dem Studium die Lehrbefähigung für eine zwölfklassige Oberschule in der Tasche hat. Vor seiner ersten Verpflichtung bekommt Lindner reichlich Gegenwind zu spüren.
„Der Staat hat festgelegt, wo ich als junger Lehrer die ersten zwei Jahre arbeite.“ Der 80-Jährige gibt offen zu, dass er damals um einen Start in Jessen gebettelt hat. Die Variante Versetzung in die Weiten des Bezirks Cottbus habe ihm überhaupt nicht gefallen. Lindner nimmt sich vor, diese zwei Jahre in der „roten Schule“ (heute Sitz der Kreismusikschule) durchzuhalten - und bleibt.
„Meine Frau Marianne haben sie aus Roßlau dorthin abkommandiert“, verrät er den Grund für sein Wurzeln schlagen in der Elsterstadt. 1962 heiratet das Paar und bekommt im Lauf der Jahre drei Kinder. Sein Ältester hat bei ihm das Abitur abgelegt. Er sei gut in Mathematik gewesen und habe Vaters Unterstützung im Prinzip nicht gebraucht.
„Ich will mir doch nichts unterstellen lassen“, sagt er. An eine lustige Episode mit seinem Sohn kann er sich ebenfalls erinnern. „Der hat mich mal im Unterricht mit Herr Lindner angesprochen. Wir haben uns darauf geeinigt, dass er die Anrede lieber ganz weglassen soll.“ Der Jubilar ist der Meinung, dass es sein Junge mit dem Vater als Fachlehrer nicht immer leicht gehabt hat.
Umzug in Neubau
Der Fachlehrer für Mathematik und Physik zieht mit der EOS (Erweiterte Oberschule) in die Räume des heutigen Rathauses am Markt und 1980 in die Jessener Nordschule um. Von der Auflösung der EOS zwei Jahre später spricht er nicht so gern. Lindner redet lieber über die Nachwendezeit. Er wird Direktor des Gymnasiums und zieht 1995 in den Neubau an der Mühlberger Straße ein.
„Wir hatten zeitweise über 1.000 Schüler“, betont er und ergänzt, dass seine ausgeglichene Art viele Wogen geglättet hat. Der Rückzug aus der Schule erfolgt ab 2001 (Dienstende) schrittweise. Lindner übernimmt als Vorsitzender des Fördervereins Verantwortung und beendet dieses Kapitel erst 2015. „Sie sind aber nach wie vor ein treuer Kunde unserer Bibliothek“, meint Monika Kaufhold, die das Geburtstagskind mit dieser Aussage überrascht. „Ich werde also beobachtet“, kontert der 80-Jährige.
Dass Rentner niemals Zeit haben, will der Jessener nicht bestätigen. Sicher, meint er, der Vormittag ist schnell rum. Doch danach wird es ruhiger. Lindner hat in den letzten Jahren seine Hobbys gepflegt. Er ist ein reiselustiger Mensch, habe viele Ecken Europas kennengelernt und zusammen mit Ehefrau Marianne die Alpen „in alle Richtungen“ überquert. „Die Karibik ist auch sehr schön.“
Der ehemalige Direktor bemerkt, dass er bisher ein sehr schönes Leben geführt hat. Gesundheitlich sei bis auf ein paar Zipperlein alles im grünen Bereich. Die große Feier zum runden Geburtstag ist auf Januar verschoben. Dann feiert er mit seiner Frau 160 Jahre (zweimal 80). Es klingelt! Der Bürgermeister der Stadt Jessen, Michael Jahn (SPD), kommt die Treppen herauf und gratuliert dem Jubilar zum „Runden“. „Er hat meine Söhne unterrichtet“, sagt er und nimmt am Tisch Platz. (mz)