Jessen Jessen: Schwere Technik muss ran
LÖBEN/MZ. - Ines Bader war eine Stunde zuvor eine von zwei Deichläufern, die diese Stellen entdeckten. Jetzt erhöhen die Wehrleute die Kade auf der Rückseite des Dammes, damit das Wasser selbst den Gegendruck gegen das ausströmende Nass erzeugt. Doch gegen Mittag gibt Jörg Herrmann, der zuständige Flussbereichsingenieur des Landesbetriebes für Hochwasserschutz (LHW), auf. Hier hilft nur noch große Technik, wird entschieden.
Der Herzberger Meli-Bau-Betrieb steht Gewehr bei Fuß. Noch im Dezember sorgte unter anderem Bauleiter Detlef Lindner mit seinen Kollegen für die Zufahrtstraße zur Reparatur der Dammbruchstelle bei Meuselko. Jetzt rollen wieder die Kipper, um zunächst eine Notberme, eine Art Zufahrt am Dammfuß, zu schütten. Rund 80 Meter werden es bis zum Abend sein. Ziel ist, erläutert Hermanns Kollege Roland Schlag, der am Nachmittag hier die Fachaufsicht seitens des LHW führt, auf der Rückseite des durchlässigen Dammes eine einen Meter starke Kiesschicht aufzubringen. Sie soll Gegendruck zu den Wassermassen ausüben.
"Wir arbeiten durch, bis wir fertig sind", erklärt Schlag. Und sei es, bis in die Nacht hinein. Die Feuerwehr wird dazu am Abend eine starke Lichtanlage aufbauen. Wichtig ist, so der LHW-Experte, dass an den Sickerstellen weiterhin Wasser durchdringen kann. Deshalb wird Kies aufgebracht. Die Berme aus so genanntem Überkorn, einem Gemisch aus Kies und ganz grobem Schotter, verstärkt zusätzlich den Deichfuß. Das Material verfestigt sich allein durch das Hin- und Herfahren des Radladers und der Kipper. Auf keinen Fall kommen etwa Rüttelplatten zum Verfestigen zu Einsatz. "Dann bliebe mir das Herz stehen", meint Deichbau-Experte Schlag.
Die Stelle gleich an der Löbener Brücke, die jetzt mit schwerer Technik gesichert wird, ist jedoch nicht die einzige neue beziehungsweise neue alte Sickerstelle im Löbener Bereich. Noch am Vormittag schauen sich Jörg Herrmann und Annaburgs Stadtwehrleiter Roland Karthäuser auf der gegenüberliegenden Flussseite Richtung Kremitz einen weiteren Sickerpunkt an. "Ja, es sprudelt da raus", sagt Karthäuser später und deutet mit seinen Händen den Durchmesser des Sprudels an. Doch er gehe nicht davon aus, dass diese Stelle aktuell große Gefahren berge. Während an der Brücke die schwere Technik wirtschaftet, sind die Feuerwehrleute an jener Stelle, um hier ein Sicherungsbassin aus Sandsäcken aufzubauen.
Schon in den ersten Stunden an der Brücke hat sich dazu ein Fahrzeug bewährt, dass sich die Annaburger von einer John-Deere-Vertretung aus Hohenseefeld im nahen Brandenburg borgten. Das "hochbeinige" Gefährt mit dem Namen Gator ist so leicht, dass es relativ unbedenklich Sandsäcke auf dem desolaten Damm transportieren kann. Schwerere Technik können die Verantwortlichen dem seit Monaten aufgeweichten Damm kaum zumuten.
"Eigentlich haben wir gerade unseren Resturlaub", sagt Gerd Schmidt vom Annaburger Bauhof. "Doch angesichts der Situation waren wir sowieso in Rufbereitschaft", und damit sei klar, dass sie alle vier dabei sind, wenn es darum geht, die gefährliche Situation an den Deichen zu entschärfen. Sie bringen gefüllte Sandsäcke an die nötigen Stellen.
Apropos bringen. Als Löbens Wehrleiter Patrick Ermisch mit seinen Kameraden Sandsäcke aufschichtet, kommt Deichläuferin Ines Bader mit einem gefüllten Korb. Der heiße Kaffee tut Wunder bei der Arbeit in der kalten Luft.