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Jessen Jessen: Radreisender hält Vortrag über Tour durch Sibirien

Von Evelyn Jochade 25.11.2012, 19:09

Jessen/MZ. - Als kurz vor Beginn des Vortrages von Weltenradler Thomas Meixner im Jessener Schützenhaus noch gähnende Leere herrscht, meint der nur: "Na dann machen wir es uns ganz familiär gemütlich". Reisen macht offensichtlich nicht nur schlau, sondern der 47-Jährige lernte auch, aus allen Situationen das Beste zu machen. In diesem Fall aber ist Improvisieren gar nicht nötig, denn die Jessener strömen kurz vor Ultimo plötzlich zuhauf in den Saal und lassen Meixner nun erstaunt feststellen: "Mit so viel Leuten habe ich gar nicht gerechnet."

Zeit war knapp

Einigen der Gäste ist der Mann aus Jeßnitz schon von einer früheren Veranstaltung bekannt, andere wollen einfach wissen, was das für ein verrückter Typ ist, der auf seinem Fahrrad ganz allein bis nach Wladiwostok gestrampelt ist. Bei der Tour über 14 011 Kilometer auf Pisten, die oftmals diesen Namen nicht verdienten, bei Wind, Regen und beißender Sonne, waren eher Durchhaltewillen, Zähigkeit und Ausdauer gefragt. Nicht zuletzt deshalb, wie der Radler erläuterte, weil die strengen Visavorschriften nur einen dreimonatigen Aufenthalt in Russland erlaubten. Aber das Visum war längst nicht das Einzige, was es vor der Fahrt zu bedenken galt. Neben all den technischen Voraussetzungen musste der gelernte Fahrradmechaniker einschätzen, ob diese Tour überhaupt innerhalb des in Sibirien doch recht kurzen Sommers zu schaffen sei.

Aus genau diesem Grunde startete er schon zeitig im Jahr. Am 1. April 2010 schwang sich der Fernfahrer in Wolfen in den Sattel und nahm die 8 780 Kilometer Hinreise in Angriff. Verständlicherweise nicht ohne gebührende Verabschiedung. Über Polen, die Republik Moldau und die Ukraine erreichte er in der Nähe der Wolga-Mündung russisches Territorium.

Die ersten zwei Monate der Reise schaffte er 150 Kilometer am Tag. Er schlief in einem kleinen Zelt in freier Natur oder bei Bauern auf der Wiese. Immer wieder berichtet er von der Herzlichkeit und selbstverständlichen Gastfreundschaft der Menschen, die er traf. Sie luden ihn in ihr Haus ein, bewirteten ihn mit dem Besten, was sie hatten und ließen den Mann aus dem fernen Deutschland am Familienleben teilhaben. Als er tausende Kilometer von der Heimat entfernt eine bunte Karte an der Wand entdeckte, mit Ansichten von Halle an der Saale, wurde ihm warm ums Herz. Der gastgebende Familienvater war dort einige Jahre stationiert und nun hocherfreut, einen Gast aus dieser Gegend begrüßen zu dürfen.

"Snatschki", kleine Andenken, oder auch Berge von Verpflegung wurden dem "Söhnchen aus Deutschland" nicht nur einmal mit auf den langen Weg geben. Dass dieses Glück ihm nicht in den Schoß fällt, davon können sich die Jessener beim Vortrag überzeugen.

Nächstes Jahr Amerika

Bilder von grandiosen Landschaften, beispielsweise am Baikalsee, wechselten mit denen von unendlicher Steppe mit scharfem Gegenwind und auch einem Kettenriss, ganze 25 Kilometer vor dem Ziel im Fernen Osten. "Abenteuer bedeutet Risiken eingehen und schwitzen. Wer das nicht will, muss sich in Mallorca an den Strand legen", ist da für ihn eine einfache Formel. Die Heimreise trat er zunächst etwas bequemer an, mit der Transsibirischen Eisenbahn über 9 000 Kilometer, sieben Zeitzonen und 80 Stationen bis Moskau.

Ingrid Vollrath und Karla Maise aus Jessen sind voller Bewunderung über solche Energieleistung. Meixner aber setzt noch eins drauf: "Im Mai nächstes Jahr starte ich wieder. Dann geht es für zwei Jahre nach Nord- und Südamerika. Per Fahrrad natürlich." Die beiden Frauen aus Jessen meinen dazu nur: "Wir fahren ja auch Fahrrad. Aber wir begnügen uns mit 25 Kilometern."