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Investitionen im Jessener Land Investitionen im Jessener Land: "Dickere" Stromleitungen

Von Detlef Mayer 01.08.2014, 18:49
Strommast mit einer Höchstspannungsleitung.
Strommast mit einer Höchstspannungsleitung. dpa/Symbol Lizenz

Jessen/MZ - In erheblichem Umfang wird Mitnetz Strom, Netzbetreiber des Energieversorgers enviaM, in diesem und folgenden Jahren im Jessener Land investieren. „Geschuldet ist das überwiegend dem beachtlichen Zuwachs an erneuerbaren Energien“, wie Matthias Plass, Leiter der Netzregion Brandenburg, deutlich macht.

Überschuss wird abgeführt

„Ostdeutschland ist Schwerpunkt der Elektroenergie-Erzeugung aus regenerativen Quellen“, hält der Mitnetz-Mann fest. Während in ganz Deutschland derzeit 23,4 Prozent des Gesamtstromaufkommens dem Bereich der erneuerbaren Energien zuzurechnen seien, liege der Anteil im Mitnetz-Gebiet schon bei 65 Prozent - wohlgemerkt aus Anlagen, die auch hier stehen. „Im Osten ist der Tag abzusehen, da mehr alternative Elektroenergie produziert wird als man insgesamt verbraucht.“ Den Überschuss müsse man ans höhere Spannungsnetz übergeben und weiterleiten, innerhalb Deutschlands und Europas. Auch, um dem Anspruch einer hohen Versorgungssicherheit gerecht werden zu können, sei daher ein weiterer Netzausbau unumgänglich, betont Matthias Plass.

Der Altkreis Jessen reihe sich übrigens würdig ein in die hohe Erzeugungsdichte bei regenerativen Energien. „Es gibt Stellen, wo - salopp gesagt - die bestehenden Leitungen zu dünn werden“, so der Fachmann. Seit 2006 dürfe Mitnetz, um Überlastungen zu vermeiden, Einspeisungen auch abschalten. 2012 sei das 97 Mal erforderlich gewesen, 2013 bereits 159 Mal und 2014 allein von Januar bis Mai schon 71 Mal. Die aktuellen Investitionen, deren Höhe im Raum Jessen etwas über dem Mitnetz-Schnitt liegt, wie Matthias Plass sagt, haben also ihre Berechtigung.

Mitnetz Strom (Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom mbH) mit Sitz in Halle ist eine 100-prozentige Tochter der envia Mitteldeutsche Energie AG (enviaM). Als größter regionaler Verteilnetzbetreiber in Ostdeutschland (auf dem Hoch- und Mittelspannungssektor) ist Mitnetz Strom für Planung, Betrieb und Vermarktung des enviaM-Stromnetzes verantwortlich. Das von Mitnetz betreute Verteilsystem hat eine Länge von rund 74 000 Kilometern und erstreckt sich über Teile von Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Für den möglichst reibungslosen Netzbetrieb im östlichen Teil des Landkreises Wittenberg (Altkreis Jessen) ist das Anlagenmanagement in Falkenberg zuständig. Dieses Gebiet ist (wegen seiner Zugehörigkeit zum früheren Bezirk Cottbus/Brandenburg) Teil der Netzregion Brandenburg. Das Stromleitungssystem in der Netzregion Brandenburg hat eine Länge von 15 119 Kilometern.

Das deutsche Stromnetz besteht aus vier Ebenen. In der obersten, den überregionalen Übertragungsnetzen (zum Beispiel vom Unternehmen 50 Hertz), wird der Strom mit einer Höchstspannung von 380 bzw. 220 Kilovolt von den Großkraftwerken über weite Strecken zu den Verbrauchsschwerpunkten übertragen – auch zu europäischen Nachbarn. Die zweite Ebene decke die Verteilnetze der regionalen Stromversorger (wie Mitnetz Strom) ab. Sie verteilen den Strom mit einer Spannung von 110 Kilovolt (Hochspannung) in einem größeren Gebiet und versorgen die Großindustrie. Ebene drei sind die lokalen Netze (Mittelspannung mit weniger als 110 Kilovolt, wird ebenfalls von Mitnetz Strom realisiert), die Industrie und Gewerbe versorgen. Die unterste Ebene (Niederspannung mit weniger als ein Kilovolt) ist für die Versorgung von Haushalten und kleinerem Gewerbe zuständig.

Die Schwerpunktliste weist sechs Vorhaben aus. Obenan steht der Neubau des Umspannwerks (380/110 kV) in der Großkorgaer Landstraße von Schweinitz für 9,3 Millionen Euro. Das Grundstück wurde im Juli erworben. Bis Ende August sind dort die Archäologen zu Gange (die MZ berichtete), und für September rechnet Maik Sawitzki, Leiter Projektmanagement Hochspannung bei Mitnetz, mit dem Baubeginn - in Teilbereichen vielleicht sogar schon im August. Insgesamt zehn Hochspannungsfelder sind geplant. Sie sollen bis Ende 2016 in Betrieb gehen. Für die Leitungsanbindung des recht großen Umspannwerks ist, gemeinsam mit dem Höchstspannungsnetz-Unternehmen 50 Hertz, die Planfeststellung beantragt.

Bei der 20 Kilometer langen Hochspannungstrasse (110 kV) zwischen dem Umspannwerk Prettin und jenem in Schweinitz - zu 85 Prozent parallel zur bestehenden 380-kV-Leitung - handelt es sich um einen klassischen Neubau (9 Millionen Euro). Die Realisierung soll 2017 beginnen. Von einem Raumordnungsverfahren und einer Umweltverträglichkeitsprüfung wurde Mitnetz in diesem Fall befreit.

Vor allem von betroffenen Jessener Bürgern kritisch gesehen wird die als Doppelstich Elster bezeichnete 110-kV-Leitung, die als Ersatzneubau vom Umspannwerk Jessen über die Arnsdorfer Reihe in Richtung Elster führen soll (9,8 km, 3,9 Millionen Euro). Anfang April gab es dazu eine Anhörung (die MZ berichtete). Anwohner der Arnsdorfer Reihe fordern eine Erdverkabelung in wohnbebauungsnahen Bereichen. Mitnetz lehnt das mit Verweis auf die Mehrkosten ab und hofft, dass das Landesverwaltungsamt bis zum Jahresende zu seinen Gunsten entscheidet. „Der Widerstand gegen die Trasse über die Arnsdorfer Reihe ist unerwartet gewesen und schon von beachtlichem Ausmaß“, schätzt Maik Sawitzki ein. Wegen dieser Verzögerung kann wohl frühestens ab 2015/16 gebaut werden.

Ferngesteuerte Trafo-Station

Die drei restlichen Investitionen betreffen Mittelspannungsverkabelungen: in Schweinitz über zwei Kilometer von der Ritterburg in Richtung Klossa (110 000 Euro, Umsetzung von August bis November 2014, Nutznießer ist vor allem die Kommunal- und Industrieentsorgung GmbH), in Jessen ein Kilometer in der Alten Schweinitzer Straße und im Schlossweg (20 kV, 90 000 Euro, fertig im Oktober 2014) sowie sieben Kilometer zwischen Stolzenhain und Linda unter Einbeziehung von Neuerstadt, wo eine neue funkgesteuerte Trafo-Station entsteht (485 000 Euro, fertig bis November 2014).