Landwirtschaft Im Weinberg der Frau
Welche Schätze Beate Trittin auf der Jessener Erdmannshöhe pflegt und welches ewige Missverständnis die Axienerin öffentlich ausräumen will.

Jessen - Es ist ein kühler Sommertag, doch hier am Südhang des Gorrenbergs ist die Jacke überflüssig. Nicht umsonst sind die Jessen-Schweinitzer Berge Weinbaugebiet. Mit einer sanften Welle schwingt sich der Weinberg von Beate Trittin die Erdmannshöhe hinunter, schnurgerade die Reihen mit den Rebstöcken.
Vom oberen Rand erstreckt sich der Blick über das Elstertal und die Stadt Jessen bis ins Sächsische. Beate Trittin weist auf eine kleine Anhöhe am Horizont. „In der Senke dahinter liegt Axien“, sagt sie. Da ist die Weinbäuerin, eine geborene Hanke aus Jessen, seit über 30 Jahren zu Hause.
Sie hat ihre Heimat auch nie verlassen. „Es ist meine Schwester Sabine, die einige Jahre in Nigeria gelebt und dort als Hebamme gearbeitet hat“, nutzt die Axienerin die Gelegenheit, ein ewiges Missverständnis auszuräumen. Immer wieder werde das von Jessenern verwechselt. Wohl deshalb, weil Sabine Hanke 1995 die 3. Jessener Weinprinzessin war. „Da denken viele, sie ist das, die hier Wein macht.“ Ihre Schwester wohne jetzt in Westdeutschland. „Aber wenn sie in Jessen zu Besuch ist, sind wir auch oft hier oben bei mir im Weinberg.“

Eigene Familie, eigene Marke
2009 hat Beate Trittin, gelernte Gärtnerin, auf der Erdmannshöhe ihren eigenen etwa ein Hektar großen Weinberg angelegt und zunächst mit Cabernet Blanc, Scheurebe und Kerner bepflanzt. Die Ernte verkaufte sie an die Winzergenossenschaft nach Meißen. 2019 erweiterte sie mit Hilfe ihres Mannes und ihrer Söhne die Anbaufläche um einen halben Hektar und 1.600 neue Weinstöcke der Sorten Muskaris und Chardonnay. Und im gleichen Jahr präsentierte sie zum Weinfest ihren ersten eigenen in Jessen gekelterten Rebensaft unter der Marke Beate Trittin.
Sie scheint eine akribische Weinbäuerin zu sein. Betrachtet man die Reihen von der Seite, ergibt die Anordnung der Weinranken ein gleichmäßiges Muster. Kein Blatt zu viel, das die Luftzirkulation behindert, aber ausreichend Laub, um die Trauben vor zu starker Sonneneinstrahlung zu schützen.
Dass die Rebstöcke so gesund dastehen, „das ist unser Zutun“, so die Axienerin. Neben der Arbeit auf dem Weingut ihrer Brüder ist sie täglich im Weinberg. „Ehe ich hinten fertig bin mit Ausbrechen ist vorne schon wieder alles zugewachsen.“
„Da wächst eine schöne Ernte heran“, sagt die 57-Jährige. Nachdem sie 2020 mehr als zwei Drittel durch Spätfrost in der Blüte verlor, sei der Wein diesmal gut durch das kühle Frühjahr gekommen. Die Blüte war spät, aber es war dann auch warm genug. Jetzt hoffen die Jessener Weinbauern, dass es nicht mehr all zu viel regnet. „Nicht zu warm, aber sonnig“, so wünscht sich Beate Trittin auch den September, „dann können das die Trauben richtig gut aushalten“. Um den 20. September werde die Weinlese starten. „100 Tage von der Blüte zur Lese“, so rechnen Weinbauern.
Von der diesjährigen Muskaris-Ernte - einer Kreuzung aus Muskateller- und Solarisreben, will sie im nächsten Jahr den ersten Rebensaft anbieten. „Man darf gespannt sein.“ Die Beeren haben jetzt schon eine gelbliche Farbe und fangen an süß zu schmecken. „Es sind schöne Trauben“, sagt die Weinbäuerin. „Ich muss ein bisschen auf sie aufpassen.“
Vögel naschen davon, aber mehr sei der Zugriff durch Waschbären zu fürchten. Für den Räuber stellt der Zaun kein Hindernis dar. „In alten Schriften kann man von der Hutung in den Weinbergen kurz vor der Ernte lesen. Das hieß nichts anderes, als aufzupassen, dass sich Menschen und Tiere nicht bedienen.“
Die Chardonnay-Trauben sind für Beate Trittin ein kleiner Schatz. „Daraus kann man was Feines machen.“ Sie will die diesjährige Ernte an eine Sektkellerei verkaufen.
Neues Event für Jessen
Anstelle des ausgefallenen Weinfestes hat Beate Trittin auch in diesem Jahr wieder Freunde, Stammhelfer und Kunden auf ihren Weinberg eingeladen, um ihnen zu zeigen, wie die Trauben wachsen, aus denen später der edle Rebensaft gewonnen wird. Dabei ist ihr die Idee gekommen, einen Direktverkauf hier vor Ort anzubieten, und zwar ab sofort jeden Mittwoch von 16 bis 18 Uhr. Von 2020 habe sie Kerner und Scheurebe, von 2019 Cabernet Blanc vorrätig. „Wenn Weinlese ist, können interessierte Kunden gern mal mithelfen“, bietet sie an. Im Übrigen stehe ihr Wein jetzt auch im Jessener Rewe im Regal mit den regionalen Produkten.
Und inspiriert von den Weinbergführungen und Veranstaltungen, die Johannes Zwicker als Inhaber der Weinmanufaktur und ihre Brüder Frank und Ingo Hanke anbieten, hegt sie die Idee von einer Erlebniswanderung, die einmal jährlich alle drei Stationen des Jessener Weins verbindet. „Das schwebt mir so vor: Bei mir im Weinberg der Anfang, dann zu Johannes Zwicker und der Abschluss unten auf dem Weingut.“
