Heide-Reiterhof in Jessen heißt Kinder willkommen Heide-Reiterhof in Jessen heißt Kinder willkommen: "Akrobatik auf dem Pferd würde ich gern ausprobieren."

Jessen - Dienstagnachmittag an der Reithalle. Einige der jüngsten Pferdesportler des Himmelsberger Reit- und Fahrvereins bereiten sich auf ihren Reitunterricht vor. Doch der beginnt nicht erst auf dem Sattel, sondern schon beim Vorbereiten der Tiere. „Monty“ ist eines von sieben Schulpferden. Vor jedem Ritt wird sein Fell gestriegelt. Auch die Hufe des Wallachs müssen ausgekratzt werden. Die siebenjährige Pia Frohnhöfer liebt diese Pflegearbeiten, darf sie aber vorerst nur mit Hilfe und unter Aufsicht von Erwachsenen verrichten.
Pia ist erst 1,25 Meter groß. „Monty“ hat dagegen ein Stockmaß von 1,48 Metern. Gemeinsam mit Astrid Gronewold bringt er den Jüngsten schon seit vielen Jahren das Reit-Abc bei. Er war das erste Fohlen, das auf dem Heide-Reiterhof geboren wurde. Als Pia etwa spontan auf die andere Seite flitzt, wackelt der vierbeinige Lehrmeister verwundert mit dem Kopf, bleibt ansonsten aber ruhig. Pias Mutter Steffi hat die Situation genau beobachtet und ermahnt ihre Tochter. Sie begreift: „Ich hätte ,Monty’ berühren oder mit ihm reden müssen. Er will ja wissen, was um ihn herum passiert, sonst wird er unruhig“, weiß das Mädchen.
Mit einer Extra-Streicheleinheit entschuldigt sie sich bei ihm. „Monty“ knuffelt seinen Kopf an ihren Schutzhelm, was wohl so viel heißt wie „Alles wieder okay“. Wenig später sitzt Pia im Sattel. In der Reithalle wird jetzt ernsthaft geübt: „Ferse tief, Oberkörper aufrecht!“ Die richtige Haltung ist wichtig, um dem Pferd klare Signale geben und den Weg weisen zu können. Steffi Frohnhöfer bemerkt: „Die Kinder sind stolz, mit einem Tier klarzukommen, das viel größer ist als sie. Sie behandeln es wie einen guten Freund und fühlen sich mitverantwortlich für sein Wohlergehen.“
Der Nachwuchs des Vereins liegt Astrid Gronewold sehr am Herzen: „Im Umgang mit dem Pferd machen die Kinder viele unterschiedliche Erfahrungen, die ihrer Entwicklung zugute kommen. Mit dem Striegeln und Bürsten stellen sie Kontakt zum Tier her. Beide Partner beschnuppern sich: Wie geht es dem anderen? Der Reitsport fördert nicht nur Muskelaufbau, Gleichgewicht und Motorik. Er bestärkt auch soziales Verhalten, Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen.“ Das zeigt Pia übrigens auch auf dem Fußballplatz. Das runde Leder ist ihr zweites Hobby: Als einziges Mädchen spielt sie in Jessens F-Jugend.
Reitsport-Turniere führen nicht selten Familientreffen herbei. Schließlich wollen Eltern, Großeltern und andere Verwandte miterleben, wie fest der Nachwuchs im Sattel sitzt. Die kleine Pia Frohnhöfer konnte in dieser Hinsicht besonders punkten: Zu ihrem ersten Turnier war Großtante Luzie Ohle aus Kapstadt in Südafrika angereist.
Die rüstige 91-Jährige zeigte sich vom Pferdesport begeistert, besonders davon, wie gut sich ihre kleine Pia präsentieren konnte. Eineinhalb Wochen blieb Luzie Ohle in Jessen bei der Familie ihres Neffen Helmut Jackisch. Das sind Pias Großeltern. In dieser Zeit hat Luzie täglich ihre Schwester Toni Jackisch (89) im Jessener Feierabendheim besucht.
„Von der Einrichtung war sie übrigens so angetan, dass sie sich mit den Worten verabschiedet hat: Hier würde sogar ich hingehen“, so berichtet Helmut Jackisch. Nach ihrem Jessen-Besuch, der sie auch in den Wörlitzer Park, nach Wittenberg und zum Weingut Hanke führte, ist die reisefreudige Seniorin weiter nach Hamburg gefahren, um ihre andere Schwester Ursula zu besuchen.
Vor kurzem hat Pia zum ersten Mal am Pferdesport-Turnier auf dem Himmelsberg teilgenommen. Es war ihr erster Wettkampf überhaupt. In der Führzügelklasse machte sie nach Meinung von Wertungsrichter Achim Genennichen eine recht gute Figur. Auch wenn es noch nicht zur Platzierung gereicht hat, ist das Mädchen mächtig stolz auf ihre erste Schleife. Die Eltern können das gut nachvollziehen: „Wir sind früher ebenfalls aktiv geritten. Als Pia zur Welt kam, haben die Pferde schon in ihren Kinderwagen geschaut“, erinnert sich Vater Chris Jackisch schmunzelnd und schwärmt: „Reiten bedeutet Freiheit, abschalten, runterkommen vom Stress. Es ist einfach ein tolles Gefühl, sich auf diese Weise fortzubewegen.“
Pia, die schon mit zwei Jahren im Sattel saß, zeigt sich wagemutig: „Akrobatik auf dem Pferd würde ich gern ausprobieren.“ Erste Versuche kann sie demnächst starten: Astrid Gronewold ist dabei, eine Kinder-Voltigiergruppe ins Leben zu rufen. Wer mitmachen will, sollte etwas Reiterfahrung mitbringen.
Emil, der zurzeit jüngste Himmelsberger Reitschüler, kann sich damit noch etwas Zeit lassen. Er hat erst seinen zweiten Geburtstag gefeiert. Ihm reicht es vorerst, mit Schulpferd „Donner“ zu kuscheln und im Sattel geschaukelt zu werden, während Mama Wiebke die Zügel hält und neben ihm herläuft. Genauso hat auch Pia einst angefangen, und Astrid Gronewold vor vielen Jahren ebenso. (mz)
