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Handwerk Handwerk: Wer ist der nächste Meister?

Von Detlef Mayer 09.04.2013, 16:54
In der Schweinitzer Fleischerei Hecht ist die Generationen-Folge gesichert: Wolfgang Hecht (links) wird das Geschäft einmal an seinen Sohn Willy übergeben. Hier mit Eisbeinen aus der eigenen Produktion.
In der Schweinitzer Fleischerei Hecht ist die Generationen-Folge gesichert: Wolfgang Hecht (links) wird das Geschäft einmal an seinen Sohn Willy übergeben. Hier mit Eisbeinen aus der eigenen Produktion. Thomas Christel Lizenz

Jessen/Annaburg/MZ - Entgegen dem landesweiten Trend hat die Fleischerei Hecht in Schweinitz nicht mit Nachfolgeproblemen zu kämpfen. Voller Stolz kann der derzeitige Inhaber, Diplom-Ingenieur Wolfgang Hecht, auf seinen Sohn Willy verweisen. Aus Traditionsverbundenheit - die Fleischerei Hecht gibt es seit 1885 - und Heimatverbundenheit, sagt der Vater, habe sich der jetzt 27-Jährige entschieden, den Familienbetrieb einmal fortzuführen. „Er hat Fleischer gelernt, ist Meister und zu dem noch Betriebswirt. Damit hat mich Willy schon überflügelt.“

Kletternde Energiepreise

Dennoch ist Wolfgang Hecht nicht sorgenfrei. Als gravierend beschreibt er den Wettbewerbsdruck der Billiganbieter/Discounter, die kletternden Energiepreise („es macht manchmal keinen Spaß mehr, weil du nur noch arbeitest, um die Ausgaben zu decken“), die schleichende Ausdünnung der hiesigen Bevölkerung und deren Kaufkraftschwund. Außerdem sieht der Schweinitzer langsam ein Fachkräfte-Problem auf die Metzgereien zukommen.

„Qualität hat ihren Preis und eine goldene Nase lässt sich zurzeit im Fleischerhandwerk nicht verdienen“, fasst Wolfgang Hecht die Zwickmühle, in der sein Berufsstand gegenwärtig steckt, in Worte. Aber: „Wir kommen zurecht, wir haben einen guten Kundenstamm, noch aus den Zeiten meines Vaters, für dessen Treue ich mich nur bedanken kann.“

Beide Kinder im Geschäft

Noch etwas Zeit gibt sich Jessens Fleischermeister Bernd Müller, um seine Nachfolge zu regeln. „Ich bin ja erst 52, gut zehn Jahre muss ich schon noch ran.“ Außerdem arbeiten seine beiden Kinder ja bereits in dem Familienbetrieb mit, der Sohn ist Fleischer, die Tochter Verkäuferin. „Ob mal einer von ihnen das Geschäft weitermacht, steht aber noch in den Sternen“, sagt der Vater verhalten optimistisch. Auch Bernd Müller beklagt die Konkurrenz durch die Discounter: „Das ist schon zu merken.“ Viel mehr jedoch ärgern ihn die steigenden Aufwendungen für Energie, die zunehmenden Fleischpreise, die teurer werdenden Därme (für die Wurstproduktion) und Gewürze. „In den zurückliegenden zwei Jahren waren da regelmäßig Erhöhungen zu verzeichnen. Die immer auf die Kunden umzulegen, das geht nicht grenzenlos.“ Andererseits müssten die Beschäftigten im Fleischerei-Gewerbe auch soviel verdienen, dass sie ihren Lebensunterhalt davon bestreiten können. „Die Lage ist schon schwierig geworden“, lautet das Resümee von Bernd Müller, der allerdings mehrfach betont: „Ich barme nicht gern.“ Doch Verständnis für die Zusammenhänge möchte er bei seiner Kundschaft schon wecken.

Dass auch Fleischer heutzutage flexibel sein müssen, spricht Dieter Walter aus Annaburg an. Er unterhält - ähnlich wie seine Kollegen Bernd Müller und Wolfgang Hecht - eine Filiale in Jessen, daneben schickt er aber noch ein Verkaufsmobil auf Tour. „Das hat sich gut entwickelt“, schätzt der Annaburger Fleischermeister ein und verweist darauf, dass es besonders in Torgau im Nachbarkreis Nordsachsen sehr gern und gut angenommen werde. In puncto Nachfolge spielt der Annaburger wie Bernd Müller vorerst auf Zeit: „Zehn Arbeitsjahre habe ich auf alle Fälle noch vor mir.“ Und wie so oft sterbe die Hoffnung gewissermaßen auch in dieser Hinsicht zuletzt. Dieter Walter hat zwar einen Sohn, der sogar Fleischermeister ist, jedoch entschloss der sich zwischenzeitlich, einen ganz anderen beruflichen Weg einzuschlagen. Vielleicht jedoch wächst der Enkel eines Tages als Annaburger Metzger nach.

Lage beeinflusst das Geschäft

Zu den Mühsalen seines Auskommens als Fleischer zählt auch Dieter Walter die Konkurrenz durch die preiswerte Massenware in den Märkten der Discounter, die in zurückliegenden Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind: „Die setzen uns schon arg zu.“ Aber die wirtschaftliche Bilanz hänge auch von andren Faktoren ab, macht er aufmerksam. So sei in seinem Fall ein deutlicher Unterschied zwischen dem Geschäft in Annaburg und jenem in Jessen zu verzeichnen. In Annaburg befinde sich der Laden in einer Nebenstraße, in Jessen sei die Lage wesentlich besser. „Das spürt man, der Partyservice wird in Jessen viel stärker in Anspruch genommen. Da sind öfter mal belegte Brötchen für Feiern oder Versammlungen gefragt.“