1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Jessen
  6. >
  7. Fipronil-Skandal : Fipronil-Skandal : Eier aus der Region gefragt

Fipronil-Skandal  Fipronil-Skandal : Eier aus der Region gefragt

Von Ute Otto 10.08.2017, 08:13
Bei Petra Richter im Seydaland-Markt Elster sind Mark Zwuschener Eier jetzt verstärkt gefragt.
Bei Petra Richter im Seydaland-Markt Elster sind Mark Zwuschener Eier jetzt verstärkt gefragt. Ute Otto

Jessen - Anmerkung der Redaktion am 10. August: Petra Hintersdorf ist nicht nur Lebensmittelprüferin, sonder auch promovierte Tierärztin. Sie tat nach Erscheinen des Beitrages kund, dass die Legehennenbetriebe im Kreis kontrolliert, aber nicht beprobt worden sind.

Der Skandal um mit dem Insektengift Fipronil belastete Eier befördert die Nachfrage nach Eiern aus regionalen Betrieben. Das bestätigt Markus Clemens, der in Mark Zwuschen einen Legehennenbetrieb mit knapp 9.500 Hühnern führt. „Wir freuen uns darüber, leider können wir gar nicht so viele Eier liefern“, berichtet der Landwirt.

Verkauft werden „Clemens“-Eier aus Bodenhaltung unter anderem auf dem Obsthof Zwicker in Schweinitz, in Filialen der Jüterboger Neumarkt-Fleischerei in Jessen sowie in den Seydaland-Märkten in Seyda und Elster.

„Vergangene Woche waren die Kunden außer Rand und Band“, erzählt Ute Richter, Verkäuferin im Seydaland-Markt in Elster. Nach ihrer Vermutung hing das damit zusammen, dass einige Märkte vergangene Woche vorsorglich Eier komplett aus dem Sortiment genommen hatten. „Die Kunden diskutieren natürlich darüber“, so Ute Richter.

Völlig entspannt hat sich die Situation in den Supermärkten noch nicht. Lidl etwa verweist darauf, dass es durch die Suche nach anderen Lieferanten noch zu Engpässen kommen könne.

„Die Märkte im Kreis haben zügig und richtig reagiert“, sagt Petra Hintersdorf vom Fachdienst Veterinärwesen und Verbraucherschutz in der Kreisverwaltung Wittenberg.

Als sie und ihre Mitarbeiter in der vergangenen Woche auf Anordnung der Fachbehörde im Landesverwaltungsamt stichprobenartig Märkte kontrollierten, waren dort die Eier der in Rede stehenden Chargen - hauptsächlich aus niederländischen, aber auch einigen deutschen Betrieben in Niedersachsen - bereits aus dem Verkehr gezogen beziehungsweise zurückgerufen worden.

Warum am späten Freitagnachmittag das Landesverwaltungsamt die in Rufbereitschaft stehenden Mitarbeiter der Kreisverwaltung nochmals aufforderte, das Eierangebot in zwei bestimmten Märkten unter die Lupe zu nehmen, erschließt sich der Lebensmittelkontrolleurin nicht. Zumal, wie Petra Hintersdorf berichtet, einer der beiden Märkte schon seit März nicht mehr existiert.

„Es ist also auch viel Aktionismus dabei“, sagt die Frau vom Veterinäramt. Zur besten Einkaufszeit vor dem Wochenende habe die Kontrolle natürlich Aufsehen erregt: „Wir waren von einer dichten Traube umringt und die Kunden wollten allerhand wissen.“

Ansonsten hätten sich im Unterschied zu anderen Lebensmittelskandalen die Anrufe besorgter Bürger im Veterinäramt in Grenzen gehalten. „Vielleicht ist das für die Kunden Anlass, stärker auf regionale Anbieter zu reagieren“, sagt Petra Hintersdorf.

Die Legehennenbetriebe im Kreis sind im Zusammenhang mit dem Eierskandal nicht explizit kontrolliert worden. „Wir haben keine Aufforderung dazu bekommen“, so Petra Hintersdorf. „Es sind aber die Kreise mit den zehn größten Eierproduzenten im Land aufgefordert worden, Proben zu nehmen“, weiß sie. Die fünf Betriebe im Kreis Wittenberg, die Eier in den Handel bringen, zählten mit weniger als 20.000 Hühnern zu den kleineren.

Das sind neben dem eingangs genannten noch die Agrargenossenschaft Pretzsch sowie mit dem Geflügelhof Leonhardi Söllichau, dem Diakoniehof Rackith und dem Heidehof Mark Zwuschen drei Biohöfe.

Petra Hintersdorf hält es für nahezu ausgeschlossen, das Fipronil hier in die Betriebe gelangt. So etwas passiere nämlich nicht aus Versehen, „da gehört schon kriminelle Energie dazu“. Die Anwendung dieses Insektengiftes, das gegen Flöhe, Tierläuse, Zecken und Milben hilft, ist in der Nutztierhaltung und in der Lebensmittelproduktion in der Europäischen Union verboten.

Das Fipronil soll durch Beimischung in Desinfektionsmitteln, mit denen Ställe behandelt wurden, in die Nahrungskette gelangt sein. Doris Stecher vom Heidehof Mark Zwuschen vermutet, dass sich die Legehennenbetriebe im deutschen Grenzbereich zu den Niederlanden der gleichen Reinigungsfirmen bedienen wie die betroffenen niederländischen Betriebe.

„Zur Reinigung wird bei uns Peressigsäure verwendet“, berichtet Doris Stecher. Die keimtötende Wirkung von Peressigsäure wurde 1902 in Michigan entdeckt und wird bis heute auch in der Medizin genutzt.

Bis Mittwoch war die Liste der in Deutschland betroffenen Eier-Chargen auf 27 Stempelnummern angewachsen. Die von den belasteten Eiern ausgehenden Gefahren für Verbraucher sind dem Bundesinstitut für Risikobewertung zufolge gering.

(mz)