Feuerwehren in Jessen Feuerwehren in Jessen: Mit Lufthupe und Brandhorn

Löben - Sonntagmorgen in Löben. Zunächst ist alles ruhig. Bis plötzlich von der Dorfstraße her Hupen und dumpfer Hörnerklang die Stille durchdringen. „Aufwachen, raus zum Festplatz!“, tönt es.
Von dort aber sind viele Einwohner erst vor wenigen Stunden nach Hause gekommen. Die Floriansjünger, sie sind die Verursacher dieses Lärms, nehmen darauf keine Rücksicht. Es ist ihr großer Festtag: 125 Jahre Feuerwehr in Löben. Mit vereinten Kräften haben die Feuerwehrleute die historische Handdruckspritze aus dem Domizil geholt und ziehen nun ihr wohl berühmtestes Löschgerät quer durchs Dorf zum Festplatz. Das passiert unter Einsatz von Lufthupe und Brandhorn, so wie zu früheren Zeiten, wenn Alarm ausgerufen wurde.
Gegen 11 Uhr ist das Festzelt gut gefüllt. Die Musiker der „Mini-Brass-Band“ aus Falkenberg sitzen bereit, und Lindenwirt Günter Herrmann füllt mit seinem Team erste Gläser und Teller. Bevor der Frühschoppen so richtig startet, begrüßt Wehrleiter Patrick Ermisch die Anwesenden zum 125-jährigen „Geburtstag“ der Löbener Feuerwehrleute. Dafür gibt es erst einmal kräftigen Beifall, auch von den Ehrengästen. Es sind dies Annaburgs Bürgermeister Klaus-Rüdiger Neubauer (parteilos), Landesbrandmeister Andreas Heinold und Kreisbrandmeister Roland Karthäuser. Die Gäste wissen, welche gefahrvollen Einsätze die Kameraden gemeistert haben: Gebäude-, Wald- und Flächenbrände, Hilfe bei schwere Verkehrsunfällen, massive Einsätze bei den Hochwasserkatastrophen, zuletzt 2013.
Anerkennung vom Innenminister
Vor allem diese Aktionen, aber auch die Tatsache, dass die Löbener Wehr (17 Aktive bei 27 Mitgliedern) trotz mancher Probleme noch immer über sieben Wochentage hinweg 24 Stunden Einsatzbereitschaft absichert, sorgt für eine besondere Auszeichnung: Andreas Heinold und Roland Karthäuser überbringen im Auftrag von Holger Stahlknecht, Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt (CDU), eine Ehrenurkunde als „Dank und Anerkennung für die freiwillige und aufopferungsvolle Arbeit im Dienste der Bürgerinnen und Bürger Sachsen-Anhalts“. So steht es auf dem Dokument geschrieben. Die Floriansjünger freuen sich: „Es ist ein tolles Gefühl, dass unser Einsatz so gewürdigt wird“, kommentiert Ermisch.
Er erinnert an die vielen Generationen von Löbener Feuerwehrleuten, die für das Wohl der Region tätig waren, und blickt zurück in die Gründungszeit: „Um 1820 wurden in den Nachbarorten sogenannte Spritzengemeinschaften gebildet, die im Brandfall mit einer einzigen Spritze ausrückten. 1890 schafften die Löbener ein eigenes Gerät an. Es ist die Handdruckspritze, die wir heute noch in Ehren halten und die vom Hersteller, Kupferschmiedemeister Heiligenstädt aus Herzberg, mit der Jahreszahl 1890 versehen wurde. Die Führung der Truppe oblag damals dem ortsansässigen Schmied. Er entstammte über eine lange Zeit bis 2002 der Familie Arndt.
Weitere Wehrleiter waren unter anderem Rudi Zickert und Lothar Höse“, zählt Ermisch auf. Natürlich hat sich auch die Technik verändert: Seit den 1930er Jahren gibt es eine motorgetriebene Spritze. Als erstes eigenes Auto kam in den 1970er Jahren ein B 1 000 hinzu. Ein solches Fahrzeug begleitete die Truppe noch bis 2010. Jetzt verfügen die Löbener über ein TSF (W). „Wir schätzen die Löbener als aktive und stets verlässliche Truppe, die auch mit anderen Wehren eine gute Kameradschaft pflegt“, lobt Bürgermeister Klaus-Rüdiger Neubauer. Dieses Miteinander zeigt sich auch im Publikum, wo Kameraden aus Annaburg, Premsendorf, Groß Naundorf, Hohndorf, Holzdorf und Mönchenhöfe mit Löbenern feiern.
Flammen lodern
Dass ausgerechnet die Gastgeber an ihrem Festtag zum Einsatz gerufen werden, verwundert niemanden. Denn längst hat sich herumgesprochen, dass die historische Handdruckspritze noch immer gute Dienste leistet. Allerdings nur, wenn sie von „Fachleuten“ bedient wird, wie es die Löbener in einer bühnenreifen Parodie vorführen: „Feuerwehrhauptmann“ Ermisch versucht, seinen Floriansjüngern erst einmal Ordnung beizubringen: abzählen, marschieren, pumpen – all das avanciert zum humorigen Härtetest für die quirlige Truppe. Dieser geht über in einen Ernstfall, als wenige Meter entfernt das „Klo-Häuschen“ in Flammen steht. Der inszenierte „Löschangriff nass“ mit der Uralt-Spritze, deren Tank (neben etlichen Bierflaschen) 200 Liter Löschwasser beinhaltet, wird zu einer Lachnummer. Der „Lokus“ ist zwar nicht mehr zu retten, doch die Löbener und ihre Gäste feiern ihre Helden ein weiteres Mal. Der Sicherheit halber sei erwähnt, dass freilich alles professionell präpariert war und die Annaburger Kameraden mit moderner Technik „Gewehr bei Fuß“ standen. (mz)