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Feuerwehr Jessen Feuerwehr Jessen: Hilfsbereit seit 120 Jahren

Von Frank Grommisch 05.10.2014, 17:39
Leitungsberatung am Gastgeschenk der Sendener Feuerwehrleute: Andreas Weiner, Thomas Riedel, Hans-Peter Schaefer, Dietmar Brettschneider (v.l.n.r.).
Leitungsberatung am Gastgeschenk der Sendener Feuerwehrleute: Andreas Weiner, Thomas Riedel, Hans-Peter Schaefer, Dietmar Brettschneider (v.l.n.r.). mz Lizenz

Jessen/MZ - Schnelligkeit liegt Feuerwehrleuten im Blut. Deshalb hat sich auch niemand gewundert, dass der Tag der offenen Tür am Sonnabend bereits kurz vor 13 Uhr am Gerätehaus in der Rehainer Straße in Jessen begann. Die Spielmannszüge aus Jessen und Ottmarsbocholt waren aufmarschiert und etliche Gäste hatten sich bereits eingefunden, so dass es keinen Grund zum Warten gab. Und auch alle anderen Beteiligten hatten ihre Fahrzeuge in Position gebracht, denn diesmal sollte es nicht allein um die Feuerwehrleute, ihre Ausstattung und Aufgaben gehen, sondern auch um ihre Partner, mit denen sie je nach Einsatzschwerpunkt zusammenarbeiten, sagte Wehrleiter Hans-Peter Schaefer zum Vorhaben.

So standen der Rettungsdienst und der Betreuungszug des Deutschen Roten Kreuzes, das Jessener Revierkommissariat der Polizei und die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) aus Wittenberg bereit, um Interessierten Auskünfte zu geben. Und weitere Partner schwebten im wahrsten Sinne des Wortes eine Stunde nach dem Auftakt ein. Da landete auf dem Parkplatz an der Grundschule ein Rettungshubschrauber der Bundeswehr. Kaum standen die Rotorblätter still, wurde die Maschine dicht umlagert. Die Besatzung beantwortete geduldig Fragen.

Treue anerkannt

Der Tag der offenen Tür war für drei Feuerwehrleute ein besonderer, wurden sie doch vor den Gästen öffentlich geehrt. Für ihre 40-jährige Mitgliedschaft in der Löschtruppe erhielten Erika Lehmann und Karl-Heinz Schmalfuß Auszeichnungen. Seit einem halben Jahrhundert ist Armin Döbelt dabei. So kann er aus eigenem Erleben vieles für die Chronik der Freiwilligen Feuerwehr Jessen, die seit 120 Jahren besteht, beisteuern. Die Zeit von 1894 bis 1994 sei für den geschichtlichen Rückblick aufgearbeitet, berichtete Armin Döbelt. Vor allem für die Jahre des Zweiten Weltkriegs sei es schwer gewesen, Informationen zu finden. „Das war sehr mühevoll.“

Auch zu DDR-Zeiten seien Fotos häufig nicht erlaubt gewesen, etwa aus Geheimhaltungsgründen, und schon gar nicht von Feuerwehreinsätzen bei Waldbränden, etwa in der Glücksburger Heide, die wegen der dort agierenden sowjetischen Truppen abgesperrt war. Im Gegensatz zu anderen Wehren, die sich nicht so sicher sein können, wann genau sie ins Leben gerufen wurden, sind die Jessener gut dran. „Wir haben eine Gründungsurkunde“, sagte Armin Döbelt.

Im April 1894 wurde die Freiwillige Feuerwehr Jessen ins Leben gerufen. Zum 100-jährigen Bestehen, das mit mehreren Veranstaltungen begangen worden war, sagte Wehrleiter Hans-Peter Schaefer: Mutige und entschlossene Bürger hätten sich in der Stadt zusammengefunden. „Ihr oberstes Prinzip war die Freiwilligkeit, dem Nächsten zu helfen, ihre Verpflichtung.“ 32 Leute trafen sich damals. Die nächste große Feier kündigte Hans-Peter Schaefer zum 125. Geburtstag der Löschtruppe an. Für 120 Jahre fiel der Rahmen etwas kleiner aus, auch mit Blick auf die Kosten und den organisatorischen Aufwand.

Zu den jüngsten Neuheiten gehört, dass die Arbeiten an der Fassade des Gerätehauses rechtzeitig zum Jahrestag abgeschlossen werden konnten. „Wir haben es doch noch geschafft“, freute sich Hans-Peter Schaefer. Denn es habe hier und da schon gebröckelt, so dass die Arbeiten erforderlich gewesen seien. Nun präsentiere sich die Außenhaut des Hauses in „echt Blech“. So wurde der Tag auch genutzt, um nicht allein auf Technik, Verpflegungsstände und Spielangebote für Kinder zu schauen, sondern auch mal an der Fassade zu klopfen. (gro)

120 Jahre Feuerwehr Jessen seien gleichzusetzen mit 120 Jahren Hilfsbereitschaft für die Bevölkerung, würdigte Bürgermeister Dietmar Brettschneider (CDU). Er lobte die Leistungen der Löschtruppe und der Partner der Feuerwehrleute, etwa in den dramatischen Hochwassertagen. Dabei hätte sich erneut bewiesen, dass „Zusammenarbeit und Ausbildungsstand klasse sind“. Nach seiner Meinung werde das Ehrenamt nicht ausreichend gewürdigt. Der Staat allein wäre nicht in der Lage, diese Leistungen zu vollbringen. „Ohne sie wäre die Welt ärmer.“ Deshalb sollte auch die Unterstützung großzügiger ausfallen, etwa beim Beschaffen moderner Technik.

Neu ist das Schlauchboot der Ortsgruppe Wittenberg der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), das in Jessen auf dem Hof der Grundschule besichtigt werden konnte. Angeschafft werden musste es, weil das zuvor genutzte Schlauchboot beim Elbehochwasser 2013 während der Evakuierung von Elster kaputt gegangen war, wie Philipp Grabner, Rettungsschwimmer und angehender Bootsführer, berichtete. Die Erinnerungen an die dramatischen Tage im Juni des vergangenen Jahres sind noch nicht verblasst. Etwa als die DLRG-Leute nach dem Dammbruch bei Schweinitz zur Absicherung im Einsatz waren, um im Notfall bei Vorkommnissen beim Verbauen von mit Sandsäcken gefüllten Big Bags, die per Hubschrauber antransportiert wurden, sofort eingreifen zu können. Über 100 Leute gehören der Ortsgruppe an.

Gute Kontakte

„Jessen, das ist doch unser zweites Zuhause“, sagte ein Sendener. Vielfach waren Männer aus Jessens Partnergemeinde an der Schwarzen Elster, auch bei Hochwasser. Die fünfköpfige Abordnung hatte diesmal eine kleine Sitzgarnitur mitgebracht, die spontan für eine „Leitungssitzung“ genutzt wurde. Am Freitag hatten sich die Sendener durch Wittenberg führen lassen, wie Stefan Tork wissen ließ. Sendens Wehr ist nicht so alt wie die Jessener. Seit 111 Jahren ist sie zu Diensten. Die Schnapszahl ist Grund zum Feiern, die 112 auch, merkten die Gäste an, schließlich ist das die Notrufnummer, um die Hilfe der Retter anzufordern. (mz)

Beim Tag der offenen Tür war auch die Jugendfeuerwehr „im Einsatz“.
Beim Tag der offenen Tür war auch die Jugendfeuerwehr „im Einsatz“.
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