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Elke Naujokat aus Jessen Elke Naujokat aus Jessen: Auszeichnung für Kampf gegen Krebs

Von Detlef Mayer 26.03.2015, 10:36

Mark Zwuschen - „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ - „das ist mein Lebensmotto“, sagt Elke Naujokat über sich, auch wenn ihr nicht sofort einfällt, dass dieses Zitat von Erich Kästner stammt. Über ihrem Schreibtisch zu Hause in Mark Zwuschen hängt allerdings ein anderer Spruch, der eindeutig Goethe zuzuordnen ist: „Was immer du tun kannst oder wovon du träumst - fang damit an.“

„Ich war schon immer sozial engagiert, da hat mich mein Elternhaus geprägt. Das ist der rote Faden, der sich durch mein Leben zieht.“ Elke Naujokat reklamiert dabei keine großen Verdienste für sich. Auch zu der Ehrung „Botschafter der Wärme“, vor wenigen Tagen durch das Verbundnetz Wärme an sie verliehen (die MZ berichtete), sei sie beinahe wie die Jungfrau zum Kinde gekommen.

Elke Naujokat ist Jahrgang 1956. Sie gehört zu den letzten Mark Zwuschenerinnen - ist vielleicht sogar die einzige verbliebene, die in dem Dorf, das inzwischen zur Stadt Jessen gehört, geboren wurden und noch immer dort leben.

Nach der Schulzeit in Seyda durchlief sie eine Ausbildung zur Kauffrau für Land- und Nahrungsgüterwirtschaft in der Seydaer LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft). Weitere berufliche Stationen waren ein Studium zur Agraringenieurökonomin sowie Tätigkeiten bei der Freien Deutschen Jugend und der SED-Kreisleitung in Jessen. 1990 wurde ihre Tochter Christin geboren.

Die Wende machte Elke Naujokat arbeitslos. Ab 1991 war sie dann für das Integrationsdorf Mark Zwuschen tätig, bis zu dessen Konkurs 1996. Seither ist sie mit Unterbrechungen immer wieder in geförderten Maßnahmen und Projekten des zweiten Arbeitsmarktes untergekommen. Eine reguläre Arbeitsstelle hat sie nicht gefunden.

Einen Einschnitt erlebte die Mark Zwuschenerin im Jahr 2002, sie erkrankte an Krebs. „Das hat mich zur Frauenselbsthilfe nach Krebs geführt“, sagt sie rückblickend. 2005 stieß sie zu der Jessener Selbsthilfe-Gruppe. Ein Jahr später wurde sie bereits zur Landesvorsitzenden dieser Organisation in Sachsen-Anhalt gewählt und hat diese Funktion über mehrere Wahlperioden bis heute inne.

Daneben bekleidet Elke Naujokat noch andere Ehrenämter. Sie gehört zum Vorstand des Mark Zwuschener Heimatvereins Landimpuls und ist für die Partei „Die Linke“ Stadträtin in Jessen.

Das Verbundnetz der Wärme wurde im Herbst 2001 auf Initiative der Leipziger Verbundnetz Gas AG (VNG, Erdgasgroßhändler und Energiedienstleister) gegründet. Schirmherr ist jetzt der ehemalige Ministerpräsident von Brandenburg, Matthias Platzeck (SPD). Als „Botschafter der Wärme“ ehrt das Verbundnetz Menschen, die sich durch besonderes ehrenamtliches Engagement für ein besseres gesellschaftliches Miteinander einsetzen. Von dem Festakt des Verbundnetzes der Wärme in Wittenbergs Leucorea hat Elke Naujokat vor allem zwei Dinge mitgenommen. Zum einen: „Das Ehrenamt ist heute wichtiger denn je“, das sei so oder zumindest sinngemäß so gesagt worden. Zum anderen habe sie die Breite der Wirkungsfelder erstaunt, aus denen Ehrenamtler anwesend waren. Sie wertet dies bei allem Respekt als Indiz dafür, was die Politik alles auf die Schultern von Ehrenamtlern abwälzt.

In welche Projekte der Jessener Gruppe der Frauenselbsthilfe nach Krebs sowie des Mark Zwuschener Heimatvereins Landimpuls die 5.000 Euro aus der Auszeichnung investiert werden sollen, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Zur Vorgeschichte der Auszeichnung als „Botschafter der Wärme“ berichtet die 58-Jährige: Als Landesvorsitzende der Frauenselbsthilfe nach Krebs schaue sie sich immer nach neuen Netzwerken um, die in der Sache weiterbringen könnten. „Und richtig ist auch, dass alles Ehrenamt nicht ganz ohne Geld funktioniert.“ So sei sie auf das Netzwerk der Wärme aufmerksam geworden, das ihres Wissens hauptsächlich in Ostdeutschland aktiv sei. „Man kann in diesem Netzwerk nur als Person Mitglied werden, zahlt aber keinen Beitrag.“ Auf Anhieb gefallen habe ihr die Doppeldeutigkeit des Namens. Einerseits handele es sich bei der Wärme, die das Netzwerk charakterisiert, um die Heizwärme, für die VNG als Gasanbieter sorgt. „Andererseits geht es um die Herzenswärme seitens der Ehrenamtler und ihrer Unterstützer.“

Für die Mitgliedschaft in diesem Netzwerk habe sie eine Art Personalbogen ausfüllen müssen. „Damit die Leute von VNG in Leipzig wissen, mit wem sie es zu tun haben.“ Elke Naujokat stellte auf diesem Formular ihre ehrenamtliche Arbeit und verschiedene konkrete Projekte vor. Zum Beispiel, dass der Landesverband der Frauenselbsthilfe nach Krebs von der Krankheit Betroffene unter dem Motto „Grenzen überschreiten“ zum gemeinsamen Wandern einlädt. Auch das sei wieder zweideutig zu verstehen: So überschreite man territoriale Grenzen oder Höhenmarken. Es gehe aber gleichzeitig darum, die eigenen Leistungsgrenzen auszutesten. 2014 waren aus dem Landesverband mit seinen 14 Selbsthilfegruppen 15 Frauen angetreten, um den ersten Teil des Harzer Hexenstiegs von Osterode über den Brocken bis Schierke zu bewältigen, und dabei die Grenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt zu überqueren. „In diesem Jahr haben sich 17 Teilnehmer angemeldet. Gelaufen wird vom 18. bis 22. Mai von Schierke nach Thale, also der zweite Teil des Hexenstiegs.“ Und da die 5.000 Euro, die mit der Ernennung zum „Botschafter der Wärme“ verbunden waren, ja für die Projektarbeit gedacht sind, soll das Gros davon in dieses Vorhaben fließen.

Doch Elke Naujokat hat noch zwei weitere Adressaten für Teile des Geldes: die Jessener Gruppe der Frauenselbsthilfe nach Krebs, die in Kürze ihr 25-jähriges Bestehen feiern kann, und den Mark Zwuschener Heimatverein Landimpuls, der 2016 das mittlerweile 510. Ortsjubiläum mitgestaltet. Der Ehrentitel Wärme-Botschafter gelte übrigens für ein Jahr. „In dieser Zeit wird man vom Netzwerk der Wärme in seiner ehrenamtlichen Arbeit begleitet.“

Das ist der 58-Jährigen sehr recht, denn sie sieht sich eh als Pragmatikerin. „Ich greife lieber zum Telefon, um jemanden um Unterstützung zu bitten, als lange Konzeptionen zu schreiben. Damit bin ich bislang in all meinen Ehrenämtern gut gefahren.“ Und: „Ich mische mich gern ein, wenn es darum geht, Probleme zu lösen.“ Diesbezüglich hat sie einen Wunsch parat. Jessen möge doch eine ähnliche Veranstaltung wie den „Tag des Wittenberger Ehrenamts“ in der Lutherstadt ins Leben rufen. „Öffentliche Anerkennung ist sehr wichtig, um Leute für ihr weiteres Engagement zu motivieren“, liefert sie die Begründung dafür. (mz)