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China-Seuche  China-Seuche : Kaninchen doppelt geimpft

Von Ute Otto 28.09.2016, 06:36
Ein hochansteckendes  tödliches Virus bedroht derzeit die Kaninchen.
Ein hochansteckendes  tödliches Virus bedroht derzeit die Kaninchen. Archiv/Wolfgang Kubak

Annaburg - Die für Kaninchen und Hasen gefährliche China-Seuche RHD2 hält noch immer Besitzer in Deutschland in Atem. Im Saalekreis sollen ihr mehr als 800 Tiere zum Opfer gefallen sein. Da die Chinaseuche jedoch nicht zu den meldepflichtigen Tierkrankheiten gehört, liegen im Veterinäramt des Kreises Wittenberg keine Zahlen über betroffene Tiere vor. Dass es eine Dunkelziffer gibt, ist sicher. Die dem Kreisverband Wittenberg angeschlossenen Zuchtvereine sind aber in der glücklichen Lage, keine Hiobsbotschaften vermelden zu müssen.

Mutierter Erreger

„Wir sind der Empfehlung gefolgt und lassen unsere Tiere regelmäßig impfen“, sagt der Vorsitzende des Kaninchenzuchtvereins Annaburg, Lutz Matthias. Die Impfung nimmt dort mit Tierarzt Dr. Helmut Schuster sogar ein Vereinsmitglied vor. „Die China-Seuche RHD ist schon seit langem bekannt“, sagt er. „Was wir jetzt haben, ist ein mutierter Erreger RHD2, der vermutlich aus Frankreich eingeschleppt wurde.“ Seit 2013 ist er in Deutschland unterwegs.

Wegen der China-Seuche hatte der Kaninchenzüchter-Kreisverband vorsorglich die für August geplante Jungtierschau abgesagt.

Die China-Seuche RHD (Rabbit Haemorrhagic Disease) ist eine der gefährlichsten Kaninchenkrankheiten, sie führt bei betroffenen Tieren zum meist plötzlichen Tod. Der RHD2-Virus ist 2010 in Frankreich das erste Mal aufgetreten. Der Virus überlebt auch ohne Wirt unter günstigen Bedingungen gute sieben Monate, ist unempfindlich gegenüber Witterungseinflüssen (selbst bei dauerhaften 80 Grad überlebt er zwei Tage lang – bei 20 Grad Raumtemperatur immerhin 14 Wochen) und tritt besonders in den Sommermonaten, im Winter nur vereinzelt auf, vermutlich weil dann Insekten als Überträger ausfallen.

Übertragen wird die China-Seuche durch direkten Kontakt zu kranken Tieren oder indirekt durch Stechmücken und Fliegen (selten auch durch den Kaninchenfloh, Milben, Zecken), Tierarztbesuche, verseuchte Gegenstände (Kleidung, Transportboxen) oder in sehr seltenen Fällen durch kontaminiertes Futter (insbesondere Grünfutter aus Gebieten mit infizierten Wildkaninchen oder Feldhasen). Auch infizierte scheinbar gesunde Kaninchen scheiden den Virus weiter aus. Der Mensch und andere Tiere (auch Nager und Meerschweinchen) können sich mit dem Virus nicht infizieren.

Von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung dauert es in der Regel ein bis drei Tage. Es treten aber auch noch Todesfälle bis zu drei Wochen nach der ersten Infektion auf. (Quelle: www.Kaninchenwiese.de)

Verabreicht werde die Immunisierung alljährlich im Frühjahr bis Anfang Juni zusammen mit der Impfung gegen Myxomatose - die von Blutsaugern wie Stechmücken und Flöhen übertragen wird. Gegen RHD2 sei der herkömmliche Impfstoff tatsächlich nicht voll wirksam. Deshalb auch soll nach drei Wochen eine zweite Dosis verabreicht werden. „Der auf Variante 2 abgestimmte Impfstoff aus Frankreich ist in Deutschland noch nicht zugelassen“, so Schuster. Wolle man ihn hier einsetzen, müsse man eine Sondergenehmigung beantragen - kostenpflichtig. Weil der herkömmliche Impfstoff hier knapp wurde, habe er die Genehmigung auch eingeholt. Allerdings sei der französische Impfstoff sehr teuer. „Und es gibt ihn nur in der Flasche für jeweils 50 Tiere, die innerhalb von zwei Stunden aufgebraucht werden muss“, berichtet der Experte. Seines Wissens soll ab dem kommenden Frühjahr ein adäquater Impfstoff aus deutscher Herstellung verfügbar sein.

Dass die China-Seuche nicht meldepflichtig ist, dafür hat der Tierarzt eine einfache Erklärung: „Dann müssten ja Entschädigungen aus der Seuchenkasse bezahlt werden. Ein Kaninchen ist hier eben nicht so ein wirtschaftlich wichtiges Tier.“ „Meines Wissens haben fast alle unserer Vereine die Impfung durchgezogen“, sagt der Listerfehrdaer Hartmut Karschunke, stellvertretender Chef des Kreisverbandes und zugleich Pressewart. Deshalb habe sich die Verbandsspitze am Donnerstag darauf verständigt, die beiden großen Kreisschauen am 15./16. Oktober in Griebo und am 19./20. November in Kemberg stattfinden zu lassen. Beide Ausstellungen sind offen für Züchter aus angrenzenden Kreisen. In Griebo ist es zugleich die offene Flämingschau und in Kemberg die Dübener Heideschau.

„In der Ausstellungsordnung ist der Impfschutz eindeutig festgelegt: RHD muss sein, Myxomatose ist empfohlen“, so Karschunke. Die teilnehmenden Züchter müssen für jedes Kaninchen einen eigenen Impfpass mitbringen, in denen Hersteller und Chargen des Impfstoffs vermerkt sind.

Verschärfte Regeln

Schwierig werde es für Züchter, die sich mit sehr guten Ergebnissen für die Landesverbandsschau Anfang Dezember auf dem Magdeburger Messegelände qualifizieren. Vor dem Hintergrund der Seuchenausbreitung hat der Landesverband die Impfordnung verschärft. Sicher ist demnach, wer den französischen Impfstoff angewendet hat. Der deutsche Impfstoff darf indes nur als Monopräparat und nicht als Kombinationsimpfstoff verabreicht worden sein. Und die Mindestabstände zwischen den Wiederholungsim- pfungen müssen strikt eingehalten werden. „Für einige Züchter dürfte es schwierig werden, das zu schaffen“, vermutet Karschunke.

Die Annaburger werden wahrscheinlich auf eine eigene Vereinsschau verzichten. „Wir werden nur intern eine Tischbewertung durchführen“, sagt Lutz Matthias. (mz)