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Bonsai-Kunst Bonsai-Kunst: Kleine Bäume ganz groß

Von Detlef Mayer 29.07.2014, 17:47
Sehr anschaulich demonstrierte Michael Zwiersch seinen Gästen erste Formänderungen an einem Wacholder-Bonsai-Rohling.
Sehr anschaulich demonstrierte Michael Zwiersch seinen Gästen erste Formänderungen an einem Wacholder-Bonsai-Rohling. D. Mayer Lizenz

Jessen/MZ - Das Hobby Bonsai-Kunst hat der Jessener Michael Zwiersch vor acht Jahren für sich entdeckt. „Es ist eine Freizeitbeschäftigung, bei der ich gut abschalten kann“, sagt der Bauingenieur. Er räumt aber gleichzeitig ein, dass dieses Steckenpferd sehr aufwändig ist.

Die Bäumchen müssen immer wieder neu gedrahtet werden, damit das formgebende künstliche Korsett nicht einwächst. Sie brauchen regelmäßig Wasser - manche Pflanzen, die er „Säufer“ nennt, sogar mehrmals täglich - und Dünger. Umtopfungen sind erforderlich und ein waches Auge für Krankheiten und Schädlingsbefall.

Bonsai ist die japanische Ausprägung einer alten fernöstlichen Art der Gartenkunst, bei der Sträucher und Bäume in kleinen Gefäßen oder auch im Freiland zur Wuchsbegrenzung gezogen und ästhetisch durchgeformt werden. Ursprünglich entstanden ist diese Kunstform wohl in China.

Das japanische Wort Bonsai geht zurück auf den chinesischen Begriff Penzai. So wurde ein Aspekt innerhalb der Kunstform Penjin („Landschaft in der Schale“) genannt. Das Wort Bonsai besteht aus den beiden Teilen Bon für Schale und Sai für Pflanze.

Der Bonsai-Baum ist ein in einem Pflanzgefäß gezogenes Bäumchen, das durch Kulturmaßnahmen (Formschnitt, Wurzelschnitt, Blattschnitt, Drahtung) klein gehalten und künstlich in eine gewünschte Wuchsform gebracht wird. Bonsai-Bäume können bei guter Pflege viele hundert Jahre alt und sehr wertvoll werden.

Als Pflanzen für Bonsai eignen sich alle verholzenden, kleinblättrigen bzw. kleinnadligen Baum- und Straucharten. In hiesigen Breiten verwendet man vorwiegend einheimische Gehölze, die an das hier voherrschende Klima angepasst sind, aber auch winterharte Pflanzen aus Japan und anderen Ländern. Beliebt sind kleinblättrige Ahornarten sowie Kiefern, Fichten, Buchen und Wacholder.

Die heute bekannten Bonsai sind häufig im japanischen Stil gestaltet, der sich Anfang des 20. Jahrhunderts herausbildete. Doch die Bonsai-Kunst ist viel älter. In der frühen chinesischen Han-Dynastie (206 bis 220 n. Chr.) wurden bereits künstliche Landschaften mit Seen, Inseln und bizarren Felsformationen in Palastgärten der Kaiser nachgestaltet, auch die Topfpflanzen-Kultur war bereits bekannt. Im 10./11. Jahrhundert brachten buddhistische Mönche die Bonsai-Kunst nach Japan. 1867 stellte Japan auf der Weltausstellung in Paris erstmals Bonsai einer westlichen Öffentlichkeit vor. Nach dem Zweiten Weltkrieg verbreitete sich Bonsai als Hobby in der ganzen Welt. (Quelle: Wikipedia vom 29.07.2014)

Um seine Erfahrungen - die auch aus Workshop-Teilnahmen, zweimal pro Jahr in der Nähe von Gera, und etlichen Ausstellungsbesuchen resultieren - an andere Interessierte weitergeben zu können, hatte Michael Zwiersch zu einem kleinen Sommerfest in seinen Bonsai-Garten, Am Stadtwald 17, eingeladen. Dutzende Gäste konnten er und seine Familie begrüßen. Den Höhepunkt des Nachmittags bildete eine Demonstration erster Formveränderungen an einem Wacholder-Rohling. Der Hobby-Bonsai-Züchter hat in diesem Jahr auch schon zwei gut besuchte eigene Workshops zu dem Thema in seiner Garage bestritten - da wurde an Lärchen gearbeitet.

Der Gastgeber erinnert sich an seine Anfänge: „Ich habe mit ein paar Bonsais begonnen. Jahr für Jahr sind zwei, drei dazugekommen.“ Inzwischen umfasst sein Reich der „Zwergwüchsigen“ schon gut 80 Exemplare. Nicht alle davon möchte er als Bonsais bezeichnen, für die meisten sei „Pflanzen im Topf“ wohl treffender. Anfangs war Michael Zwiersch auf Indoor-Bonsais festgelegt. Davon sind ihm viele eingegangen - „ich wollte schnell einen fertigen Bonsai besitzen“, beschreibt er seine Startschwierigkeiten. „Dann habe ich mein Hobby nach draußen verlagert“ und nach und nach stellten sich die Erfolge ein. „Das ist eine Sache, die viel Geduld erfordert. Das musste ich erst lernen.“

Seine Sommerfest-Demonstration an dem Wacholder leitet Michael Zwiersch mit dem Auswählen der Ansichtsseite ein. Für sein Gestaltungsbeispiel legt er sich auf eine Mischung aus klassischen und naturalistischen Kriterien fest, diese Melange mag er besonders. Eine Zeichnung, so ein Tipp des Gastgebers, helfe für den Anfang, sich in den Baum hineinzudenken. Bevor man dem Stamm und den Ästen ihr Korsett aus verschieden starken Drähten verpassen und sie „zurechtbiegen“ kann, müssen die betreffenden Bereiche geschützt, sprich die Borke mit Bast umwickelt werden. Das Drahten bezeichnet der Mann aus Jessen als die gestalterische Hauptarbeit. Und sie habe nichts mit Pflanzenquälerei zu tun, beteuert er. Hält der Bonsai irgendwann seine Form, könne man den Draht weglassen.

Das Publikum wechselte mitunter, aber das Interesse blieb groß.
Das Publikum wechselte mitunter, aber das Interesse blieb groß.
D. Meyer Lizenz