1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Jessen
  6. >
  7. Bayerische Milchindustrie in Jessen: Bayerische Milchindustrie in Jessen: "Goldstaub" für die Käserei

Bayerische Milchindustrie in Jessen Bayerische Milchindustrie in Jessen: "Goldstaub" für die Käserei

Von Detlef Mayer 15.01.2019, 13:40
Tobias Reinhold aus Kolonie hat vor zweieinhalb Jahren seine Lehre abgeschlossen und fährt hier eine Anlage in der Jessener Schnittkäserei.
Tobias Reinhold aus Kolonie hat vor zweieinhalb Jahren seine Lehre abgeschlossen und fährt hier eine Anlage in der Jessener Schnittkäserei. D. Mayer

Jessen - Milchtechnologe ist keine selbsterklärende Berufsbezeichnung, gibt Yvonne Krüger zu. Meist assoziieren Außenstehende damit etwas in Richtung Laborarbeit, berichten die Personalreferentin und Daniel Elsner als Ausbildungsbeauftragter vom Jessener Werk der Bayerischen Milchindustrie (BMi). Aber das treffe es nicht wirklich.

Daniel Elsner bezeichnet Milchtechnologen salopp als Anlagenfahrer - allerdings in einem recht anspruchsvollen Sinne. Und er umschreibt ihre Wertigkeit mit „Goldstaub“. Schließlich investiere man eine dreijährige Ausbildung in sie. „Sie besetzen nachher Schlüsselpositionen. Ich kenne in ganz Deutschland nicht einen Milchtechnologen, der keine Arbeitsstelle hat.“

Überwachen der Anlage

Mit konkreten Einblicken in sein Tätigkeitsfeld kann Chris Koch dienen. Der 24-Jährige befindet sich im zweiten Lehrjahr zum Milchtechnologen. Derzeit ist er im Zuge seiner praktischen Ausbildung im Jessener BMi-Werk am Käsefertiger in der Mozzarella-Blockanlage zu finden. „Ich überwache die Technik und den Prozess“, sagt er und geht dann ins Detail: Die Kesselmilch - ihr pH-Wert, Fett- und Eiweißgehalt müssen von ihm überprüft werden - läuft in den Fertiger.

Beim Füllen kommen noch Lab (zum Ausfällen von Milcheiweis), Kalzium und Starterkulturen dazu. „Das passiert per Hand“, antwortet der Jessener auf eine entsprechende MZ-Frage. „Dann schaue ich zu, dass die Zusätze ihre Arbeit machen“, bestätigt er einen augenzwinkernden Einwurf von Daniel Elsner. „Mein Zuständigkeitsbereich endet dort, wo der Käse in die Reifetröge abgegeben wird.“

Die Standardausbildungszeit zum Milchtechnologen beträgt drei Jahre. Bei entsprechenden Leistungen lasse sich die Lehre jedoch auf zweieinhalb Jahre verkürzen, machen Personalreferentin Yvonne Krüger und Ausbildungsbeauftragter Daniel Elsner vom BMi-Werk in Jessen aufmerksam. Rein theoretisch könnte ein Abiturient diesen Berufsabschluss sogar schon nach zwei Jahren erlangen. „Aber das wird von der Prüfungskommission fast immer abgelehnt“, so Daniel Elsner.

Voraussetzungen für eine Ausbildung zum Milchtechnologen sind ein qualifizierter Hauptschulabschluss, ein Realschulabschluss oder das Abitur. Außerdem sollte der oder die Betreffende in Naturwissenschaften fit sein, über ein ausgeprägtes Hygiene-Bewusstsein und gutes technisches Verständnis verfügen sowie die Bereitschaft zu Schicht- und Wochenendarbeit mitbringen.

Als Lehrgeld (diese Sätze gelten ab 2019) winken dem Azubi 796 Euro im ersten Jahr, 882 Euro im zweiten und 1 015 Euro im dritten Ausbildungsjahr. Außerdem gibt es Weihnachts- und Urlaubsgeld, Fahrtkostenerstattung, 30 Tage Urlaub sowie gute Übernahme-Chancen. Bewerbungen nimmt die BMi über ihre Homepage www.bmi-eg.com entgegen.

Chris Koch hat vor der jetzigen anderenorts schon eine Ausbildung zum Elektroniker gemacht. „Doch das war nicht mein Job fürs Leben.“ Daher bewarb er sich bei der Großkäserei in Jessen um eine Arbeitsstelle. „Die BMi hat mir daraufhin diese Ausbildung zum Milchtechnologen angeboten. Es ist eine sehr breitgefächerte Tätigkeit. Ich würde den Schritt immer wieder gehen, auch anderen jungen Leuten kann ich eine Lehre zum Milchtechnologen nur empfehlen.“

Die BMi in Jessen „hatte zu Spitzenzeiten 13 Azubis - zwölf Lehrlinge und eine Dual-Studierende“, erinnert sich Daniel Elsner. Derzeit sind es sieben Auszubildende, wie Yvonne Krüger anfügt. „Die Sieben ist nicht unsere Wunschzahl“, betont sie. „Zehn oder mehr Lehrlinge sind eigentlich das Ziel. Aber es mangelt an Bewerbern“, macht die Personalreferentin deutlich.

„Die BMi ist bestrebt, ihr eigenes Personal heranzuziehen.“ Dabei liege der Schwerpunkt aktuell auf Milchtechnologen. Von den rund 220 Beschäftigten im Jessener Werk seien über 120 Milchtechnologen. Außerdem bilde man Milchwirtschaftliche Laboranten und Mechatroniker aus. Letzteres sei eine Kombination aus Elektroniker und Schlosser, klärt Daniel Elsner auf. „Wegen der Komplexität der Anlagen, um eventuelle Störungszeiten so kurz wie möglich zu halten.“

Wo klemmt der Bewerberstrom bei den doch eigentlich attraktiven Bedingungen? „Das größte Problem für viele ist das Thema Schichtarbeit“, weiß Yvonne Krüger. Chris Koch - „zwei Früh-, zwei Spät-, drei Nachtschichten, dann zwei Tage frei“, beschreibt er seinen augenblicklichen Arbeitsrhythmus - hält dagegen: „Man hat dafür mal unter der Woche frei für Besorgungen, Behördengänge, Arztbesuche oder andere Pläne.“

Um potenziellen Interessenten die Vorzüge der Milchtechnologen-Ausbildung näher zu bringen, nutzt die BMi u.a. den Jessener Tag der Berufe, der diesmal am Donnerstag, 17. Januar, ab 16 Uhr in der Mehrzweckhalle an der Sekundarschule Nord stattfindet.

Der Milchtechnologe, so Yvonne Krüger und Daniel Elsner, mache, pauschal gesagt, aus der angelieferten Rohmilch, einschließlich Eingangskontrolle im Annahmelabor, ganz verschiedene Endprodukte. Deshalb werde er in allen Produktionsabteilungen ausgebildet - Käserei, Butterei, Joghurt- und Quark- und Milchmischgetränke-Herstellung sowie Trocknung.

Das laufe als duale Ausbildung - Berufsschule plus Arbeit im Unternehmen. Da es im Jessener BMi-Werk aber nur die Käserei und die Milchtrocknung gibt, besteht eine überbetriebliche Kooperation (in Vier-Wochen-Blöcken) mit der Milchwirtschaftlichen Lehr- und Untersuchungsanstalt in Oranienburg. Die MLUA bietet eine Mini-Molkerei mit allen Technologien und ist zuständig für ganz Ostdeutschland.

Stelle in der Trocknung

Auch Tobias Reinhold aus Kolonie durchlief die MLUA (in den ersten zwei Lehrjahren). Bereits vor zweieinhalb Jahren schloss er seine Ausbildung ab und hat bei der BMi in Jessen jetzt ein Stelle in der Milchtrocknung. Zurzeit hilft er wegen der Umbauarbeiten am Standort und damit zusammenhängenden Personalverschiebungen allerdings in der Schnittkäserei aus.

In der Trocknung entstehen, zusammengefasst gesagt, aus der flüssigen Molke, die bei der Käseproduktion anfällt, Eiweiß- und Laktosepulver. „Bei der Trocknung ist viel technologisches Wissen gefragt“, weiß der 21-Jährige. Er lobt übrigens die Sekundarschule Annaburg für ihre Berufsorientierung. Über sie und ein Praktikum ist er zur BMi gekommen. „Ich wollte nie weit weg von Zuhause und hier im Betrieb fühle ich mich gut aufgenommen.“ (mz)