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Archäologie Archäologie: Ein Dutzend Urnengräber

Von Detlef Mayer 03.09.2013, 18:12
Grabungsarbeiter Martina Gütling (Jessen), Achim Portius (Jesen), Jürgen Kujath (Leetza) und Dieter Gehlsdorf (Gr. Naundorf) bei Untersuchungen des Bodens.
Grabungsarbeiter Martina Gütling (Jessen), Achim Portius (Jesen), Jürgen Kujath (Leetza) und Dieter Gehlsdorf (Gr. Naundorf) bei Untersuchungen des Bodens. Detlef Mayer Lizenz

Elster/MZ - Die Baustelle für den Elbedeich südlich der Bundesstraße 187 am Ortsausgang Elster in Richtung Iserbegka hat es in sich. Und zwar im Untergrund.

Für die Archäologen um Projektleiterin Judith Blödorn vom Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege in Halle nicht unbedingt eine Überraschung. Schließlich wurde das dort befindliche Urnengräberfeld aus der späten Bronze- beziehungsweise frühen Eisenzeit (in etwa siebtes Jahrhundert vor Christus, vorläufige Datierung), bereits 2005 bei Arbeiten im gegenüberliegenden Gewerbegebiet von Elster angeschnitten.

Am Dienstag nun konnte sie gemeinsam mit Grabungsleiterin Marieke Joel einige Funde und erste Ergebnisse der Kampagne vorstellen: Zutage gekommen war auf der Deichbaustelle ein 110 Meter langes Gräberfeld („Das ist recht groß“, so Judith Blödorn), auf dem die Fachleute etwa 60 Befunde ausmachten, darunter ein Dutzend sehr unterschiedlicher Urnengrabstellen. Sie teilen sich hier in vier verschiedene Typen auf.

Meist zerbochene Keramik

Insgesamt bezifferte Marieke Joel die Zahl der gefundenen Gegenstände auf rund 100. Die meisten davon sind zerscherbte Keramiken - einige hat sie zur besseren Ansicht bereits teilweise zusammengeklebt. Es gibt aber auch 15 Bronzestücke - Nadeln (Gewandnadeln), einen Bronzering, Armreif-Fragmente (es war üblich, sie zu zerbrechen und nur einen Teil mit ins Grab zu legen), weiteren Schmuck - und eine Eisennadel. Außerdem konnten die beiden Frauen am Dienstag zwei Glasperlen sowie ein kleines Tütchen mit Glasschlacke präsentieren. Die Schlacke entstand vermutlich beim Verbrennen der Verstorbenen, was mit voller Bekleidung und allem Schmuck passierte. Die Glasperlen bezeichneten die Archäologinnen als schon etwas Besonderes. „Glas war nicht leicht zu bekommen. Es musste aus südlicheren Ländern importiert werden“, erklärte Judith Blödorn. Die wenigen entdeckten Eisengegenstände kommentierte sie so: „Eisen war damals noch sehr wertvoll. Bronze, der alte Werkstoff, überwog daher.“ Schon am Mittwoch übrigens gehen die wichtigsten Funde zur Restaurierung.

Wie ist solch ein Urnengrab aufgebaut? Marieke Joel klärte auf: Charakteristisch ist die Dreiteilung in Fußschale, Urne und Deckschale. In der Urne selbst findet sich wiederum eine klar auszumachende Schichtung - unten die Fußknochen, oben der Schädel, dazwischen die Asche und ganz obendrauf die Schmückstücke/Beigaben, zum Beispiel die Bronzenadel. Bei deren Freilegung gingen die Archäologen wie auf dem Grabungsfeld vor - Schicht für Schicht wurde abgetragen, fotografiert und dokumentiert. Wozu auch Zeichnungen gehören, für die Annabelle Achterberg, Studentin der prähistorischen Archäologie in Berlin, verantwortlich war.

Gute Kooperation mit LHW

Seit Ende Juli hielten sich die Archäologen an Elsters Deichstrecke auf, zuerst baubegleitend und nach dem Entdecken des Gräberfelds für die eigentliche Ausgrabung. Die allerdings musste, um die Bauarbeiten möglichst wenig zu behindern, auch auf Wunsch des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) sehr schnell vonstatten gehen.

Judith Blödorn zeigte sich erfreut über die gute Kooperation mit dem LHW. „Innerhalb einer Woche ist die Grabung zustande gekommen“, lobt sie. Dabei wurden die professionellen Kräfte von anzulernenden Grabungsarbeitern aus der Region unterstützt, die eine Zeitarbeitsfirma vermittelte. Um schnell aus der Fläche verschwinden zu können, barg man die Urnengräber im Block - sie wurden mit Folie umwickelt, eingegipst und abtransportiert. Die Aufarbeitung - einschließlich Bereitstellung von Material für eine C14-Analyse (Altersbestimmung) - dauert noch bis Ende September. Und eine öffentliche Präsentation der Ergebnisse in Elster soll es eventuell auch noch geben, so Marieke Joel.