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Annaburger Ärzte weisen Kritik zurück Annaburger Ärzte weisen Kritik zurück: Maximal zwei Stunden Wartezeit

Von Klaus Adam 19.03.2015, 19:25
Christian Wagner und Sandra Trabitz, Fachärzte für Allgemein- und für Innere Medizin, behandeln in ihrer Annaburger Praxis einen Großteil der Patienten aus Prettin und Umgebung.
Christian Wagner und Sandra Trabitz, Fachärzte für Allgemein- und für Innere Medizin, behandeln in ihrer Annaburger Praxis einen Großteil der Patienten aus Prettin und Umgebung. Klaus Adam Lizenz

Annaburg - Donnerstagvormittag. Es ist kurz nach zehn Uhr. Niemand sitzt auf der Treppe, weil der Warteraum voll wäre. Das Wartezimmer in der Gemeinschaftspraxis von Christian Wagner und Sandra Trabitz in Annaburg ist leer. Keine Chance also, mit Patienten zu sprechen. Die Regel ist das allerdings nicht, bestätigen beide Ärzte. Sie haben einen Großteil der Patienten aus Prettin und der Umgebung übernommen. Doch für „Horrormeldungen“ (siehe oben) haben die beiden Fachärzte kein Verständnis. „Ja, die Menschen müssen warten“, erklärt Christian Wagner.

Sein verstorbener Prettiner Kollege hatte ein Bestellsystem, „aber er hatte auch weniger Patienten“, begründet der Mediziner Unterschiede. Doch die „Patienten sind hier in einer außerordentlich guten Lage. Jeder kann kommen und wird noch am selben Tag versorgt“, so Wagner. Dies sagt er auch im Hinblick auf die Diskussion um lange Wartezeiten bei Fachärzten. Die beide ja letztlich ebenso sind.

„Schlag ins Leere“

Die drastische Kritik seitens Annaburger Politiker an der Kassenärztlichen Vereinigung im Lande ist für den niedergelassenen Arzt allerdings „ein Schlag ins Leere“. „Die Lokalpolitik kann sich da vornehm zurückhalten. Sie kann die Rahmenbedingungen anbieten, kann das den entsprechenden Behörden mitteilen und in angemessener Zeit mal nachfragen. Mehr Macht haben sie nicht.“ Eine Situation wie in Prettin gebe es tausendfach im Lande, so Wagner unter Zustimmung seiner Kollegin.

In Annaburg, „am Ende der Welt“, eine Gemeinschaftspraxis mit zwei Fachärzten vorzufinden, sei aus seiner Sicht eine außerordentlich komfortable Situation für die Patienten. Der einzige Unterschied zu anderen Orten im ländlichen Bereich, so macht der Mediziner aufmerksam, sei, dass in Prettin ein Kollege ganz plötzlich verstorben und nicht langfristig geplant in den Ruhestand getreten sei. Doch schaue man sich die Altersstruktur in den Praxen der Jessener Region an, ist leicht zu erkennen, dass es in absehbarer Zeit weitere Vakanzen geben wird. Einige Ärzte arbeiteten noch immer, obwohl sie schon weit im Rentenalter sind. Auch sie werden es schwer haben, Nachfolger zu finden.

Wartezeit nicht wesentlich länger

„Wir fangen 7.30 Uhr an. Und gegen 11 Uhr, 11.30 Uhr ist der Letzte raus. Das heißt aber nicht, dass die Ersten bis 11.30 Uhr warten. Das wären vier Stunden. Also anderthalb, zwei Stunden“, so sei die maximale Wartezeit, erklärt Christian Wagner. „Allerdings muss man bedenken, jetzt ist Grippezeit. Und da spült es natürlich noch ein paar Patienten zusätzlich in die Praxis. Da ist dann auch jede Praxis mit Bestellsystem am Rande des Machbaren.“ Eingedenk der Übergangszeit in den letzten drei Monaten, seit seine Praxis viele Patienten aus dem Bereich Prettin übernommen habe, hätten sich die Wartezeiten höchstens minimal verlängert.

„Es ist keiner im Stich gelassen“, ergänzt Sandra Trabitz noch einmal. „Kein einziger Patient hing in der Luft“, verstärkt Wagner. „Wir haben jeden angehört, organisiert, dass Befunde zu uns transferiert werden. Wir haben uns über eine örtliche Zuordnung geeinigt, damit die Patienten aus den einzelnen Orten ein Ziel haben. Das ist schon besser, als in anderen Orten deutschlandweit, wo die Leute dann zusehen müssen, wo sie bleiben.“ Das Grobe sei damit getan. „Jeder muss ein bisschen Luxus aufgeben. Aber jedem wird geholfen.“

Aggressivität steigt

Kein Hehl macht der Allgemeinmediziner allerdings aus seiner Auffassung, den Menschen komme zunehmend ihr Einschätzungsvermögen abhanden, ob sie tatsächlich krank sind. „Wir haben die gleiche Anzahl an Patienten, aber deutlich mehr Besuche“, fasst er dies in einem Satz zusammen. Das betreffe durch die Bank alle Altersgruppen. Einen Grund sieht Wagner darin, dass der Zugang zu den Leistungen zu leicht sei.

Außerdem bemerke er ein zunehmend unzufriedeneres bis hin sogar aggressiveres Verhalten der Menschen. Das schließe Beschimpfungen und Beleidigungen ein und nicht selten würden Ratschläge des Arztes dann auch ignoriert. Auffällig sei dies in den letzten Monaten, meinte Wagner und wisse sich da im Gleichklang mit vielen Kollegen. „Wir tauschen uns ja im Kollegenkreis aus.“ (mz)