Landgericht Halle Landgericht Halle: Haftstrafe für Finanzmakler gefordert

Halle/Friedeburg/MZ - Dreieinhalb Jahre Freiheitsstrafe wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 14 Fällen hat die Staatsanwaltschaft für einen 52-jährigen Friedeburger gefordert. Der Mann muss sich seit Anfang Juli vor dem Landgericht Halle verantworten. Er hatte von 2006 bis 2009 in Friedeburg ein Finanzmakler-Unternehmen und einen sogenannten Anlageclub betrieben.
„Nicht über Risiken aufgeklärt“
Wie Staatsanwalt Ralf-Peter Terstegen sagte, habe der Angeklagte die Kunden nicht über die Risiken der Geldanlage aufgeklärt. Insbesondere habe er nie darauf hingewiesen, dass ein „Totalverlust“ eintreten könne. Bei Finanzgeschäften hätten die 14 Geschädigten insgesamt rund 220.000 Euro verloren, so der Staatsanwalt. Man habe allerdings nicht feststellen können, dass er „Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet“ habe. Überhaupt sei der Angeklagte nicht der typische Finanzbetrüger. „So einen Fall habe ich bisher noch nicht erlebt“, so Terstegen, der von einer gewissen „Naivität des Angeklagten“ sprach. Der Staatsanwalt hielt ihm auch zugute, dass er offen auf die Fragen des Gerichts geantwortet habe. Gegen ihn spreche aber, dass er über einen längeren Zeitraum die Kunden „in kreditfinanzierte Risikogeschäfte gedrängt“ habe. Er habe ihnen auch die „Möglichkeit zur Steuerhinterziehung“ geboten.
Der Verteidiger wird in der kommenden Woche plädieren. Das Urteil wird die Wirtschaftsstrafkammer unter Vorsitz von Richter Helmut Tormöhlen voraussichtlich im September verkünden.
Der Angeklagte ist Tischler, konnte aus gesundheitlichen Gründen in dem Beruf aber nicht mehr arbeiten. Zunächst gründete er einen Bauelemente-Handel, wechselte später jedoch in die Versicherungs- und Finanzbranche. Nach eigenen Angaben entwickelte die Firma individuelle Konzepte für die Kunden. Eine Ausbildung auf dem Gebiet hatte er nicht, er nahm lediglich an Schulungen teil.
Keine Ahnung von der Börse
Bei einer dieser Veranstaltungen lernte er eine Frau aus Moers (Nordrhein-Westfalen) kennen, die sich als „Traderin“ betätigte (Trading: Handel an Finanz- und Rohstoffmärkten). „Aus einem Bauchgefühl heraus“ entschied er sich, mit ihr zusammen zu arbeiten und ließ sie mit dem Geld seiner Kunden handeln. Was er nicht wusste und auch nicht nachfragte: Die „Traderin“ hatte ebenfalls keine Finanz-Ausbildung. „Sie haben eine Laiin zur Fondsmanagerin gemacht“, so der Staatsanwalt. Es habe weder einen Vertrag mit ihr gegeben, noch eine Kontrolle oder ein Risikomanagement. Die Frau habe zwar die Verantwortung für die Verluste übernommen. Es gebe aber keine Möglichkeit, Schadensersatz einzuklagen, so Terstegen.
Der Angeklagte, der nach eigener Aussage selbst keine Ahnung von Börsengeschäften hat, habe die „unerfahrenen Anleger“ nicht über den Anlageclub aufgeklärt. Die meisten Kunden waren einfache Leute aus der Region, die glaubten, da seien „Profis am Werk“. „Sie machen sich heute eher selbst Vorwürfe, als dem Angeklagten“, so Terstegen. Wie zum Beispiel, man sei „zu gutgläubig“ gewesen oder habe „die Verträge nicht gelesen“.