Hobby in Gerbstedt Hobby in Gerbstedt: Kunstwerke aus Garn

gerbstedt/MZ - Die Finger scheinen schier schwerelos und völlig selbstständig zu arbeiten, wenn man einer geübten Klöpplerin einmal über die Schulter schaut. Was für den Laien als heilloses Durcheinander erscheint, hat System, denn die Frauen wissen genau, wann welcher Klöppel gekreuzt werden müssen, damit am Ende ein kleines Kunsthandwerk entsteht.
Seit einigen Jahren treffen sich bundesweit Klöppelfrauen einmal jährlich, um ihre Klöppelarbeiten auszustellen und an einem Workshop teilzunehmen. In diesem Jahr war am vergangenen Samstag Gerbstedt der Austragungsort. Der Treff wurde von Elisabeth Jaeckel organisiert.
„Wir haben uns alle in einem Internetforum kennengelernt“, erzählte die Hettstedterin, die vor 17 Jahren diese Handarbeit für sich entdeckte. „Es ist wie ein Virus und macht süchtig“, meinte Elisabeth Jaeckel, während sie an einem Deckchen arbeitete. Dabei musste die 69-Jährige Obacht geben, denn jede Arbeit kann nur mit Hilfe eines Klöppelbriefes, der einer Strickanleitung gleichkommt, gefertigt werden. Die Möglichkeiten, mit dem filigranen Garn zu arbeiten, sind unterschiedlich. Neben Deckchen, Tischdecken und Fensterverzierungen zeigten die Klöppelfrauen auf dem Treffen eine breite Palette ihres Könnens. Weihnachtssterne, kleine Tiermotive oder gar ein Segelboot wurden von den geschulten Augen der Handarbeitsfrauen unter die Lupe genommen.
An dem Segelboot saß von Elisabeth Jaeckel mehr als ein halbes Jahr vor ihrer Klöppelrolle beziehungsweise Klöppelplatte. Dabei hat sie Garn verwendet, das der Stärke von Nähmaschinengarn gleichkommt. Damit das Kunstwerk richtig zur Geltung kommt, befindet es sich in einem Bilderrahmen hinter Glas und ziert zu Hause die Wand ihres Wohnzimmers.
Ursprünglich hat die Hettstedterin das Klöppeln an der Volkshochschule in Eisleben über viele Jahre in einem Kurs gelernt, bevor sie später selbst eine kleine Gruppe in Hettstedt leitete. Irgendwann suchte sie im Internet nach Klöppelbriefen und stieß dabei fast zufällig auf eine Interessengemeinschaft. „Und man kam ins Gespräch und organisierte ein erstes Treffen“, wie sie über das Entstehen der Gruppe informierte. Dabei sitzt Elisabeth Jaeckel in den Wintermonaten fast täglich vor ihren Klöppelbriefen. Ihre Wohnung sehe wie ein kleines Museum aus, meinte die Klöppelfrau scherzhaft.
Jede der anwesenden Frauen begann aus unterschiedlichen Gründen mit dieser speziellen Handarbeit, wie beim 5. Klöppeltreffen Mitteldeutschlands zu erfahren war. Für einige von ihnen ist es ein beruhigender Ausgleich zur Arbeit. Zwei der Teilnehmerinnen sind durch Erkrankungen zum Klöppeln gekommen. „Es ist eine Art von Ergotherapie für mein Rheuma“, meinte Sigrid Pulfer, die aus Bernau zum Treffen in Gerbstedt kam. Und Burgitta Heldt aus Gorenzen macht diese spezielle Beschäftigung sogar als Therapie gegen Burnout.
Klöppeln ist eine Handarbeit, die wieder im „Kommen“ ist, wie beim Treffen in Gerbstedt von den Teilnehmerinnen betontt wurde. Es ist jedoch nichts für Ungeduldige, denn manche Arbeiten dauern bis zur Fertigstellung durchaus ein Jahr, wobei bei einigen komplizierten und filigranen Mustern bis zu hundert Klöppelpaare zum Einsatz kommen.