Hettstedter Berufsbildungswerk Hettstedter Berufsbildungswerk: Erster Kolping-Wein ist fertig

Hettstedt/Rollsdorf - Felix Runge und Mirco Ehrhardt kennen sich aus. Die jungen Männer wissen, wie aufwendig der Weg bis zu einem guten Glas Wein ist. Als Auszubildende des Hettstedter Kolping-Berufsbildungswerkes sind sie an einer Premiere beteiligt. Sie gehören zu jenen Jugendlichen, die unter Anleitung ihrer Lehrmeister wie Ausbilder Gebhard Brosche und erfahrener Winzer wie René Schwalbe aus Rollsdorf und Winzer Günter Born aus Höhnstedt einen Weinberg bewirtschafteten.
Hettstedter Kolpingwerk als erste Einrichtung im Verband, die Wein produziert
Dessen erste Lese aus dem Vorjahr ist inzwischen in Flaschen abgefüllt und wird jetzt zum Verkauf angeboten. Die Weine der Sorten Silvaner, Müller-Thurgau und Traminer stehen an repräsentativer Stelle im Markt des Kolpingwerkes am Kupferkreisel. Der rote Portugieser reift noch im Fass. Zum Herbst soll er zu haben sein. „Die erste Ernte war top“, schwärmt Geschäftsführer Markus Feußner von der Lese im vergangenen Jahr. Sechs Tonnen Trauben konnten auf der Steillage nach dem ersten Bewirtschaftungsjahr geerntet werden. Das Mostgewicht lag bei bis zu 120 Öchsle.
Das Hettstedter Kolpingwerk hat mit Wein vom eigenen Weinberg innerhalb des Kolping-Verbandes die Nase vorn. „Wir sind die ersten mit einem solchen Produkt“, sagt Feußner. Die Arbeit auf dem Weinberg sei Teil des Konzeptes „Hof am See“ in Rollsdorf. Einerseits wird den jungen Leuten mit besonderem Förderbedarf ein spezielles Naturerlebnis ermöglicht.
Andererseits hilft das Projekt, die Kulturlandschaft zu erhalten. Viele ältere Eigentümer könnten ihre Steilhänge nicht mehr bewirtschaften, durch die Arbeit der Jugendlichen würde das Land nicht brach liegen. Bevor sich das Hettstedter Kolpingwerk für das Grundstück im Seegebiet entschied, prüfte Feußner weitere Objekte. „Wir hatten vier Angebote.“ Das Gelände in Rollsdorf erwies sich letztlich als am besten geeignet. „Wir haben dort viel Platz“, so Feußner. Alles sei für die Obstgärtner fußläufig gut zu erreichen, und der Bindersee ganz in der Nähe. „Da können die Leute auch mal zum Baden gehen.“
Tiergestützte Therapie für Jugendliche auf dem „Hof am See“ angeboten
Feußners Pläne gehen mit dem „Hof am See“ über den Weinanbau hinaus. Die auszubildenden Landschaftsgärtner pflanzten kürzlich erst 1.000 Aprikosenbäume. Wenn die Bäume Früchte tragen, wird das Obst zu eigener Marmelade verarbeitet und anschließend vermarktet. Auf dem „Hof am See“ sollen die jungen Leute auch Kontakt zu Tieren wie Hühnern oder Schafen bekommen. So will die Einrichtung jetzt auch einen gesonderten Ausbildungszweig zum Landwirt beantragen.
Feußner glaubt an den Erfolg und spricht von tiergestützter Therapie. „Unser Bauernhof bietet eine ganzheitliche Erlebniswelt, der neben einem intensiven Tierkontakt auch grundlegende landwirtschaftliche Tätigkeiten und Abläufe in den pädagogisch-therapeutischen Prozess mit einbezieht“. Die Tiere könnten den Jugendlichen helfen, verloren gegangenes Selbstwertgefühl zurückzugewinnen und die Seele zu trösten,
Noch befindet sich der „Hof am See“ im Aufbau, aber Stück für Stück wird er ausgebaut. Alte Stallgebäude werden beispielsweise wieder hergerichtet. Ein kleines Wohnheim ist geplant. Neuester Zugang auf dem Gelände ist Wildschwein Ulf. Ein Jäger hatte es als Frischling mit der Flasche aufgezogen. Nun wurde es ganz schnell zum Liebling der jungen Auszubildenden. (mz)