Gojifarm Gojifarm: Menschenfresser-Tomaten aus Siebigerode

Siebigerode - Ein Kannibale ist Mike Gaßmann nicht und will es natürlich auch nicht werden. Dennoch züchten der Agrotechniker und seine Frau Sandra auf ihrer Gojifarm in Siebigerode seit diesem Jahr auch sogenannte Menschenfresser-Tomaten. „In ihrer ursprünglichen Heimat, den Fidschi-Inseln, sollen diese Tomate vor Jahrhunderten angeblich von den Insulanern für die Zubereitung von Menschenfleisch genutzt worden sein“, klärt Gaßmann das Geheimnis um den skurrilen Namen des Nachtschattengewächses auf.
Mike Gaßmann betreibt in Siebigerode eine Gojiplantage. Diesen Beeren aus Fernost werden in der traditionellen chinesischen Medizin vielfältige Heilwirkungen zugeschrieben. Gaßmann hat diese Frucht ins Mansfelder Land geholt und vertreibt die fertigen Produkte, wie Säfte, Fruchtaufstriche oder getrocknete Beeren auf Märkten in ganz Sachsen-Anhalt. Außerdem baut er exotisches Gemüse an und verkauft es bundesweit an Restaurants.
Er bezieht sich dabei auf einen Katalog der Pflanzenwelt auf den Fidschi-Inseln, den der deutsche Forschungsreisende Berthold Carl Seemann im Jahre 1860 erstellt hat. Dort schreibt er, die Insulaner hätten ihm versichert, dass Menschenfleisch sonst eher schwer verdaulich sei. Die Insulaner sollen Seemann zufolge diese Tomatenart eigens für den Zweck kultiviert haben, um das Fleisch bekömmlicher zu machen. „Das wurde dort zusammen mit den Blättern und Früchten gekocht“, zitiert Gaßmann aus den Überlieferungen des Forschungsreisenden.
Nach dem Kochen genießbar
Heute ist diese Tomate in Europa eher unter ihrem lateinischen Namen „Solanum viride“ bekannt, den sie bereits mehr als 50 Jahre vor Seemanns Reisen durch die Inselwelt von einem deutschen Botaniker bekommen hat. Wie Gaßmann sagt, seien die Früchte im Rohzustand zwar etwas bitter, werden aber durch Kochen genießbarer. „Die Blätter der Pflanze geben einen ganz passablen Salat ab“, fügt er an. Im Moment hat er aber nur eine einzelne Pflanze. „Im nächsten Jahr kann ich dann richtig mit der Züchtung loslegen“, so Gaßmann. Genug Samen habe er bereits gewonnen.
Rund um seine Gojiplantage soll zudem ein Schaugarten entstehen, durch den Besucher spazieren können. „Eigentlich geht es mir dabei um einen Kräutergarten“, so Gaßmann zum Vorhaben. Darin will er zum Beispiel acht Sorten Basilikum anbauen. Wenn er aber exotische Gemüsepflanzen sieht, kann er nicht widerstehen. Dann nimmt er sich eine oder mehrere Pflanzen mit und versucht sich an deren Anbau und Zucht. So finden sich inzwischen rund um seine Gojipflanzen auch mexikanische Minigurken, Minikiwis, Baumspinat, roter Grünkohl und Colakraut. Aus der intensiv nach Cola riechenden Pflanze macht er zum Beispiel Tee, der wirklich nach Cola schmeckt. „Mein Sohn liebt den“, sagt er. Die exotischen Gemüse verkauft er an gehobene Restaurants in ganz Deutschland, vor allem in Berlin und Bayern. „Ich habe einfach mal ein paar Kostproben an die Küchenchefs verschickt“, sagt er. Vor allem der rote Grünkohl und der Blattspinat seien der Renner bei den Restaurants.
Eine andere Pflanze aus seinem Bestand findet eher bei Gartenbesitzern großen Anklang: die blaue Physalis. Im Gegensatz zur hier allgemein bekannten Lampionfrucht, die gelb blüht, haben Gaßmanns Pflanzen hellblaue Blüten und einen äußerst angenehmen Nebeneffekt. „Die Pflanze vertreibt die weißen Fliegen sehr zuverlässig“, erklärt der Agrotechniker. Die Früchte sollen sogar gegen Wühlmäuse helfen. „Einfach die Beeren in die Löcher stecken, vertreibt die Schädlinge“, so Gaßmann. (mz)
