Friedhofssatzung in Hettstedt Friedhofssatzung in Hettstedt: Tote Muslime können kein islamisches Begräbnis erhalten

Hettstedt - Da ist Danny Kavalier (CDU) perplex: „Was ist, wenn ein muslimischer Flüchtling bei uns stirbt? Müssen wir dann die christlichen Symbole in der Trauerhalle abnehmen?“ Mit diesen Fragen zur neuen Friedhofssatzung in Hettstedt ist auch der Bürgermeister der Stadt überfragt. „Eine solche Bestattung hatten wir bisher in Hettstedt noch nicht, aber wir werden darüber nachdenken“, sagt der Christdemokrat mit Blick auf die neue Friedhofssatzung. Sie ist von der Tagesordnung der jüngsten Stadtratssitzung genommen worden, weil es in den Ausschüssen noch zahlreiche Hinweise und Anregungen gegeben hat. Doch mit Fragen zu islamischen Begräbnisriten hatte keiner gerechnet.
Bisher noch kein Flüchtling im Landkreis gestorben
Dabei leben inzwischen mehr als 1 000 Flüchtlinge und Asylbewerber im Landkreis Mansfeld-Südharz. Die Mehrzahl von ihnen ist muslimischen Glaubens. „Allerdings ist bisher kein Flüchtling und Asylsuchender bei uns verstorben“, so Kreissprecher Uwe Gajowski. Insofern sei man mit einem Begräbnis von Muslimen noch nicht konfrontiert worden. Außerdem, so Gajowski weiter, sei dies schließlich die Sache der Städte und Gemeinden. Sie könnten dies in ihren Friedhofssatzungen berücksichtigen.
Nach dem Glauben des Islam gibt es für die Beisetzung eines Muslims genaue Regeln. Verstorbene werden nach der Waschung und dem Totengebet in ein weißes Leinentuch gehüllt. Der Tote muss dann eigentlich innerhalb von 24 Stunden beigesetzt werden. Das ist in Deutschland nicht möglich. Das Bestattungsgesetz erlaubt eine Beisetzung frühestens nach 48 Stunden. Außerdem sieht der Islam eine Beerdigung ohne Sarg vor, was hierzulande nur ausnahmsweise erlaubt ist. Der Tote wird in einem Erdgrab so abgelegt, dass sein Gesicht gen Mekka zum Heiligtum der Kaaba blickt.
Dies ist nach MZ-Recherchen freilich noch nirgendwo im Landkreis geschehen. Und wird es wohl auch so kaum geben. Entweder werden verstorbene Muslime in ihre frühere Heimat überführt und dort beerdigt. Oder für sie gibt es besondere Friedhöfe in Halle und Magdeburg, dort, wo auch schon islamische Gemeinden bestehen.
„Ein Kreuz muss deswegen jedenfalls bei uns niemand aus der Trauerhalle abnehmen“, versichert Pfarrer Sebastian Bartsch von der Hettstedter Jakobikirche, die einen eigenen Friedhof unterhält. Er vermutet jedoch, dass gerade Flüchtlinge und Asylsuchende kaum Geld haben, um im Todesfall ihre Angehörigen mit dem Flugzeug in ihre Heimatländer zurückbringen zu können. „Das kann doch keiner von denen bezahlen“, so Bartsch.
Außerdem: Wohin soll ein toter Syrier überführt werden in seinem Land, das in Krieg und Chaos versunken ist? Insofern sei es schon wichtig, sich auch bei uns stärker mit muslimischen Trauerritualen vertraut zu machen, sagt der evangelische Pfarrer, der auf seinen Pilgertouren auch die islamische Welt kennengelernt hat. Er weiß daher, dass sich deren Begräbnisse von den christlichen unterscheiden.
Kliniken kennen sich mit den islamischen Ritualen aus
Mit den islamischen Ritualen, wie dem Waschen und dem Aufbahren des Toten unter einem Tuch, kennen sich inzwischen auch Pfleger und Ärzte der Helios-Klinik in der Lutherstadt Eisleben aus. „Es gab schon Menschen islamischen Glaubens, die hier verstorben sind“, bestätigt die Medienverantwortliche Gabriele Lakomy. An drei bis vier Fälle kann sie sich erinnern. Das seien türkischstämmige Patienten gewesen, die schon länger in Deutschland gelebt hätten.
In der Regel würden die Angehörigen von verstorbenen Muslimen bestimmte Beerdigungsinstitute kennen, an die sich wenden, so Lakomy. Es gibt nach ihren Worten immer eine schnelle und reibungslose Zusammenarbeit mit diesen Beerdigungsinstituten. „Sie übernehmen alles Weitere“, so die Sprecherin des Krankenhauses. Zumeist wurden die Verstorbenen in die frühere Heimat überführt.
Was die Rituale betrifft, seien die Kliniken an hygienische Richtlinien und räumliche Gegebenheiten gebunden, die vorgeben, was möglich ist. Das gelte für alle, sagt sie. Das Waschen des Toten und das Aufbahren ist nach ihren Worten durchaus keine islamische Sache, sondern finde auch heute noch in traditionellen Gegenden in Europa statt. „Leider ist der Umgang mit dem Tod beziehungsweise dem Toten sehr aus unserem Leben verbannt worden“, bedauert Lakomy, die katholischen Glaubens ist.
Jüdische Friedhöfe in Eisleben und Sandersleben
Übrigens hat es Jahrhunderte lang nicht nur christliche Beerdigungen in Deutschland gegeben. Davon zeugen bis heute die jüdischen Friedhöfe in Eisleben und in Sandersleben. Nach dem Holocaust durch die Nazis leben keine Juden mehr in Mansfeld-Südharz. Ihre Gräber werden jedoch nicht nach einer gewissen Zeit eingeebnet. Wenn ein Verwandter oder Bekannter die Stätten besucht, legt er jedes Mal zur Erinnerung an den Toten einen Stein auf das Grab. (mz)