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Doppelmord in Mansfeld Doppelmord in Mansfeld: Schreckliche Tat macht Einwohner nach 10 Jahren noch betroffen

Von Daniela Kainz 18.07.2018, 06:00
Das Grundstück in der Waldsiedlung, wo die Morde geschahen. Ein Teil des Hauses ist inzwischen abgerissen.
Das Grundstück in der Waldsiedlung, wo die Morde geschahen. Ein Teil des Hauses ist inzwischen abgerissen. Jürgen Lukaschek

Mansfeld - Auf der kurvenreichen Ortsdurchfahrt rollen die Autos. Nur wenige Meter abseits auf dem von hohen Bäumen umgebenen Friedhof ist der Verkehrslärm kaum noch zu hören. Die Sonne sucht sich ihren Weg durch die Blätter.

Vor dem weißen Stein eines mit üppigem Grün bewachsenen Grabes steht eine Vase mit weißen Rosen. Sie wird links und rechts von einer herzförmigen Blumenschale mit einer kleinen weißen Engelsfigur und einer weiteren Blumenschale gesäumt. „Unvergessen!“ steht auf dem Grabstein.

Doppelmord von Mansfeld: Schreckliche Tat geschah vor zehn Jahren

Und der Name des einst so beliebten Mansfelder Allgemeinmediziners. „Das ist nun schon zehn Jahre her, wie die Zeit vergeht“, sagt Gisela Schepers mit Blick auf sein Sterbedatum.

Die Mansfelderin wohnt direkt gegenüber dem Friedhof und kann sich noch genau daran erinnern, als die Nachricht vom grausamem Doppelmord die Runde machte: „Alle waren geschockt und konnten es nicht glauben.“ So einen Arzt wie das Mordopfer bekomme man nicht wieder.

Auch zehn Jahre nach dem schrecklichen Ereignis ist die kleine Stadt immer noch nicht zur Ruhe gekommen. Nichts sei mehr, wie es einmal war, schildern Einwohner ihre bis heute dauernde Ratlosigkeit über die brutale Gewalttat.

Doppelmord von Mansfeld: Gabor S. tötete 76-Jährige und Bereitschaftsarzt

Zur Erinnerung: Der damals 36-jährige Gabor S. tötete in der Nacht zum 30. Juni 2008 zunächst die 76-jährige Anna S. in ihrem Haus in der abgelegenen Waldsiedlung von Mansfeld. Er wollte sich bei ihr Geld für seine geplante Flucht in die Schweiz beschaffen, danach brachte S. den von ihm herbeigerufenen Bereitschaftsarzt um.

Mit dessen Auto floh S. schließlich in das Alpenland, wo er sich einer Haftstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten wegen anderer Delikte entziehen wollte. Wenige Tage nach den beiden Morden wurde er im Kanton Bern festgenommen.

Mit dem Tod des Arztes hat sich für viele Mansfelder das Leben in der Innenstadt verändert: „Es scheint, als sei sie auch gestorben.“ Nur noch zwei Allgemeinmediziner seien im Ort, überfüllte Arztpraxen die Folge.

Kein Nachfolger für Praxis des ermordeten Arztes

Für die Praxis des Ermordeten, die sich in der Innenstadt befand, wurde kein Nachfolger gefunden. Es ist seitdem noch stiller dort, meinen viele. „Früher gab es hier auch noch einen Fleischer und einen Laden“, erinnert sich eine Frau, die gerade des Weges kommt und lieber anonym bleiben möchte. Nur das leise Plätschern des Brunnens auf dem Platz vor der früheren Arztpraxis ist vernehmbar.

„Ja, das stimmt, es ist noch stiller geworden“, sagt Ortsbürgermeisterin Sabine Metz. Der Verlust des Arztes als Mensch und als Mediziner sei allgegenwärtig. Metz vergisst nie den Tag, als die Morde bekanntwurden. „Das war das Schlimmste, was es für uns gab.“ Die menschliche Tragödie, das Unfassbare ließ nicht nur sie ratlos zurück.

Bekannte und ehemalige Patienten noch immer betroffen vom Mansfelder Doppelmord

Der Zeitpunkt des Mordes ist ihr noch sehr präsent. Metz erkrankte damals schwer und musste sich von heute auf morgen einen neuen Arzt suchen. „Der Doktor war mein Hausarzt, er war für mich und meine Familie der Arzt des Vertrauens.“

Der Gedanke an seinen Tod macht sie auch jetzt - ein Jahrzehnt später - sehr betroffen. Der Mord an der Seniorin geht ihr auch noch nah. „So eine herzensgute Frau. Sie hat keinem Menschen etwas zuleide getan.“

Metz kann bis heute nicht begreifen, warum die Rentnerin sterben musste. Zumal sich die Seniorin und der Mörder gekannt haben sollen. „Man erzählt sich, dass der Mörder auf dem Grundstück der alten Frau ein- und ausgegangen sei.“ Ihr geholfen habe.

Fast 600 Menschen bei Gottesdienst für Mansfelder Mordopfer

Das bestätigt auch eine Bewohnerin der Waldsiedlung. Von den schrecklichen Taten hat sie nichts mitbekommen. Wie auch? Das Haus der Seniorin lag noch etliche Meter von der ohnehin schon einsam gelegenen Siedlung entfernt. Heutzutage ist es unbewohnt, ein Teil des Gebäudes auf dem Grundstück, das mittlerweile den Besitzer wechselte, wurde abgerissen. Das einzige Lebenszeichen: Auf einer angrenzenden Koppel grasen Pferde.

Als der Hettstedter Pfarrer Sebastian Bartsch den Gottesdienst vor zehn Jahren für die beiden Mordopfer abhielt, war Ortsbürgermeisterin Metz auch dabei. Fast 600 Menschen fanden sich zur bewegenden Trauerfeier zusammen. Vergessen ist bei ihnen die grausame Tat bis heute nicht. „Ich bin viel in Seniorenkreisen unterwegs“, sagt Bartsch. Da würde das Gespräch noch oft auf den beliebten Mediziner kommen.

Doppelmörder Gabor S. begeht im Knast Selbstmord

„Die Leute waren damals sehr erschrocken, eine solche Tat in dieser Brutalität und Kaltblütigkeit gehört nicht zum normalen Leben dazu“, so der Pfarrer. Wenn heutzutage Erinnerungen ausgetauscht werden, dann auch aus jener Zeit, als der Arzt noch ein junger Mann war.

Fast alle Gespräche kreisen letztlich um die eine Frage: Warum wurde S. zum Mörder? Auch die Tatsache, dass sich S. Anfang des Jahres in einem Gefängnis in Burg das Leben nahm, ändert daran nichts.

Denn neben den beiden Morden in Mansfeld musste sich der Mann aus Friedrichrode später auch für den Tod einer Bekannten aus der Schweiz verantworten. Ihre skelettierte Leiche war im Jahr 2011 in einem Waldstück bei Mansfeld gefunden worden. S. stellte den Tod als Unfall dar. Die Frau soll angeblich im Streit gestürzt sein. (mz)

Die ehemalige Arztpraxis des ermordeten Arztes.
Die ehemalige Arztpraxis des ermordeten Arztes.
Lukaschek
Kriminaltechniker sicherten damals am Tatort Spuren.
Kriminaltechniker sicherten damals am Tatort Spuren.
DPA