AZV Wipper-Schlenze AZV Wipper-Schlenze: Abwasserstreit: Tote wird zur Kasse gebeten

Walbeck/Hettstedt - Die vom Abwasserzweckverband (AZV) Wipper-Schlenze verschickten Beitragsbescheide für den Anschluss ans öffentliche Abwassernetz sorgen nicht nur ob der Höhe bei Grundstücksbesitzern in Hettstedt und Umgebung für mächtig Ärger. Auch darin auftretende Fehler bringen Bürger auf die Palme. Ein großes Missgeschick sorgt bei einem Mann aus Walbeck für Unmut. „Sie können sich nicht vorstellen, was für ein Bescheid bei mir eingegangen ist“, sagte er, als er bei der MZ anrief, „nicht nur ich habe einen Bescheid bekommen. Auch meine vor sieben Jahren verstorbene Frau soll Anschlussbeitrag bezahlen.“ Ein Bescheid über 600 Euro sei auf ihren Namen ausgestellt.
Ortswechsel für die Verbandsversammlung des Abwasserzweckverbandes (AZV) Wipper-Schlenze: Die Sitzung am kommenden Donnerstag, 19. November, findet nicht wie vorgesehen im Hettstedter Ratssaal, sondern im Gemeindesaal in Walbeck statt. Grund ist eine Veranstaltung, die am gleichen Tag im Ratssaal durchgeführt wird, hieß es von der Hettstedter Stadtverwaltung. Im Saal in Walbeck sei für rund 200 Personen Platz. Beginn der AZV-Sitzung ist am Donnerstag um 18 Uhr.
„Wo hat der AZV nur seine Daten her“, fragt der Walbecker. Geschäftsführer Steffen Zwanzig erklärt dazu, dass der Verband Daten vom Landesamt für Vermessung und Geoinformation erhalten habe. Der Fehler bei dem Bescheid sei aber weniger beim AZV zu suchen. „Wahrscheinlich ist die Frau noch im Grundbuch eingetragen. Das hätte man ändern lassen müssen“, so Zwanzig. Der Walbecker könne natürlich in Widerspruch gehen. Gehört dann ihm jedoch die Grundstücksfläche, die im Bescheid der Frau angegeben ist, muss er wohl die 600 Euro zahlen.
In Widerspruch gehen - das werde er sowieso, meint der Mann, der auch über seinen Bescheid unzufrieden ist. Über 1 800 Euro soll er berappen. Dabei sei der Beitragssatz von 3,78 Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche für Neuanschlussnehmer herangezogen worden, obwohl er im Jahr 1989 den Kanalanschluss selber verlegt habe und demnach den Beitragssatz für Altanschlussnehmer von 1,02 Euro pro Quadratmeter zahlen müsste, sagt er. „Ich lasse mir das Ganze vom AZV nicht bieten.“ Neben dem eingelegten Widerspruch habe er sich an die Hettstedter Bürgerinitiative gegen die nachträgliche Erhebung von Anschlussbeiträgen gewandt, die mittlerweile einen Verein gegründet hat.
Mit Anliegen zu Bescheiden kommen täglich Bürger in das seit Kurzem eröffnete Bürgerbüro in der Breiten Straße 8 in der Kupferstadt. Einige seien bewegend, es geht um Existenzen. So erfuhren Mitarbeiter kürzlich, dass ein älteres Ehepaar die geforderte Summe nicht aufbringen kann, nicht mehr kreditwürdig ist und nun das Haus zum Verkauf anbieten muss. Der Verein versucht, wo es geht, zu helfen. Er strebt eine Normenkontrollklage beim Oberverwaltungsgericht an und sucht weiterhin Mitglieder, die sich gegen die Forderungen wehren und an einer gemeinsamen Klage finanziell beteiligen wollen. Über 200 Grundstücksbesitzer, die jeweils 50 Euro pro Jahr Beitrag zahlen, sind mittlerweile Mitglied geworden. Und wie Vereinssprecher Wilfried Schön sagt, seien in letzter Zeit darunter vermehrt Inhaber von in Hettstedt ansässigen Unternehmen. Einige davon haben laut Schön Bescheide erhalten, in denen hohe fünfstellige und sogar sechsstellige Beitragssummen gefordert werden. Er und seine Mitstreiter vom Verein befürchten angesichts dessen eine enorme Schwächung der hiesigen Wirtschaft. „Mit diesen Bescheiden werden bei uns Firmen kaputt gemacht“, sagt Schön. Zig Arbeitsplätze würden auf dem Spiel stehen.
Welche Summe auf die Stadt Hettstedt zukommt, die mehrere Grundstücke hat, ist nach wie vor noch unklar. Der Sammelbescheid ist bei der Stadt noch nicht eingegangen, hieß es auf Anfrage. (mz)