"Alles eine große Enttäuschung" "Alles eine große Enttäuschung": Betrieb im Ziegenhof Pfeiffhausen eingestellt?

Pfeiffhausen - Eigentlich hätten Wilfried und Brigitte Voigt längst etwas ruhiger treten wollen. „Wir sind ja schließlich auch nicht mehr die Jüngsten“, sagt Brigitte Voigt (72); ihr Mann ist 73 Jahre alt. Doch nun muss das Ehepaar noch einmal ran: „Wir bauen den Hof wieder auf - zum dritten Mal“, sagt Wilfried Voigt. Er ist Eigentümer des Landschaftspflege- und Ziegenhofs Pfeiffhausen (Stadt Gerbstedt) - und musste in den vergangenen Monaten mit ansehen, wie der früher florierende Betrieb den Bach runtergegangen ist.
Betrieb eingestellt? - Tiere Verkauft, Hofladen und Käserei in Pfeiffhausen geschlossen
„Fast alle Ziegen sind verkauft, der Hofladen ist geschlossen, die Käserei ist stillgelegt“, sagt Voigt. Er geht davon aus, dass der Pächter Tobias Fritzsche den Betrieb komplett eingestellt habe. „Wir wissen leider nichts Genaues. Wir hatten im Juni zum letzten Mal ein persönliches Gespräch.“ Dabei sei es um ausstehende Pachtzahlungen gegangen. „Wir wollten ihm helfen und haben einen Zahlungsplan verabredet“, so Voigt. Leider habe Fritzsche die Vereinbarung nicht eingehalten.
„Für uns ist das alles eine große Enttäuschung“, sagt Brigitte Voigt. „Wir haben so viel Arbeit und Herzblut - und natürlich auch Geld - in den Hof gesteckt. Das tut weh.“ Zumal sich das Ehepaar nicht erklären kann, warum Fritzsche offenbar gescheitert ist. „Er war ja zwei Jahre unser Mitarbeiter, und er war gut. Wir waren uns sicher: Er kann das“, so Brigitte Voigt. „Wir haben ihn ja deshalb auch bei der Finanzierung unterstützt und eines unserer Gebäude als Kredit-Sicherheit zur Verfügung gestellt.“
Der gelernte Milchwirtschaftliche Laborant aus Klostermansfeld hatte seit 2013 auf dem Ziegenhof gearbeitet. Anfang 2016 hatte Fritzsche als Geschäftsführer der neu gegründeten Landgut Pfeiffhausen GmbH den Betrieb des Ziegenhofs mit der Käserei und dem Hofladen übernommen. Im August 2016 erhielt er als Erster in Sachsen-Anhalt eine Agrar-Bürgschaft. Vor etwa einem Monat hatte Fritzsche gegenüber der MZ von wirtschaftlichen Schwierigkeiten gesprochen. Sein Konzept sei nicht so aufgegangen, wie erhofft. Ob er mittlerweile ein Insolvenzverfahren beantragt hat, ist unklar. Im Insolvenzregister findet sich bislang keine Bekanntmachung. Für die MZ war Fritzsche nicht erreichbar.
Hof in Pfeiffhausen brannt 2011 ab
Wilfried Voigt wurde 1943 auf dem Hof geboren. In den 1950er Jahren wurde die Familie unter fadenscheinigen Umständen enteignet - Voigts Vater und Großvater wurden vor Gericht gestellt und zu einer mehrjährigen Zuchthausstrafe verurteilt. Die Familie flüchtete in den Westen.
Nach der Wende erhielten Wilfried und sein Bruder Hartmut Voigt den Grund und Boden der Familie zurück und begannen mit der Bewirtschaftung. Wilfried und Brigitte Voigt pendelten zwischen Köln und Pfeiffhausen und bauten den Landschaftspflege- und Ziegenhof auf. In Zusammenarbeit mit der Evangelischen Stadtmission Halle wurden dabei auch Arbeitsplätze für behinderte Menschen geschaffen. 2011 brannte der Hof ab - und Voigts mussten ihn zum zweiten Mal wieder aufbauen. Nun also der dritte Neuanfang. „Wir werden die Pachtverträge kündigen und einen neuen Betreiber suchen“, sagt Wilfried Voigt. „Es geht auf jeden Fall weiter.“
Schon allein deshalb, weil sich der Ziegenhof einen „ausgezeichneten Ruf“ erarbeitet habe. Die drei Ferienwohnungen seien gut belegt, auch Wohnwagen-Touristen würden regelmäßig auf dem Hof Station machen. „Um den Leuten wenigstens ein bisschen Bauernhof bieten zu können, haben wir jetzt erst einmal ein paar kleine Ziegen angeschafft“, so Voigt. Daraus soll dann wieder ein Streichelzoo werden. Eine weitere Herde mit 17 Muttertieren stehe auf der Sommerweide auf der „Sittichenburg“. „Unsere Landschaftspflege gGmbH läuft nach wie vor weiter“, so Voigt. (mz)