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Corona bremst Umsatz Harzer Schmalspurbahnen HSB standen 122 Tage im Jahr 2020 still: Corona-Lockdown drückt Umsatz und Zahl der Fahrgäste

25.02.2021, 09:56
Besonders eindrucksvoll ist die Brockenbahn, wenn sie mit Dampf durch den Schnee schnauft.
Besonders eindrucksvoll ist die Brockenbahn, wenn sie mit Dampf durch den Schnee schnauft. ZB

Wernigerode - Die Coronapandemie hat im vergangenen Jahr zu deutlichen Fahrgast- und Umsatzeinbußen bei Brocken-, Selketal- und Harzquerbahn geführt. Das teilte Dirk Bahnsen, der Sprecher der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB), mit.

Gemeinsam mit den Bundesländern Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie den kommunalen Gesellschaftern sei es dem Unternehmen bis Jahresende aber auch gelungen, wichtige Weichen für die Absicherung ihrer finanziellen Zukunft zu stellen. Eine Bilanz des Coronajahrs 2020.

An insgesamt 122 Tagen ruhte der Betrieb auf weiten Teilen des 140,4 Kilometer umfassenden Streckennetzes. Davon betroffen war auch die wirtschaftlich entscheidende Brockenstrecke. Darüber hinaus musste der Brockenverkehr zusätzlich an elf Tagen witterungsbedingt entfallen, an weiteren 39 Tagen fand laut HSB nur ein ausgedünnter Verkehr statt.

Zu den Ausfällen wegen des Lockdowns kamen elf Tage Ausfall wegen des Wetters

Lediglich auf dem durch Berufs- und Schülerverkehr geprägten thüringischen Abschnitt zwischen Nordhausen und Ilfeld blieb bislang ein annähernd unverändertes Fahrtenangebot bestehen.

Begrüßte das kommunale Bahnunternehmen im Jahre 2019 insgesamt noch knapp 1,2 Millionen Fahrgäste in seinen Zügen, so waren es 2020 rund ein Drittel weniger. Auf der Brockenbahn waren dabei rund 452.000 Reisende unterwegs, auf der Harzquerbahn im Bereich Nordhausen waren es 277.000, und mit den Zügen der Selketalbahn fuhren 40.000 Fahrgäste.

Mit 21.000 Passagieren reisten im Vergleich zum Vorjahr auch rund 50 Prozent weniger Gäste in Sonder- und Charterzügen durch den Harz. Die ursprünglich für den 30. April vorgesehene Welturaufführung der neuen Veranstaltung „Faust auf dem Brocken – Rocktheater nach Goethe“ musste verschoben werden. Wegen des Lockdowns wird die erste Aufführung nun voraussichtlich erst im kommenden Herbst stattfinden.

Auch beim Jahresumsatz hatte die HSB Einbußen hinzunehmen. Waren es 2019 noch über 14 Millionen Euro, so erzielte das Unternehmen im vergangenen Jahr nur noch etwa 10 Millionen Euro an Einnahmen. Durch den Rettungsschirm des Bundes und der Länder für den Öffentlichen Personennahverkehr konnten diese Verluste nach HSB-Angaben allerdings weitestgehend aufgefangen werden.

HSB-Sprecher kündigt die nächste Erhöhung der Fahrpreise an

„Unabhängig von Corona erfordern weiterhin steigende Aufwendungen in allen Geschäftsbereichen auch in diesem Jahr eine Anpassung der Ticketpreise“, informierte HSB-Sprecher Dirk Bahnsen. So kosten Brockenfahrten ab dem 1. März 33 Euro für die einfache Fahrt und 49 Euro für die Hin- und Rückfahrt.

Das sind jeweils zwei Euro mehr als bisher. Zahlreiche Preise im HSB-Tarifgefüge blieben allerdings stabil. Beibehalten würden ebenfalls die Preisnachlässe für Familien und auch für Fahrgäste, die nicht in den vollen Vormittags-, sondern erst am ruhigeren Nachmittag auf den Brocken fahren möchten.

„Mit Hochdruck“, so Bahnsen, „setzte das kommunale Bahnunternehmen seine nachhaltige Personalentwicklung fort.“ Dazu zähle „neben neuen Wegen bei der Personalgewinnung insbesondere auch das erreichte branchenübliche Lohnniveau“. Im Zuge des Generationswechsels sucht die HSB aber weiterhin Fachkräfte für den Fahrbetrieb sowie ingenieurtechnischen und

kaufmännischen Nachwuchs. Seit 1997 hat das Unternehmen bereits 72 junge Menschen erfolgreich ausgebildet. 2020 kamen wieder fünf neue Berufsstarter hinzu, weitere sechs werden im August dieses Jahres folgen, darunter auch ein Kaufmann für Verkehrsservice.

Zwei Brücken und mehrere Bahnübergänge wurden 2020 saniert

Im Jahr 2020 habe die HSB auch die Instandhaltung ihrer Streckeninfrastruktur fortgesetzt, hieß es. Bedingt durch die Pandemie konnten zwar nicht alle geplanten Vorhaben wie gewünscht umgesetzt werden, dennoch wurden unter anderem die Vorbereitungen für zukünftige Bauvorhaben - wie beispielsweise die Sicherung von Bahnübergängen - fortgeführt.

Aber auch zahlreiche kleinere Projekte seien umgesetzt worden. So wurden zwei Brücken und ein Gebäude der Fahrzeugwerkstatt saniert sowie neue Büroräume für Mitarbeiter geschaffen.

„Eine weitere wichtige Zukunftsaufgabe ist die langfristige Instandhaltung des historischen Fuhrparks, zu dem unter anderem 25 Dampflokomotiven zählen“, so Bahnsen. Auch hier setzte die HSB die Arbeiten trotz Corona fort.

Insgesamt sind an neun Dampflokomotiven, drei Diesellokomotiven, drei Triebwagen und zwölf Reisezugwagen in externen Werken sowie in der eigenen Fahrzeugwerkstatt in Wernigerode Untersuchungen und Instandsetzungen erfolgt.

Seit Juli 2020 wird die neue Dampflokwerkstatt in Wernigerode gebaut

„In großen Schritten kommt derweil auch der Bau der neuen Dampflokwerkstatt voran“, sagt Bahnsen. Am 23. Juli beging die HSB das Richtfest für das bislang größte Bauprojekt seit ihrer Gründung im Jahre 1991. Im Herbst soll der letzte Bauabschnitt abgeschlossen sein, dann kann die schwere Instandhaltung an den Dampflokomotiven beginnen.

Doch nicht nur im personellen und technischen Bereich habe die HSB für die Zukunft vorgesorgt, so Bahnsen. „Auch finanziell stellte sie im Jahr 2020 die Weichen für die kommenden Jahre.“

So schlossen die Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen mit dem Unternehmen einen gemeinsamen Rahmenvertrag über den Erhalt der Harzer Schmalspurbahnen GmbH sowie Verkehrsverträge jeweils mit Wirkung vom 1. Januar und einer Laufzeit bis 2030 bzw. 2034.

Darüber hinaus unterzeichneten das Land Sachsen-Anhalt und die HSB eine Vereinbarung über die Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen. Bereits bis zum Jahresende 2020 hatten die neun kommunalen Gesellschafter ihre jährliche finanzielle Unterstützung verdoppelt.

„Mit ihren heute rund 260 Mitarbeitern bildet die beliebte Dampfeisenbahn die touristische und verkehrliche Klammer des Harzes“, so Bahnsens Fazit. Die aktuelle Betriebsruhe auf dem Streckennetz und der zwischen Wernigerode und Schierke gefahrene „Notfahrplan“ müssten jedoch vorerst auch weiterhin bestehen bleiben.

Das Unternehmen werde den Zugverkehr erst wieder aufnehmen und die für viele Mitarbeiter zum Teil schon seit mehreren Monaten andauernde Kurzarbeit beenden können, so Bahnsen, wenn die Pandemie es zulasse. (mz/iku)