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Nur 75 Minuten Show ZZ Top rocken die Peißnitzbühne in Halle

Von Mathias Schulze 16.06.2019, 06:25
Rocker mit Bart: ZZ Top begeisterten in Halle.
Rocker mit Bart: ZZ Top begeisterten in Halle. Silvio Kison

Halle (Saale) - Zunächst, genau genommen von 20 bis 22.15 Uhr, ist alles solide bis begeisternd. Die Kutten passen, die Cowboyhüte sitzen, am Samstagabend kann man in Halle leicht bekleidet die Tattoos zeigen.

Das Publikum, gut 10.000 sind zur Peißnitzbühne gekommen, ist überwiegend männlich und im reiferen Alter. Die Fans haben sich rausgeputzt, die Zeichen stehen auf Rock, T-Shirts machen es klar: The Rolling Stones, Motörhead, AC/DC, Kiss. Und natürlich ZZ Top.

Auch die Selbstironie, die Billy Gibbons (Gitarre, Gesang) , Dusty Hill (Bass, Gesang) und Frank Beard (Schlagzeug) pflegen, ist im Publikum auf bedruckten Kleidungsstücken zu finden: „Waschbrettbauch hatte ich schon, steht mir nicht!“

Es herrscht Volksfeststimmung, innig verschmelzen Crêpes – und Grillgerüche. Der Gitarrist Siggi Schwarz schafft mit seinem Rock-Trio genau das, was eine Vorband leisten soll: unterhalten und Vorfreude schüren.

Gegen 21 Uhr ist es dann soweit, mit dem stampfend treibenden Song „Got Me Under Pressure“ huldigen die drei Texaner von ZZ Top, alle um die 70 Jahre alt, gleich jenen anspruchsvollen Damen, die nichts weniger als alles verlangen.

Ob weiße Bärte und Sonnenbrillen reichen? Bunt glitzern die Instrumente, Dusty Hill begrenzt seinen Radius auf ein, zwei Schritte vor und zurück. Das reicht, um Billy Gibbons, der mal in die Hocke geht, mal die Gitarre nach unten hält, als den Agileren erscheinen zu lassen.

Im Publikum nicken die Köpfe, die gehörnte Hand, dieser in der Metal- und Rockszene so beliebte Gruß, begrüßt den heißen Blues, Country, Boggie und Rock. Zeit für offene Herzen. Songs wie „Gimme All Your loving“, „I'm Bad, I'm Nationwide“ oder „My Head's In Mississippi“ haben so viel Sonne im Nacken, dass sie vermutlich den Paradiesapfel, also die Grapefruit, immerhin ein Wahrzeichen von Texas, schneller, praller und saftiger wachsen lassen.

So überzeugend der mit Synthesizern und Soul abgeschmeckte Sound ins Blut geht, so schwierig wird es mit dem optischen Genuss in den hinteren Reihen. Von dort aus sieht man kaum etwas - sofern man nicht zufällig zwei Meter Körperlänge vorzuweisen hat. Videoleinwände gibt es nicht, also klettert jemand schon mal auf jenen Wagen, der die Biervorräte schützt. Es dauert wenige Minuten, bis die Security diese Aussicht beendet.

Immerhin stehen noch ein paar Bäume auf dem Gelände.

Während auf der Bühne Leuchtsterne blinken, gibt der beinah volle Mond auch zu Songs wie „Sixteen Tons“, „Sharp dressed man“, „Legs“ und „La Grange“ seinen Segen. Auf der Bühne flutscht die Wackelknie- und Gitarren-Choreografie, mit dem Song „Jailhouse Rock“ wird es wunderbar heiß und dreckig.

Keine Frage, kurz vor 22 Uhr hat ein entzückendes Konzertambiente die anfängliche Volksfeststimmung pulverisiert. Doch dann ist der Spaß auch schon vorbei, die Arbeit wird nach 75 Minuten eingestellt, da helfen auch keine Begeisterungsstürme.

Ein abrupter Abbruch, ein kalter Entzug. In den Reihen murrt es, den paar eingesammelten Stimmen, die mitten in ihren ZZ Top-Shirts stecken und von einer großen Enttäuschung reden, kann nicht widersprochen werden.

So bekommt die 50-jährige Bandgeschichte, zumindest in Halle, ein unwürdiges Ende. ZZ Top muss es als Kompliment verstehen: 75 Minuten sind definitiv zu kurz. (mz)