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Zoo Halle Zoo Halle: Wie der Direktor des Bergzoos Dennis Müller mehr Besucher nach Halle holen will

07.12.2016, 07:30
Dennis Müller ist Direktor des halleschen Bergzoos - und hat viel vor mit dem Tierpark.
Dennis Müller ist Direktor des halleschen Bergzoos - und hat viel vor mit dem Tierpark. Silvio Kison

Halle (Saale) - Der Bergzoo Halle ist die beliebteste Freizeiteinrichtung der Stadt - nicht erst seit der Geburt der beiden kleinen Elefanten in diesem Jahr. Aber der neue Zoodirektor Dennis Müller krempelt den Tierpark kräftig um - und hat ehrgeizige Pläne. So wird sich nicht nur das Gesicht des Bergzoos verändern, auch will Müller mehr Besucher nach Halle holen. Die sollen vor allem aus Leipzig kommen - ausgerechnet aus Leipzig, wo einer der beliebtesten Zoos in ganz Deutschland steht. Gert Glowinski und Robert Briest haben mit dem 33-jährigen promovierten Veterinärmediziner gesprochen.

Ihr Start in Halle im vergangenen Jahr war holprig. Vier Tiere starben, zwei Raubkatzen, zwei Elefanten. Dazu ein Schimpansenausbruch. Haben Sie mal überlegt, gleich wieder zu gehen?

Müller: Nie, auch wenn diese Vorfälle nur wenige Kollegen in dieser Häufung erleben müssen. Ich hatte diese Vorfälle ja auch nicht durch persönliches Falsch-Handeln zu verantworten. Es handelte sich eher um eine Häufung tragischer, jedoch auch unvorhersehbarer Unfälle oder altersbedingte Krankheiten – an schlechte Omen glaube ich nicht.

In diesem Jahr lief es dagegen viel besser. Vor allem die Geburt der zwei kleinen Elefanten war eine Sensation. Wie hat sich die auf das wirtschaftliche Ergebnis niedergeschlagen?

Müller: Die Geburt der beiden Elefanten hat uns ein großes Besucherwachstum beschert. Geplant hatten wir mit 300.000 Besuchern, 25 Prozent mehr sind gekommen. Wir werden am Ende des Jahres sicher auf über

400.000 Besucher kommen. Das wäre ein neuer Rekord für uns. Wir erzielen pro Besucher etwa fünf Euro Erlös – damit haben wir bis Ende des Jahres ein Ergebnis im sechsstelligen Bereich.

Sie haben in diesem Jahr die Preise erhöht - auf 9,50 Euro für eine Tageskarte. Erhöhen Sie 2017 erneut?

Müller: Nein. Wir werden erst wieder über Preiserhöhungen nachdenken, wenn wir ein größeres Angebot im zoologischen Bereich haben. Wir brauchten die Erhöhung, um die Teuerungen der letzten Jahre, insbesondere beim Personal, zu kompensieren. Wir sind aber noch deutlich unter dem Preisniveau der Umgebung. Für die Hallenser haben wir dabei ein Gegenangebot geschaffen, indem wir den Preis für Jahreskarten von 45 auf 35 Euro für einen Erwachsenen gesenkt haben.

Sie wollen den Zoo bis 2031 modernisieren und attraktiver machen. Aus der Stadtpolitik kam der Vorschlag, eine Seilbahn auf den Reilsberg zu bauen. War diese Idee für Sie denkbar?

Müller: Ich habe sie gern angenommen, weil sie Ausdruck war für das, was wir erreichen wollen: eine Verknüpfung mit Freizeitvergnügen entlang der Saale. Da wäre die Seilbahn natürlich der Königsweg gewesen. Dagegen entschieden haben wir uns nicht so sehr wegen der Kosten, sondern weil wir einen schnellen Aufschlag schaffen, die politische Stimmung nutzen wollten, um unsere vordringlichsten Ziele zu erreichen. Der Bau einer Seilbahn hätte zehn Jahre gedauert. Nun setzen wir Dinge um, die jetzt wichtig sind.

Dazu zählen in Phase eins ihres Zukunftsprogramms, die 21 Millionen Euro kosten soll, etwa der neue gläserne Saaleeingang und ein Parkhaus an der Seebener Straße. Welchen Besucherzuwachs versprechen Sie sich davon?

Müller: Wir wollen ja nicht nur in das Eingangsgebäude investieren. Wir wollen das Elefantengehege neu inszenieren, ein freizugängliches Nachttierhaus und zwei neue Gehege bauen. Es wird ein Paket geschnürt, und ich hoffe, dass wir damit eine ähnliche Ausstrahlung erreichen wie 2016 mit den Elefanten. Ich halte auch dauerhaft 400.000 Besucher für realistisch.

Wo sollen die Besucher herkommen? Aus Leipzig?

Müller: Das ist der naheliegendste Wachstumsmarkt. Der Großraum Leipzig hat 750.000 Einwohner.

Sie greifen tatsächlich den Leipziger Zoo an?

Müller: Wir bieten etwas anderes an als die Leipziger Kollegen. Wir kopieren nicht den Leipziger Zoo, sondern unterscheiden uns sehr, platzieren uns ganz anders im Wettbewerb.

Wo sind die Unterschiede?

Müller: Das beginnt schon bei der Größe. Wir haben neun Hektar, Leipzig 25. Das bedeutet dort eine hohe Unterhaltslast, die nur mit entsprechenden Ticketeinnahmen abzudecken sind. Die generieren die Leipziger auch über höhere Preise (Die Tageskarte kostet in der Hauptsaison 21 Euro, Anm. d. Red.), wegen denen sie teilweise die Leipziger mit mittleren Einkommen verlieren. Auch deshalb müssen sie Touristen anlocken. Vor 15 Jahren noch eine absurde Idee, weil es keinen Zootourismus gab. Aber es funktioniert. Leipzig macht das toll, aber der Zoo besetzt damit einen Markt, in den wir nicht reinwollen. Das schafft Platz vor unserer Haustür. Wir sind ein Nachmittagszoo. Die Größe ist eine Wachstumschance. Wenn man mit Kindern in den Zoo geht, sind die oft nach zwei Stunden erschöpft. Da hat man in Leipzig vielleicht das Gondwanaland geschafft.

Haben Sie ein Werbekonzept für Leipzig?

Müller: Wir bespielen Leipzig ganz bewusst mit einem Teil unseres Werbebudgets. Unser Motto „Zoo nah dran“ ist dabei Programm. In Leipzig schauen die Besucher auf eine große Löwenanlage: Da liegt das Tier dann ganz hinten in der Ecke. Was uns einmalig macht, ist die durch unsere Topographie bedingte wechselnde Perspektive auf die Tiere - von oben und von unten. Auch dadurch gelangt man auch näher an die Tiere heran.

Weniger Platz für die Tiere, damit es die Besucher bequemer haben? Klingt nicht sehr fortschrittlich ...

Müller: Ganz so ist es ja nun auch nicht. Dennoch. Der Aktionsradius, den die Großkatzen in Leipzig nutzen, unterscheidet sich kaum von dem bei uns. Wie groß die künstliche Welt sein muss, um den Besucher zu befriedigen, ist etwas anderes als das, was man für die tiergerechte Haltung braucht. Großkatzen zu animieren, überhaupt Fläche zu nutzen, ist ganz schwierig. Sie sind von ihrer Natur her Energieoptimierer, das heißt, sie schlafen 20 Stunden am Tag. Ihr größtes Aktivitätspensum, die Jagd, können weder wir noch Leipzig bieten. Platzbedarf zum Spazierengehen ist eine sehr menschliche Sichtweise, wird von den Tiere aber kaum wahrgenommen.

Als im Oktober der Löwe Bono eingeschläfert wurde, stand die Zukunft der Großkatzen in Halle in Frage. Gibt es dazu nun schon eine Entscheidung?

Müller: Wir werden mit Großkatzen weiter machen. Die baulichen Bedingungen sind nicht schlecht. Unsere Tiere zeigen ein ganz natürliches Verhalten. Deshalb gibt es für mich keinen Grund, einen Schnitt zu machen, auch wenn ich perspektivisch eine Art aus dem Haus herausnehmen möchte, um den anderen mehr Platz zu geben.

Welche?

Müller: Der Löwe soll ein neues Haus an anderer Stelle bekommen, auch weil er didaktisch dort nicht mehr ins Konzept passt, das rund um das Großkatzenhaus künftig Regenwald heißt. Wir wollen einen für Deutschland neuen Weg gehen: Die meisten Zoos, wie auch Leipzig, folgen bei der Anlagengestaltung einem geographischen Konzept. Man läuft durch Asien, Afrika. Aber das ist Augenwischerei. Es ist kein biologisches Modell, weil Afrika von der Sahara bis zum Kap so unterschiedlich ist. Die Tiere passen sich nicht dem Kontinent, sondern dem Lebensraum an. Das wollen wir zeigen. Da können wir auch unseren Berg bespielen, wollen deshalb bewusst Tiere aus bergigen Regionen zeigen. Deswegen war eines meiner ersten Projekte, die Steppen- gegen Bergzebras zu tauschen.

Wo soll denn der Löwe hin?

Müller: Auf den Berg. Es gibt da eine angepasste Unterart, den Berberlöwen. Der ist eigentlich ausgestorben, konnte in Zoos aber genetisch erhalten werden. Der wäre für uns der konzeptionell richtige Löwe, da er aus der Atlasregion stammt.

Welche neuen Tiere wollen Sie denn außerdem, sowohl aus pädagogischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht?

Müller: Ich denke eher aus Besuchersicht. Da stehen die großen Säugetiere im Fokus. Alles jenseits der Nagetiergröße ist attraktiv – aber nicht uneingeschränkt. Die fünfte Affenart kann der Besucher nicht mehr aufnehmen. Es geht darum, Vielfalt zu zeigen. Wir müssen also Tiere holen, die wir so nicht mehr im Bestand haben - wie Bären. Deshalb soll der Brillenbär kommen: Er ist groß, attraktiv, Bergbewohner, im Bestand gefährdet und es gibt ein gutes Zoozuchtprogramm. Er erfüllt also alle Kriterien, die an einen Zoo bei seiner Arbeit gestellt werden. Das gleiche gilt auch Großteils für den Puma. Allerdings fehlt hier das Zuchtprogramm.

Neue Tiere sollen kommen, welche sollen weichen?

Müller: Wir haben zu viele Haustiere. Wenn wir drei Arten zeigen, die für die Besucher unterm Strich alle Ziege sind, dann verschenke ich Platz. Da reicht die Zwergziege, die die Besucher streicheln können – das allein ist ein wertvolles Erlebnis und für die Besucher attraktiv.

(mz)