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Krankenschwestern angeklagt Wurde Sechsjähriger mit Blinddarmentzündung am Elisabethkrankenhaus Halle (Saale) abgewiesen?

Von Silvia Zöller 28.11.2016, 16:00
Die Angeklagten mit ihren Verteidigern im Amtsgericht.
Die Angeklagten mit ihren Verteidigern im Amtsgericht. Holger John / VIADATA Photo

Halle (Saale) - Wie viel Freundlichkeit herrscht in der Notfallambulanz des Elisabeth-Krankenhauses? Und wie schnell kann und muss ein Kind in einer Klinik untersucht werden? Diese Fragen stellen sich jetzt am Amtsgericht Halle. Dort müssen sich seit Montag zwei Krankenschwestern des Elisabeth-Krankenhauses wegen unterlassener Hilfeleistung verantworten.

Die Anklage wirft den 38 und 44 Jahre alten Frauen vor, im November 2014 als diensthabende Schwestern einen sechsjährigen Jungen abgewiesen zu haben, obwohl er so hohes Fieber und so starke Bauchschmerzen hatte, dass er nicht mehr laufen konnte. Die Mutter ließ das Kind daraufhin in der Uniklinik untersuchen - wo der Junge noch am selben Abend mit einer akuten Blinddarmentzündung notoperiert wurde.

Klage gegen Krankenschwestern: Eigentlich hätte es nicht zu einer Verhandlung kommen sollen

Eigentlich hätte es nicht zu einer Verhandlung kommen sollen - die Staatsanwaltschaft hatte angeboten, das Verfahren gegen eine Geldbuße einzustellen. Doch das lehnten die Verteidiger ab: „Wir fordern einen Freispruch“, so Rechtsanwalt Frank Hummel. Denn beide Krankenschwestern weisen die Vorwürfe weit von sich: Vielmehr sei die Mutter des Kindes sehr laut geworden, habe keinen Einweisungsschein vorgewiesen und auch nicht die Versichertenkarte für das Kind vorgelegt. Nach fünf bis zehn Minuten sei die Frau gegangen, das Kind habe keine der beiden Schwestern überhaupt zu sehen bekommen. Eine Behandlung sei jedoch zu keinem Zeitpunkt abgelehnt worden.

Beide Angeklagte ließen die Erklärungen über ihre Anwälte verlesen und sagten selbst nicht aus. „Meine Mandantin ist seit über zehn Jahren am Elisabeth-Krankenhaus beschäftigt, erledigt ihren Dienst mit Sorgfalt und es gab noch nie eine Beschwerde“, so Rechtsanwältin Vanessa König für die jüngere Angeklagte.

Amtsgericht Halle: Vernehmung der Mutter des Jungen und weiterer Zeugen

Mit der Vernehmung der Mutter des Jungen und weiterer Zeugen wurde die Situation plastisch: Es hatte Stress auf beiden Seiten gegeben. Zum einen war die Mutter wegen des schlechten Gesundheitszustandes ihres Sohnes aufgebracht und wurde auch laut. „Ich war mit der Situation überfordert“, gab sie in der Verhandlung zu. Und auch, dass sie sehr emotional geworden sei, weil sie auf den ambulanten Notdienst vertröstet wurde, der jedoch erst eineinhalb Stunden später Dienstbeginn hatte.

Zum anderen war zu diesem Zeitpunkt die erfahrene Angestellte in ihrer Pause, die normalerweise die Patienten aufnimmt und nach eigener Aussage aufgeregte Eltern nicht zum ersten Mal erlebt hat. So nahmen sich die Kinderkrankenschwester und ihre Kollegin - die an diesem Tag vertretungsweise eingesetzt wurde - dem Fall an, wie in der Verhandlung zu erfahren war. „Es war schon eine Weile laut auf dem Flur“, fasste eine Zeugin zusammen.

Verhandlung am Amtsgericht: Was das Ergebnis des Wortstreites war

Was das Ergebnis des Wortstreites war, machte Richter Nikolai Petersen deutlich: Das Problem war wahrscheinlich, dass es bei der Klägerin nicht angekommen war, dass im Notfall auch ein Arzt gerufen wird - und zwar unabhängig von den Sprechstunden des ambulanten Kindernotdienstes. Am kommenden Verhandlungstag soll ein Urteil fallen, nachdem noch weitere Zeugen gehört wurden.

Thomas Wüstner, Geschäftsführer des Elisabeth-Krankenhauses räumt auf MZ-Nachfrage ein, dass „es in der Kindernotfallambulanz hin und wieder Beschwerden gibt.“ Eine konkrete Zahl nennt er nicht. „Was wir jedoch bekräftigen, ist, dass die Besetzung der Ambulanz korrekt ist. Es herrscht keine Personalnot“, so Wüstner. Ein Arzt für Notfälle sei immer verfügbar. Und auch die Freundlichkeit der Mitarbeiter werde regelmäßig geschult, denn sie sei sehr wichtig, egal zu welcher Tageszeit oder wie der Andrang gerade ist. (mz)

Das Elisabeth-Krankenhaus in Halle
Das Elisabeth-Krankenhaus in Halle
Lutz Winkler/Symbol Lizenz