Wohnungsausstatter Lührmann Wohnungsausstatter Lührmann : Möbel-Männer mit Tradition und Zukunft

Halle (Saale) - Sie stehen zumeist auf der grünen Wiese, in den nüchternen Gewerbegebieten. Dort, in den großen, anonymen Quadern, lagern die Möbel und alles andere, was der Mensch zum Wohnen braucht, - von der Blumenvase bis zur amerikanischen Wohnküche. Die großen Möbelkonzerne haben heute Europa oder gleich die ganze Welt als Absatzmarkt im Auge.
Bei Lührmanns ist das anders, ganz anders. Die mittelständischen Möbelhändler haben sich im Herzen der Stadt Halle niedergelassen. In einem Betonbau, der seit 35 Jahren am Ufer der Saale eine gewisse Strahlkraft entwickelt. Auch im Inneren ist bei Lührmann nicht alles so wie bei den großen Häusern. Wie nur noch wenige Händler setzt die Firma auf hochwertige Möbel für die mitteldeutsche Region, was heute beinahe einer Störung im ökonomischen Gefüge gleichkommt.
"Halle hat uns gefallen"
Gleichzeitig hat sich der Unternehmer Lührmann dennoch in einem historischen Moment streng an die Regeln des Marktes gehalten. Im Jahr 1990 entstand mit dem Gebiet der plötzlich aufgelösten DDR für westliche Firmen ein riesiger Absatzmarkt. Auch für Helmut Lührmann, der ein Jahr zuvor im westfälischen Rheine das Möbelhaus mit seinem Kürzel Helü gegründet hatte. Im Osten gab es jede Menge Kunden, die nach Neuem für ihre vier Wände verlangten, sowohl in den standardisierten „Platten“, als auch in den größtenteils heruntergekommenen Altbauten, die noch von glanzvolleren Zeiten kündeten.
Hier im Osten gab es noch keine scharfe Konkurrenz, denn die DDR-Möbelbranche, sowieso nur schwach entwickelt, lag am Boden. Also zögerte der Geschäftsmann nicht lange und brach nach Halle auf. „Die Stadt hat uns gefallen, schon durch die Verbindungen von damals“, sagt Lührmann heute.
Vorsicht in der DDR
Damals – das sind beim Möbelhändler die 70er Jahre. Ein Bauunternehmer war er seinerzeit, drüben im Westen. Und doch kam er in die DDR, ins Chemiedreieck, um Geld zu verdienen. Dass er dabei dem Klassenfeind unter die Arme griff, sieht Lührmann pragmatisch. „Es waren andere Zeiten. Im Westen gab es eine Rezession und die DDR beauftragte Firmen in der BRD mit Arbeiten“, erinnert sich der gelernte Kaufmann. So einfach, Nachfrage und Angebot. Mit einem Bagger und einigen Mitarbeitern reiste er hierher. In den Chemiekombinaten Buna und Leuna galt es, Kanäle zu schachten.
Mit dem sozialistischen System konnte er nicht viel anfangen, denn schon die offizielle Begrüßung war für Lührmann, der hier doch arbeiten sollte, eher unangenehm. „Auf dem Weg von Magdeburg bis Halle hatte ich fünfmal das Nagelband vor dem Auto“, erzählt er noch heute empört ob der Schikane der Sicherheitsleute. Die endlosen Grenzkontrollen machten ihn vorsichtig.
In jenem Februar 1977 war der Mann von „drüben“ nach der problematischen Anreise erstmals in der Saalestadt. Auf der Suche nach dem Chemiewerk Buna südlich von Halle sprach er einen älteren Mann im nördlichen Stadtteil Trotha an, erzählt er. Der zeigte dem Westler freundlich den Weg und stieg kurzerhand gleich mit ins Auto. Der Mitfahrer habe sich während der Fahrt durch das graue Halle auch sogleich über die miserablen Lebensverhältnisse in der DDR beschwert. Doch Lührmann ließ sich nichts anmerken, der Eindruck der Grenzkontrollen saß noch tief. „Ich entgegnete darauf fast nichts, ich war vorsichtig“, sagt er heute. „Viele Leute hatten offenbar schon ’77 die Einstellung, dass es nicht mehr lange weitergeht mit der DDR.“
Zukunft in Halle
Ein halbes Jahr lang war er schließlich mit Bagger und Kollegen in den Chemiewerken. In Erinnerung ist ihm vor allem, dass das Auto am Morgen immer wieder weiß war. Ergebnis der Karbidschwaden, die aus Öfen und Schornsteinen in die Luft quollen und schließlich wieder herabrieselten. Als die Gräben für die Rohre der Chemiewerke gezogen waren, ging es wieder zurück in die Heimat.
Heute ist Halle an der Saale, noch vor wenigen Jahren mit dem gleichermaßen rühmenden wie höhnenden Beinamen „Diva in Grau“ bedacht, das Zuhause der Familie Lührmann. Eine Rückkehr zu den halleschen Wurzeln aus den 70er Jahren.
Gleich um die Ecke vom heutigen Standort, in der Ankerstraße, begann 1990 der Möbelverkauf in der Saalestadt. Später folgte der Umzug nach Halle-Neustadt in ein größeres Haus. Clemens-Cord, der Sohn von Helmut Lührmann, kümmert sich seit vielen Jahren um das Geschäft mit Schrankwänden, Wohnlandschaften und Küchentischen. Schon seit 1996 ist er Geschäftsführer des Familienbetriebes, auch er ein gelernter Kaufmann. Er ist stiller und zurückhaltender als der Vater, der auf die Siebzig zugeht und immer noch auf verschiedenen Baustellen unterwegs ist, meist für die Firma.
Den Standort festigen
„Wir haben uns das gut aufgeteilt“, sagt der Junior. Der Vater trage die „Maßnahmen“, wie er die Baustellen nennt, mit. „So hat mein Sohn den Kopf frei fürs Geschäft“, verdeutlicht der Senior.
Derzeit hat das Vater-Sohn-Gespann Großes vor. Will an einer Schnittstelle der Stadt verschiedene Teile des Unternehmens zusammenfügen: Bereits 2009 hatten beide für 1,2 Millionen Euro das ehemalige Centrum-Warenhaus vom erodierenden Karstadt-Konzern gekauft. Seitdem prangt wieder der Begriff „Centrum“ an der Fassade, nur mit dem Wort „Wohn-“ davor. Damit knüpfen Lührmanns an die Tradition des strategisch günstig gelegenen Kaufhauses an, das 1981 als spektakulärer DDR-Neubau eröffnet worden war. Damals sollte das Haus die noch eigenständigen Städte Halle und Neustadt verbinden und eine gesellschaftliche Brücke bilden.
Mit der eigenen Lührmannschen Bauabteilung sanierte der Senior die Fassade und den Innenraum des einstigen Centrum-Warenhauses, derzeit wird wenige hundert Meter entfernt, am Holzplatz, das ehemalige Karstadt-Technik-Kaufhaus in Schuss gebracht. 3.500 zusätzliche Quadratmeter sollen dort für den Möbelhandel entstehen. „Unser Bestreben ist es, das Unternehmen insgesamt an diesem Standort zu festigen“, sagt Lührmann senior diplomatisch. Was das für das Helü-Möbelhaus in Halle-Neustadt bedeutet, kann diese Aussage wohl nur andeuten. Zumindest für die Schnittstelle an der Saale verheißt Lührmann aber Gutes. Halle ist für die Unternehmerfamilie als Standort jedenfalls gesetzt. „Wir handeln vor allem hier in der Region, das soll so bleiben“, sagt der Junior-Chef. Für seinen Vater bleibt es bei der Devise: „Wer billig kauft, kauft dreimal oder öfter und der lernt es auch nie.“ (mz)
