Wissenschaftsrat in Halle Wissenschaftsrat in Halle (Saale): Erst Rüffel, jetzt Lob für Uni

Halle (Saale) - Hoher Besuch in Halle: Der Wissenschaftsrat tagt von Mittwoch bis Freitag in der Leopoldina. Das Gremium berät die Bundesregierung und die Regierungen der Länder, wenn es um grundsätzliche Entwicklungen der Hochschulen und der Wissenschaft geht. Vor vier Jahren - als es in der Wissenschaftslandschaft von Sachsen-Anhalt brodelte - gab der Rat viel beachtete Empfehlungen ab, wie es mit den beiden Universitäten und fünf Hochschulen weitergehen sollte.
Was ist daraus geworden? Wo stehen die Hochschulen heute? MZ-Redakteur Walter Zöller sprach darüber mit dem Generalsekretär des Wissenschaftsrats, Thomas May.
Im Jahr 2013 hat der Wissenschaftsrat den Hochschulen ein bestenfalls durchwachsenes Zeugnis ausgestellt. Das Hochschulsystem bleibe hinter seinen Möglichkeiten zurück. Hinkt Sachsen-Anhalt immer noch hinterher?
May: Die Beurteilung von damals kann man so nicht mehr aufrechterhalten. Es hat sich einiges getan. So hat die Landesregierung auf der Basis unserer Empfehlungen einen Hochschulstrukturplan erstellt und dann Zielvereinbarungen mit den Hochschulen abgeschlossen. Auch finanziell sieht es besser aus. Die Entscheidung des Landes, die BAföG-Mittel - immerhin ein jährlicher Millionenbetrag - dauerhaft den Hochschulen zur Verfügung zu stellen, hat Signalwirkung.
Das hört sich sehr nach plötzlich heiler Wissenschaftswelt an?
May: Nein, so ist es nicht. Natürlich hätte ich mir auch gewünscht, dass noch mehr kontroverse Themen angepackt werden. So sollte das Land die Mittel erhöhen, die die Hochschulen frei einsetzen können. Und auch zu der von uns empfohlenen vollständigen Konzentration der Lehramtsausbildung an der Universität Halle ist es bisher nicht gekommen. Da gibt es immer noch eine eingeschränkte Kapazität in Magdeburg.
Der Senat der Universität Magdeburg hat vor kurzem beschlossen, diese Kapazität sogar wieder etwas auszubauen.
Zu diesem konkreten Vorgang kann ich nichts sagen. Ich will nur generell darauf hinweisen, dass der Wissenschaftsrat 2013 eine vollständige Verlagerung der Lehramtsausbildung nach Halle empfohlen hat.
Wie haben die beiden Universitäten - abgesehen vom Thema Lehramtsausbildung - die Empfehlungen des Wissenschaftsrats umgesetzt?
May: Beide Universitäten haben sich angestrengt. Nach meiner persönlichen Wahrnehmung ist der Umsetzungsstand in Magdeburg etwas positiver als in Halle.
Also ist die Uni in Halle im Verzug?
May: Nein, so kann man das nicht bewerten. Viele unserer Empfehlungen sind umgesetzt worden - beispielsweise die Auflösung des Zentrums für Ingenieurwissenschaften. Natürlich sind auch die Humboldt-Professuren, die die Uni zwischen 2014 und 2016 eingeworben hat, ein Hinweis auf eine verbesserte Profilbildung in der Forschung. Das kann man nur begrüßen. Aber einige strukturell relevante Fragen sind nicht angepackt worden. Da hätten wir den Verantwortlichen etwas mehr Mut gewünscht. Das gilt etwa für die Zahl und die inhaltliche Ausrichtung der Fakultäten. Auch die Zahl der Bachelor-Studiengänge und deren Spezifikation in den Wirtschaftswissenschaften sollten etwas reduziert werden.
Wieso sehen Sie die Universität in Magdeburg schon etwas weiter?
May: Man muss würdigen, dass dort ein Hochschulentwicklungsplan für immerhin zehn Jahre aufgestellt wurde. Positiv ist auch, dass Fakultäten in den Bereichen Ingenieurwissenschaft, Mathematik und Naturwissenschaft fusioniert wurden. Unsere Empfehlung, die humanwissenschaftliche Fakultät zu hinterfragen, wurde allerdings nicht aufgegriffen.
In Sachsen-Anhalt gibt es neben den beiden Unis auch fünf Fachhochschulen, die einen eher praxisorientierten Ansatz haben. Sind Sie mit deren Entwicklung zufrieden?
May: Ja - und dies ohne Einschränkungen. Ich habe den Eindruck, dass die Verantwortlichen unsere umfangreichen Empfehlungen bereits umgesetzt oder entsprechende Schritte eingeleitet haben. Die Fachhochschulen haben enorm an Bedeutung gewonnen, sie stellen einen unverzichtbaren Teil unseres Hochschulsystems dar. Sie sollten aber nicht so etwas Ähnliches wie eine Universität werden, sondern sich mit ihrer Profilierung deutlich unterscheiden.
Zum Abschluss eine Frage zur Tagung. War der Wissenschaftsrat schon mal in Halle?
May: Wir waren 2011 schon einmal in Halle, sind aber nun zum ersten Mal Gast der Nationalen Akademie der Wissenschaften. Ich habe die Leopoldina vor drei Wochen besucht. Sie hat ihren Sitz in einem wunderschönen Gebäude.
(mz)