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Wirkstoffe gegen Krebs Wirkstoffe gegen Krebs: Wie Biopharmazeutika aus Halle den Arzneimarkt erobern

Von Denny Kleindienst 21.05.2020, 14:00
Melanie Käsmarker im Labor für die Qualitätskontrolle. Dort wird unter anderem die Reinheit des hergestellten Proteins getestet.
Melanie Käsmarker im Labor für die Qualitätskontrolle. Dort wird unter anderem die Reinheit des hergestellten Proteins getestet. Silvio Kison

Halle (Saale) - „Jedes zweite zugelassene Medikament“, sagt Melanie Käsmarker, „war 2018 in Deutschland ein Biopharmazeutikum.“ Sie spricht vom weltweit am stärksten wachsenden Markt im Bereich der Arzneistoffe und nennt eine Wachstumsrate von neun Prozent im Jahr. Ein Geschäft mit Zukunft also. Die „Wacker Biotech GmbH“, die am Weinbergcampus in Halle sitzt, ist ein Teil davon und Melanie Käsmarker ist eine von zwei Geschäftsführern.

Biopharmazeutika: Wirkstoffe gegen Krebs oder Multiple Sklerose

Statt synthetisch werden Biopharmazeutika mit Hilfe von gentechnisch veränderten Organismen hergestellt. Bakterien werden in kleine Pharmafabriken verwandelt, heißt es von Seiten des Unternehmens. Dabei passiert dann Folgendes: In riesigen Stahltanks schwimmen winzige Lebewesen in einer trüben Suppe aus Nährlösung. Sie sind mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Es handelt sich um Bakterienstämme, die dort wachsen, sich vermehren und dabei wertvolle Arbeit verrichten.

Sie produzieren Wirkstoffe zum Beispiel gegen Krebs oder Multiple Sklerose. Gegen Krankheiten, bei denen laut dem Unternehmen chemisch-synthetische Wirkstoffe an ihre Grenzen stoßen. Um die pharmazeutischen Wirkstoffe herzustellen, nutzt Wacker Biotech vor allem modifizierte Stämme sogenannter E. coli-Bakterien. „Wir bezeichnen sie auch als Haustiere“, sagt Melanie Käsmarker. Die hergestellten Wirkstofflösungen werden abgefüllt und an die Kunden zur weiteren Verarbeitung geliefert.

Bevor ein Medikament auf den Markt kommt, müssen Kriterien geprüft werden

Als konkretes Beispiel nennt die Geschäftsführerin einen Wirkstoff, der in Halle hergestellt und für ein Herzinfarktmittel verwendet wird. Auf der Medikamentenverpackung sei ihr Unternehmen später aber nicht vermerkt, fügt sie hinzu. Außerdem leistet Biotech in Halle viel Entwicklungsarbeit im Auftrag von anderen Unternehmen. Denn bevor ein Medikament auf den Markt kommt, gilt es, eine ganze Reihe von Kriterien zu prüfen, etwa: Ob ein Wirkstoff wirksam ist? Ob er sich herstellen lässt? Ob er sich auch ökonomisch herstellen lässt?

Der Hauptsitz der 2005 gegründeten Wacker Biotech GmbH liegt derweil in Jena. Die Firma ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft des Münchner Chemiekonzerns Wacker. Weil in Jena aber knapp zehn Jahre nach der Gründung die Kapazitätsgrenze erreicht war, wurde 2014 das Biotech-Unternehmen „Scil Proteins Production“ in Halle übernommen, inklusive der Produktionskapazitäten und sämtlicher Patente. Auch Melanie Käsmarker wechselte damals von Scil Proteins zu Biotech.

Können Biopharmazeutika auch gegen Corona eingesetzt werden?

Zu den Kunden der Wacker Biotech GmbH zählen Pharma- und Biotechnologiefirmen weltweit. Allein in Halle zählt das Unternehmen inzwischen 120 Mitarbeiter. Die meisten von ihnen kommen aus der Stadt und der Umgebung. Der Standort am Weinbergcampus ist laut Melanie Käsmarker auch besonders geeignet, weil Wirtschaft und Wissenschaft dort zusammentreffen.

Bleibt die Frage, ob Biopharmazeutika auch gegen Corona eingesetzt werden können. „Wir haben Anfragen von Kunden, ob wir helfen können“, sagt Käsmarker. Und: „Wir prüfen die technischen Machbarkeiten.“ (mz)

So sieht die Produktion in Halle aus.
So sieht die Produktion in Halle aus.
Steffen WIrtgen/Wacker