Nominierung Wie sich Ehrenamtliche des „Crummen Ecks“ in Halle gegen Lebensmittelverschwendung engagieren
Helfer sammeln Lebensmittel in Supermärkten der Saalestadt ein, die nicht mehr verkauft werden können. In einem Laden werden diese gegen eine Spende abgegeben. Jetzt sind sie für den Bürgerpreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ nominiert.
Halle (Saale) - Derzeit wird jedes dritte Lebensmittel, das produziert wird, einfach weggeworfen. „In Deutschland sind es sogar rund die Hälfte aller Lebensmittel“, sagt Katrin Trescher. Und dabei geht es nicht nur um verdorbene Waren, sondern vielmehr um zu kleine Kartoffeln, Obst mit Druckstellen oder Brot vom Vortag. Katrin Trescher ist eine von rund 100 Ehrenamtlichen, die in Halle aktiv etwas gegen die Lebensmittelverschwendung machen: Sie fahren Supermärkte ab, retten dort Lebensmittel vor dem Wegwerfen und bieten diese gegen eine freiwillige Spende im „Crummen Eck“ an, einem Laden in der Lessingstraße im Paulusviertel.
Jeder, egal ob Student, Renter oder umweltbewusster Mensch, kann in dem Laden Waren von der leicht angedrückten Banane bis zum Joghurt jenseits des Mindesthaltbarkeitsdatums oder Brötchen vom Vortag mitnehmen. Auch Kosmetikartikel, Gelierzucker und andere Dinge sind im Angebot - jeden Tag andere, je nach dem , was die Geschäfte abgeben. „In der Regel darf jeder zwei bis drei Kilo mitnehmen, wenn nur wenig da ist, ein Kilo“, erklärt Inga Besser, die häufig im Verkauf hilft. Das Prinzip sorgt dafür, dass auch jeder etwas abbekommt.
Corona begrenzt die Kundenzahl
„Jede Spende ab 10 Cent ist für die Waren erlaubt, jeder soll das geben, was er kann“, so die Ehrenamtliche. Oft sei es aber so, dass deutlich mehr gespendet wird, bis zu fünf Euro. Flossen die Spenden früher in Projekte, die das Crumme Eck durch eine Abstimmung der Kunden ermittelte, so ist das heute leider nicht mehr möglich. Durch Corona musste auch das Crumme Eck zeitweise schließen, aktuell ist der Einlass auf eine Person beschränkt, so dass insgesamt weniger Kunden kommen - etwa 30 bis 40 zu den Öffnungszeiten am Montag, Freitag und Samstag.
„Früher hatten wir einen Überschuss von etwa 500 Euro pro Jahr, jetzt reichen die Spenden nur für unsere Kosten wie Miete und die Finanzierung des Autos für die Abholung der Waren“, sagt Inga Besser. Trotzdem haben die Ehrenamtlichen das seit August 2018 bestehende Projekt ausgeweitet: Neben der Rettung der Lebensmittel wurde ein Kinderbuch angefertigt, dass sich mit dem Thema Lebensmittelverschwendung beschäftigt, ein Gemeinschaftsgarten wurde angelegt, in dem nicht nur Workshops stattfinden, sondern sich praktischerweise auch kompostieren lässt, was so verdorben ist, dass es nicht mehr angeboten werden kann.
Kleidung, Bücher und Musik-CDs werden getauscht
Entstanden ist auch ein Tauschflur, in dem jeder Kleidung Bücher oder CDs kostenlos ohne Spende mitnehmen kann - oder auch hinbringen. Zurzeit werden hier auch Spenden für Ukraine-Flüchtlinge gesammelt. Ist das Crumme Eck aber nicht eigentlich eine Konkurrenz zu den Tafeln, die auch nicht mehr verkaufbare Waren an Bedürftige abgeben? „Nein“, sagt Katrin Trescher entschieden. „Die Tafel wird zuerst informiert, wenn Lebensmittel von Supermärkten abgegeben werden. Dann kommen wir erst.“ Stolz zeigt das Crumme Eck auf einer Tafel im Verkaufsraum, wie viele Lebensmittel seit Projektbeginn 2018 gerettet worden sind: knapp 30.000 Kilogramm.
Zurzeit ist das Projekt noch als gemeinnützige Unternehmensgesellschaft organisiert. Doch das soll sich ändern. „Die beiden Gründer und aktuellen Geschäftsführer wollen sich zurückziehen und anderen Projekten widmen“, so Katrin Trescher. Nun soll ein Verein gegründet werden, dazu laufen die Vorbereitungen derzeit wie etwa das Aufsetzen einer Satzung. Katrin Trescher und Inga Besser gehören dabei zu den Gründungsmitgliedern.