Der Esel, der auf Rosen geht Wie Kathleen Hirschnitz (möglicherweise) das Stadtbad Halle gerettet hat
In ungefähr drei Jahren soll das Stadtbad Halle in neuem Glanz erstrahlen – als moderner Gesundheitstempel. Diese vielversprechende Zukunft hat die historische Schwimmstätte dem Einsatz einer Kunsthistorikern verdanken.

Halle (Saale)/MZ - Als es im Jahr 1916 eröffnete, spiegelte das Stadtbad Halle die Realitäten der damaligen Gesellschaft wider. Für Männer und Frauen gab es je eigene Schwimmhallen, und ein großer Bereich diente weniger dem Sport als vielmehr der Körperhygiene. Denn viele Menschen lebten damals ohne eigene Bäder mit fließendem Wasser. Im Stadtbad konnten sie sich waschen.
Dabei waren nicht alle Badenden gleich: Zur Geschlechtertrennung kamen noch Klassenunterschiede hinzu. Duschen habe es für die Armen und im Stockwerk darüber Badewannen für die Reichen gegeben, erzählt Kathleen Hirschnitz. Ganz oben habe sich das „Irisch-Römische Bad“ befunden, eine Art Dampfbad. Da fällt ihr Elke Scharnowski ins Wort: „Die Duschis, die du im Kopf hast, die waren auch für die Reichen“, sagt sie. „Es gab noch ganz andere.“
Der Betrieb von Schwimmbädern ist in der Regel ein Verlustgeschäft
Nun stehen Hirschnitz und Scharnowski im Hinterhof der Jugendherberge an der Großen Steinstraße, von wo aus man freien Blick auf die beiden Schwimmhallen hat und auf den Turm dazwischen, in dem das Wasser für die Becken gespeichert wird. „Eigentlich ist es von hier aus am schönsten“, sagt Hirschnitz, als für einen Moment die Sonne hervorbricht und das Denkmal in goldenes Licht taucht.
Hirschnitz ist Vorsitzende des 2014 gegründeten Fördervereins „Zukunft Stadtbad Halle“ und setzt sich seit vielen Jahren für den Erhalt und die Sanierung des Bauwerkes ein. Für dieses Engagement ist sie nun für den Ehrenamtspreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ nominiert worden. Ob es das Stadtbad ohne den Einsatz des Fördervereins noch geben würde, darf bezweifelt werden. Denn der Betrieb von Schwimmbädern sei in der Regel ein Verlustgeschäft, sagt Hirschnitz.
Eigentlich haben wir alles erreicht.
Kathleen Hirschnitz, Vorsitzende des Fördervereins „Zukunft Stadtbad Halle“
Die 45-Jährige hat sich im Rahmen ihres Studiums der Kunstgeschichte in das mehr als hundert Jahre alte Stadtbad verliebt. Scharnowski verbindet eine noch längere Geschichte mit dem Gebäude: Von 1983 bis 2005 habe sie das Stadtbad geleitet, sagt die 83-Jährige. Als die beiden sich 2011 kennenlernten, habe es die Furcht vor einer möglicherweise bevorstehenden Schließung gegeben. Eine Furcht, die noch konkreter wurde, als 2012 ein Gutachten erschien, demzufolge das Dach der Frauenschwimmhalle einsturzgefährdet war.
Damals habe sich schnell eine Gruppe von Personen zusammengefunden, die das Stadtbad erhalten und sanieren wollte, berichtet Hirschnitz. 2014 sei aus dieser losen Gemeinschaft der Verein entstanden, dessen Vorsitzende sie bis heute ist. „Eigentlich haben wir alles erreicht“, sagt sie: Die Schließung sei abgewendet, die Frauenschwimmhalle saniert, der Umbau zum Gesundheitsbad auf den Weg gebracht. Denn es ist wohl in erster Linie auf die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins zurückzuführen, dass Bund und Land 2019 und 2020 insgesamt 19,9 Millionen Euro bereitstellten, um das Stadtbad Halle aufwendig zu entwickeln.
Kassenleistungen sollen das Stadtbad Halle aus den roten Zahlen herausbringen
Im Sommer 2024 sollen die Arbeiten beginnen und zwei Jahre später abgeschlossen sein. Dann, so die Hoffnung von Hirschnitz und Scharnowski, könnte das Stadtbad wieder zu einem Ort der Gesundheit werden, mit wasserbasierter Physiotherapie, mit Solebädern und Inhalationsräumen. Leistungen also, für die auch Krankenkassen Geld ausgeben – was das Schwimmbad Kathleen Hirschnitz zufolge sogar aus den roten Zahlen herausbringen könnte.
Das ist der „Esel“ – und so machen Sie mit
Der Ehrenamtspreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ wird seit 2003 an engagierte Menschen und Initiativen aus Halle und dem Saalekreis verliehen. In diesem Jahr werden sechs Eselskulpturen aus Bronze vergeben: Drei Bürgerpreise, der Preis der Initiatoren und der Preis der Jury. Neu ist der Publikumspreis, für den online gevotet werden kann.
Die Wahl startet nach dem 25. Mai, wenn die Jury die zehn Teilnehmer an dem Voting bestimmt hat. Auch die Bürgerpreise werden durch die Jury vergeben. Wenn Sie, liebe Leser, engagierte Bürger, Vereine oder Initiativen kennen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, dann können sie diese Personen oder Gruppen vorschlagen. Dazu müssen Sie online ein Formular auf der Internetseite esel-auf-rosen.de ausfüllen. Im oberen Feld der Seite findet sich dazu ein extra Button. Sie bekommen danach eine Mail als Bestätigung. Die Nominierungsphase läuft bereits und endet am 6. Mai.
Informationen: Die MZ wird multimedial die 19. Auflage des „Esels, der auf Rosen geht“ begleiten. Dazu gehören Porträts der Kandidaten, Blicke hinter Kulissen sowie Audio- und Videobeiträge. Gebündelt werden alle Infos auf der Webseite des Ehrenamtspreises.