1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. "Wetten dass..?": "Wetten dass..?": Skandalnudel Miley Cyrus kommt nach Halle

"Wetten dass..?" "Wetten dass..?": Skandalnudel Miley Cyrus kommt nach Halle

Von Christian Schlüter 07.11.2013, 20:09
Rührigste Skandalnudel im Popbetrieb: Miley Cyrus
Rührigste Skandalnudel im Popbetrieb: Miley Cyrus Archiv/dpa Lizenz

Halle/Berlin/MZ - Miley Cyrus hat in den letzten Jahren keine Gelegenheit ausgelassen, mit allen nur erdenklichen Geschmacklosigkeiten auf sich aufmerksam zu machen. Kaum ein Tag vergeht, an dem sie nicht mit einer blamablen Leistung von sich Reden macht und damit die Klatschspalten füllt. Doch müssen wir das alles so genau wissen? Riskieren wir mal die Antwort: Ja, wir müssen. Und begrüßen wir an dieser Stelle auch, dass Miley Cyrus in der kommenden Woche mit einem Bambi in der Kategorie Pop international ausgezeichnet werden soll, wie der Burda-Verlag in München mitteilte. Als „Popstar der Stunde“ wird sie nun endlich auch in Deutschland geehrt, am Samstag ist sie der Star bei „Wetten, dass..?“ aus Halle.

Nicht erst seit dem spektakulären Auftritt bei den MTV Video Music Awards im August gilt die 20-jährige Sängerin und Schauspielerin als rührigste Skandalnudel im Popbetrieb: Eine leichtest bekleidete Cyrus bot da ihrem Publikum auf das Wesentliche reduzierte, nur dürftig als Tanzeinlagen kaschierte Beischlafchoreografien mit dem Musiker Robin Thicke und fuchtelt überdies mit einem riesigen Schaumstoffhandschuh und dessen obszön gerecktem Zeigefinger in der Nähe ihres Intimbereichs und dem ihrer Bühnenmitarbeiter herum.

Niedliches Mädchen vom Lande

Worüber die meisten im Falle von Miley Cyrus nicht hinwegkommen, ist ihre Vergangenheit als Hannah Montana. Denn in der gleichnamigen Disney-Fernsehserie begann sie im Alter von 14 ihre Karriere als niedliches Mädchen vom Lande.

Eine perfekte Idylle, zu der auch passte, dass Cyrus’ echter Vater, der Country-Sänger Billy Ray Cyrus, den Part des Filmpapis übernahm. Spannung kam in dieses kinderharmlose Setting nur durch das Doppelleben unserer Landpomeranze: Die Schülerin Miley Stewart verwandelt sich des Nachts in die erfolgreiche Pop-Sängerin Hannah Montana.

Die bis 2011 produzierte Serie war ein Riesenerfolg in den USA, die Namen Miley Cyrus und Hannah Montana werden dort bis heute synonym verwendet – zwei Kinofilme taten ein Übriges. Doch irgendwann löste sich die Künstlerin aus diesem Korsett der Wohlanständigkeit. Bereits die noch als Hannah Montana gesungenen Songs „See You Again“ (2008) und „The Climb“ (2009) offenbarten eine kraftvolle und beseelte, überaus begabte Sängerin. Mit ihrem Album „Can“t Be Tamed“ (2010) schlug die gerade noch 17-Jährige dann endlich einen anderen, „erwachseneren“ Weg fernab jedweder Mädchen-Idylle ein. Und wie ihre Vorgängerinnen – Madonna, Britney Spears, Rihanna oder Christina Aguilera – sexualisierte sie ihr Image zunehmend.

In dieser Zeit häuften sich auch die Skandalmeldungen: Von homophoben bis zu antisemitischen Äußerungen reichte das Spektrum. Ganz abgesehen von den zahllosen Albernheiten: Miley raucht eine orientalische Wasserpfeife und ruft die Sittenwächter auf den Plan; Miley verzieht ihre Augen zu Schlitzen und verärgert die Organization of Chinese Americans. Zu dem Auftritt bei den MTV Awards war es jedenfalls nicht mehr weit. In der Folge wurde Cyrus von Tea-Party-fundamentalistischer Seite vorgeworfen, ihr vor allem promiskuitives Auftreten sei ein Zeichen des kulturellen Verfalls (und also Obamas Schuld) und stifte sogar zu Vergewaltigungen an. Von eher linker Seite erteilte die Sängerin Sinéad O’Connor den mütterlichen Rat, die Sache der Frauen nicht durch männergefälliges, die weibliche Sexualität verdinglichendes Getue zu ruinieren.

Unerheblich oder verrückt?

Erstaunlich an der Diskussion war, dass sich niemand über den miefig-kitschigen, zuweilen reaktionär-idyllischen Hannah-Montana-Schmonzes aufregen wollte. Stattdessen wurde eine Künstlerin wahlweise für unerheblich, peinlich oder gleich ganz verrückt erklärt, die von der ausgiebigen Nutzung sozialer Netzwerke über den spielerischen Umgang mit sexuellen Selbstzuschreibungen bis zum umfänglichen Merchandising die ganze Produktionskette souverän beherrscht. Was man Miley Cyrus offenbar neidet, ist ihre Jugend, die sie überdies erfolgreich zu vermarkten weiß. Anders gesagt: Sie nutzt das Recht ihrer Jugend, Fehler machen zu dürfen, woran sie, schließlich ist sie ein globaler Popstar, alle Welt teilhaben lässt. Damit erfüllt sie geradezu idealtypisch die Definition von Pop, nämlich das Erwachsenwerden in all seinen irritierenden Facetten musikalisch vorzuleben und zu begleiten: Pop ist Probehandeln mit eingeschränkter Haftung.

Wer Miley Cyrus vorwirft, dass sie sich und ihren Körper verkauft, hat Pop als massenindustriellen Verwertungszusammenhang einfach nicht verstanden – und mag stattdessen emanzipatorische oder reaktionäre Idyllen beschwören. Die Künstlerin hat Besseres verdient.