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Weltberühmtes Glockenspiel  Weltberühmtes Glockenspiel : Halle bietet Exil für Londoner Big Bens Fans

Von Detlef Färber 23.08.2017, 13:29
Westminster-Glockenturm in London
Westminster-Glockenturm in London dpa

Halle (Saale)/London - Für die Briten und besonders die Hauptstadt-Briten kommt es derzeit Schlag auf Schlag - buchstäblich: Auf den Brexit folgte der Clockxit, denn die berühmteste Glocke der Welt - Big Ben auf dem Uhrturm des Westminster-Palasts - schlägt nicht mehr. Und wird ihr Schweigen in den nächsten vier Jahren nicht brechen. Grund dafür ist eine aufwendige Reparatur an dem mehr als 13 Tonnen schweren, 158 Jahre alten Klangkörper.

Vier Jahre ohne akustisches Markenzeichen? Das könnte auch die Reise-Motivation von so manchem Stadttouristen schwächen, der für demnächst London auf dem Zettel hatte. Oder ihn zu kurzfristigem Umdisponieren animieren - etwa nach dem Motto „sieh’, das Gute liegt so nah!“ Für Big Bens größte Fans und die Freunde des Londoner Glockenspiels bietet sich nämlich die Chance auf ein Halle-Exil, weil das charakteristische Händel-Motiv, das den schweren Stundenschlägen der großen Glocke in London vorausgeht, auch in Halle als der Geburtsstadt Händels ertönt.

Stadtmarketing Halle: „Wir und London sind die einzigen wirklichen Händel-Städte“

Ist Londons Glockenpause also ein Pfund, mit dem das Reiseziel Halle zwischenzeitlich verstärkt wuchern könnte?

Ganz so weit will Halles Stadtmarketing-Chef Stefan Voß dann doch nicht gehen - obwohl: „Wir und London sind die einzigen wirklichen Händel-Städte“, sagt der Mann, der für die Verbesserung von Halles Außenwirkung maßgeblich Verantwortung trägt.

Dennoch könne das der Anlass sein, sich an eine ebenso witzige wie wirksame Werbekampagne zu erinnern, mit der Halle vor vier Jahren für Aufsehen sorgte: „Warum Rom?“ lautete seinerzeit die ironische Frage, die mit einer Abbildung des Gasometers auf Halles Holzplatz illustriert war, der aus der gezeigten Perspektive und mit Augenblinzeln an Roms Colosseum erinnert. Und: „Warum Washington?“ mit Halles weißestem Haus, der Zentrale der Leopoldina an der Moritzburg.

Halle hat das größte Carillon Europas und das drittgrößte der Welt

Entsprechend, so Voß, könnte Halle nun seinen Campanile, den Roten Turm, gegen den inzwischen (seit dem jüngsten Thronjubiläum der Queen) „Elizabeth-Tower“ genannten Westminster-Turm in Stellung bringen. Geplant seien etwa auch Souvenirs mit Rotem Turm, der ja Bestandteil des fünftürmigen Wahrzeichens von Halle ist. Doch weit mehr noch als mit diesem Turm will Halle künftig mit dem darin untergebrachten Glockenspiel „klingeln“. Denn es ist nicht irgendeins.

„Mit 76 Glocken haben wir das größte Carillon Europas und das drittgrößte der Welt“, sagt Gero Sievers, Mitglied des Förderkreises des halleschen Glockenspiels. Denn nur zwei Carillons - eins in den USA und eins in Südkorea - hätten jeweils noch eine Glocke mehr.

Weltberühmtes Händel-Motiv aus 16 Tönen kommt in Halle aus der Konserve

Umso öfter will Halle diese seine Glocken nun künftig zum Klingen bringen. Drei mal täglich - um 9, 12 und 15 Uhr - wird es per programmierter Mechanik bereits in Gang gesetzt und spielt je ein Musikstück. Hinzu kommen ganze Konzerte, zu denen Carilloneure anreisen. Um dieses Angebot auszuweiten, werden derzeit auch in der Stadt selbst Glockenspieler ausgebildet, wofür eigens ein so genanntes Stockenklavier als Übungsinstrument angeschafft werden soll. Bekannt von denen, die das eigentliche Carillon zu spielen verstehen, ist Marktkantor Irénée Peyrot.

Aus der Konserve kommt dagegen das von Westminster her weltberühmte Händel-Motiv aus 16 Tönen, das auch in Halle den schweren Stundenschlägen vorausgeht und so den Tag auf eine in weitem Umkreis einzigartig klangvolle Weise strukturiert.

Also, liebe Nicht-Hallenser: Schnell kommen, lauschen und dann ...? Weitersagen, wiederkomen - oder gleich dableiben! (mz)

Der Rote Turm in Halle
Der Rote Turm in Halle
dpa
Marktkantor Irénée Peyrot am Carillon des Roten Turms
Marktkantor Irénée Peyrot am Carillon des Roten Turms
Günter Bauer