Weiterleben ohne Pulsschlag
HALLE/MZ. - Ein normales Ruhestandsleben? Nicht ganz. Hans Pietzonka aus Neustadt hat seit gut zwei Jahren ein Kunstherz. Das Gerät rettete ihm das Leben, weil sein eigenes Herz damals nur noch zu 14 Prozent leistungsfähig war. "Es geht mir gut, ich freue mich über jeden Tag", sagt der Mann, der einer der ersten Patienten war, dem am Uni-Klinikum ein hochmodernes Kunstherz-Pumpsystem implantiert wurde.
Das war am 9. Januar 2007. Inzwischen leben in der Region 29 Männer und Frauen mit diesem Wunderwerk der Technik, genannt "hard-mate II", was so viel wie "Herz-Kumpel" heißt. Weltweit haben bislang etwa 3 000 Menschen das Gerät erhalten. Das Klinikum war in Ostdeutschland damals Vorreiter für diese lebensrettende Neuheit, die aus Kalifornien (USA) stammt.
"Weil es immer weniger Spenderherzen gibt und die wenigen, die zur Verfügung stehen, auf große Transplantationszentren verteilt werden, lohnt es sich für uns nicht mehr, Herzen zu verpflanzen", erklärt Professor Rolf-Edgar Silber, der die Uni-Herzklinik leitet. "Deshalb konzentrieren wir uns seit fast genau drei Jahren auf Kunstherzen - am 10. April 2006 wurde das erste implantiert."
Für einige Patienten ist das Gerät aus Metall und Kunststoff, das 100 000 Euro kostet, eine Überbrückung, bis ein Spenderherz gefunden wird; für Ältere ist es meist eine endgültige Lösung.
"Und eine sehr gute", sagt Oberarzt Dr. Ivar Friedrich, der das Projekt mit Dr. Hasan Bushnaq leitet. Denn noch vor ein paar Jahren befanden sich die Kunstherz-Pumpen außerhalb des Körpers. "Die Überlebens-Chancen waren damals nicht sehr hoch, vor allem, weil sich leicht Blutgerinnsel bildeten." Heute geht man davon aus, dass die neue Kunstherz-Generation - eine medizinische Revolution, so Friedrich - die Patienten mindestens zehn Jahre lang versorgen kann. Für ihn sind diese Systeme eine Alternative zum Spenderherz.
Wie er sagt, bestehe das Kunstherz aus einer Pumpe, die über eine Kanüle mit der linken Herzkammer verbunden wird: "Sie saugt Blut an und gibt es über einen Schlauch kontinuierlich an die Hauptschlagader ab." Deshalb gebe es keinen Pulsschlag mehr. Gesteuert wird das Gerät mit Batterien.
Hans Pietzonka trägt zwei davon ständig bei sich. Sie befinden sich in Taschen, die er sich wie Pistolenhalfter umgeschnallt hat: "Ich merke sie gar nicht mehr." Über ein Kabel sind die je drei Pfund schweren Stromquellen mit der Pumpe verbunden. Ein Pflaster verdeckt die Eintrittsstelle am Bauch. Ein Kontrollgerät würde Störungen sofort melden. Rund fünf Stunden halten die Batterien, dann müssen sie gewechselt werden. Geht Hans Pietzonka aus dem Haus, hat er stets Ersatz bei sich.
Warum sein Herz immer schwächer geworden war, so dass er zuletzt kaum noch Luft bekam, konnte nicht geklärt werden. "Bakterien waren wohl der Auslöser", vermutet Pietzonka, der Jahrzehnte bei Turbine Halle Fußball spielte. Da sein Zustand lebensbedrohlich war, erhielt er ein Kunstherz; die Wartezeit auf ein Spenderorgan hätte er nicht überlebt. Er hat sich mit der Pumpe, die sein Herz unterstützt, arrangiert. Er darf zwar nicht mehr baden und in die Sauna gehen. "Doch damit", so sagt er, "kann ich sehr gut leben."