Weihnachtssingen Weihnachtssingen: Grüße ins Galle-bittere Halle
HALLE/MZ. - Zumal man dort Leute trifft, die man entweder immer trifft - oder eben nur dort. Und auch wenn der Charme des Anfangs, als auf der Bühne noch echte Laien beim manchmal schrägen Gesang ihr Bestes gaben, längst einer beachtenswerten Professionalität gewichen ist - das Weihnachtssingen gehört dazu wie -baum, -gans und -geschenke.
In die Tiefen der russischen Seele entführte in diesem Jahr - nach dem sündigen Paris und dem Wilden Westen in den Vorjahren - die Objekt-5-Crew ihr Publikum an drei ausverkauften Abenden im Steintor-Varieté. Kein Geringerer als Zar Peter I. alias Peter Brock begrüßte das Volk aus dem "Galle-bitteren" Halle, und wer der russischen Sprache mächtig war, war diesmal klar im Vorteil. Wer wüsste denn auch sonst, dass das "H" im Russischen wie ein "G" gesprochen und damit aus Halle "Galle" wird.
Noch bevor allerdings der Zar die Bühne eroberte, legte sich mit Tom Wolter ein großartiger Dirigent ins Zeug: Minutenlang dirigierte er mit dem Rücken zum Publikum ein nichtvorhandenes Orchester, das Tschaikowskis Schwanensee intonierte. "Viele Herzen schlagen in meiner Brust", gestand der Zarewitsch dann unter Anspielung des so genannten "Matrjoschka-Effekts" seinem untertänigen Volk angesichts der Aufgaben, die vor ihm standen. Da lud er die "Saaledeutschen" ein, nach Sankt Petersburg zu ziehen, "denn die Wolgadeutschen sind ja alle weg".
Doch das Weihnachtssingen hieße nicht "Singen", wenn nicht auch gesungen würde. Viele Größen der internationalen Musikszene gaben sich im Varieté die Ehre: Ein über dem Rücken Gitarre spielender Tobias Hirsch, im zivilen Leben Mediziner mit eigener Praxis, zeigte, was man "mit einer Mandoline so alles machen kann" und gab stilecht den Jimi Hendrix, "Kommissar" Falco (Ivo Tondera) war da und auch Marianne Rosenberg in Gestalt der wunderbaren Anja Ziegler. Die ersten Zugaberufe gab es für das Double von Gilbert Bécaud. Viele wären noch zu nennen: Frank Pechstedt als Neil Young, Christian "Sorje" Sorge, der als Marilyn Manson von der "Stadtentsorgung Moskau" von der Bühne getragen werden musste, Dominique Schütz als gefeierter Bill Kaulitz .
Am höchsten schlugen die Begeisterungswogen aber, als sich tatsächlich die russische Seele auftat: Bei "Katjuscha" sangen fast alle mit - der Russisch-Unterricht vor mehr als 30 Jahren war also doch nicht ganz spurlos vorübergegangen bei den meist Mittvierzigern im Publikum. Die anschließende Party endete erst im Morgengrauen - dann aber doch wieder in Halle.