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Waschhaus Dunte in der Böckstraße Waschhaus Dunte in der Böckstraße: Saubere Wäsche und Bratklöpse

Von Sandy Schulze 30.04.2016, 10:00
Im Waschhaus serviert das Ehepaar Dunte zum Waschgang gleich den passenden Snack.
Im Waschhaus serviert das Ehepaar Dunte zum Waschgang gleich den passenden Snack. Günter Bauer

Halle (Saale) - Die „Dicke“ hat heute frei. An ihrem Platz schleicht sich langsam die Nachmittagssonne vorbei. Ein paar Stunden noch, dann ist Feierabend. Auch für die anderen war es ein ruhiger Tag. Für Berta und Adele, für Dagmar oder Cora. „Heute hat noch niemand seine Wäsche vorbeigebracht,“ sagt Kerstin Dunte, die zusammen mit ihrem Mann Peter das Waschhaus an der Richard-Wagner-Straße führt.

Die Waschmaschinen tragen weibliche Namen, die Trockner männliche. Und die Mangel heißt Zora. Draußen löffelt ein Gast seine Nudelsuppe, drinnen wartet eine Mutter mit Kind auf ihre Bestellung. Die meiste Arbeit bereiten dem Ehepaar nicht Berge schmutziger Wäsche, sondern ihre Gastronomie. Im Waschsalon in der Böckstraße dreht sich alles um Weichspüler und Temperatureinstellung und um Wiener Würstchen, Bratklops und beschmierte Brote.

Film „Mein wunderbarer Waschsalon“ als Vorbild

Die Idee für den Nachbarschaftstreff kam dem ursprünglichen Inhaber Carsten Reuter vor 20 Jahren durch die Verfilmung von „Mein wunderbarer Waschsalon“. Kerstin Dunte war von Beginn an dabei, damals noch als Service-Kraft, später kam auch ihr Mann Peter dazu. Seit 14 Jahren, nachdem sich Inhaber Reuter zurückgezogen hatte, leitet das Ehepaar das Waschhaus selbst.

Früher hatten beide in der Landwirtschaft gearbeitet, Peter Dunte in der Rinder- und seine Frau in der Geflügelzucht. Kennengelernt haben sich die Hallenser aber nicht über ihre Arbeit. „Das war ganz schnöde in der Kneipe“, sagt die 51-Jährige und setzt zu ihrem ansteckenden Lachen an. Auf der Arbeit sind die Aufgaben klar verteilt. Peter Dunte steht in der Küche und seine Frau arbeitet den Rest zu. „Klar, manchmal gehen wir uns auch auf den Zünder“, sagt Kerstin Dunte. Daran, sich über Kleinigkeiten zu ärgern, bleibt das Paar aber nicht lang hängen. Im Waschhaus gibt es ohnehin genug zu tun, für den 56-jährigen vor allem gegen Mittag, wenn aus den umliegenden Straßen die hungrigen Pausengäste kommen.

Schmutzige Socken von Touristen und Musikern

Zum Waschen kommen vorwiegend Stammkunden vorbei, meist Senioren oder alleinstehende Herren, oft weil sie keinen Platz für eine eigene Maschine haben oder um ein kleines Schwätzchen zu halten. Manchmal sind es aber auch Bands, die in der Stadt ein Konzert geben oder Touristen, die im Salon ihre Rucksäcke leeren. Auch Duntes selbst bringen ihre Wäsche aus Seeben mit. Die meisten Maschinen stehen hier schon von Beginn an, nur die „Dicke“, die zehn Kilo fasst, und die „Namenlose“ kamen später dazu. Zur Ehrenrettung: Sie alle schlucken keine Socken. Denn die angelt Kerstin Dunte regelmäßig aus den Trommeln, um sie anschließend zu trocknen. Drei Monate werden vergessene Kleidungsstücke aufbewahrt, bevor sie entsorgt werden. Der Rekord liegt allerdings noch darüber.

Vier Monate lang hatte ein Kunde eine komplette Waschladung vergessen. Weil die Sachen noch gut erhalten waren, kamen sie anschließend in die Kleiderkammer. Geschichten könnte Kerstin Dunte stundenlang erzählen. Von Pferdedecken, die die Trommeln verschmutzt haben, oder von kleinen Konzerten, die es hier gab. Den Elan hat sich das Ehepaar erhalten: „Unsere Gäste sind so locker drauf. Wenn es geht, möchten wir hier noch lang arbeiten“, sagt Kerstin Dunte. (mz)