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Vor 140 Jahre eröffnet Vor 140 Jahre eröffnet: Schule als "Kathedrale" vom Neumarkt

Von Dirk Skrzypczak 07.04.2018, 13:00
Die Schüler von heute können in Klassenbüchern von einst stöbern. Für die Kinder faszinierende Zeitzeugnisse.
Die Schüler von heute können in Klassenbüchern von einst stöbern. Für die Kinder faszinierende Zeitzeugnisse. Silvio Kison

Halle (Saale) - Wie sich doch die Zeiten ähneln. Als zum Ende des 19. Jahrhunderts bei den Stadtvätern die Entscheidung zum Bau der Neumarktschule in der Hermannstraße fiel, erlebte Halle wie heute auch einen Kinderboom. „Die vorhandenen Schulen reichten nicht aus, deshalb mussten weitere Gebäude her“, sagt Schulleiterin Kerstin Grimm.

Nach drei Jahren Bauzeit war die Schule fertig, 229.698 Mark investierte die Stadt in die Immobilie, eine imposante Kathedrale der Bildung. 140 Jahre später hat das Gebäude nichts von seinem Charme verloren. Mit 430 Mädchen und Jungen, 22 Lehrern und fünf Lehrern im Vorbereitungsdienst gehört die Neumarktschule zu den größten Grundschulen in Sachsen-Anhalt.

Schulleiterin: Ich mag die luftige Architektur

„Ich mag die luftige Architektur, die Eleganz und vor allem den Hauch der Geschichte, den man auf den Fluren noch spürt“, schwärmt die Schulleiterin. Aus Merseburg von einer typischen Plattenbau-Schule ist sie nach Halle gekommen. Vor neun Jahren ist die Neumarktschule saniert worden, in einer öffentlich-privaten Partnerschaft. Das Geld stammt von Investoren, die Stadt mietet sich quasi in das Objekt ein. „Für uns ist dieses Modell ein Vorteil, denn die Schule ist nach wie vor gut erhalten“, lobt die Direktorin.

Mit einer Festwoche vom 27. April bis zum 4. Mai soll das Jubiläum gefeiert werden. Ganz rund ist der Geburtstag zwar nicht, das wären 150 Jahre, und doch fiebern die Erst- bis Viertklässler dem Ereignis entgegen. Sie werden sich in Projektgruppen mit der Geschichte des Hauses befassen, aber auch den Faden in eine mögliche Zukunft spinnen. Wie wird Schule wohl in 100 Jahren sein? Die Gedanken der Kinder kommen in eine Zeitkapsel, die nicht vergraben, sondern im Schulhaus aufgestellt werden soll.

Neumarktschule in Halle: Alte Klassenbücher existieren noch

Was jetzt noch fehlt, sind Zeitzeugen aus jener Epoche, als die Schule den Namen „POS Nadeshda Konstantinowna Krupskaja“ trug, Lenins Ehefrau. „Wir suchen Lehrer aber auch Schüler, die sich daran erinnern und über den Schulalltag seinerzeit erzählen können“, sagt Grimm. Über die ältere Historie des Hauses und vor allem der Schüler ist hingegen eine Menge bekannt. So existieren noch die alten Klassenbücher, penibel in Sütterlin geführt.

Übrigens war der Ursprungsbau als 24-klassige Knaben- und Mädchenschule eigentlich schon zur Eröffnung 1878 zu klein. Und so wurde die Neumarktschule nur 20 Jahre später durch einen östlichen Anbau erweitert. 1910 besuchten 886 Schüler in 18 Klassen die Volksschule, die am 1. April 1913 den Namen Neumarktschule erhielt.

Die meisten Schüler zählte die Bildungsstätte allerdings als POS in der DDR. Der Chronik der Schule nach unterrichteten in den 70er und 80er Jahren 72 Lehrer 1 133 Kinder und Jugendliche in 40 Klassen. Zwischen 1950 und 1970 hieß der Standort übrigens „Dr.-Kurt-Fischer-Schule“, seit 1991 ist es wieder die Neumarktschule.

Es gehört zum Reiz des Hauses, dass noch genügend Hinweise auf die unterschiedlichen Episoden zu finden sind. Auf dem Schulhof etwa werden die Eingänge noch getrennt nach Knaben und Mädchen ausgewiesen, wie es vor 140 Jahren üblich war. Und was die Schüler von heute wundert, sind die Namen der Kinder von damals, die gar nicht so verstaubt sind und wiederkommen: Gustav, Kurt, Erich ... (mz)