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Von Unterwäsche bis Mantel Von Unterwäsche bis Mantel: Sie ist die Ankleiderin am Neuen Theater

Von Katja Pausch 02.12.2017, 17:00
Claudia Hoppe ist als Ankleiderin am Theater so etwas wie die perfekte Hausfrau.
Claudia Hoppe ist als Ankleiderin am Theater so etwas wie die perfekte Hausfrau. Holger John

Halle (Saale) - Sie kommt den Schauspielern am Theater so nah wie kaum ein anderer - oder eine andere: Claudia Hoppe. Als Ankleiderin richtet sie die komplette Garderobe für das jeweilige Stück ein. „Von der Unterwäsche bis zum Mantel - und zwar idiotensicher“, sagt Hoppe und lacht. Humor ist bei ihrem Job ebenso wichtig wie Zuverlässigkeit, Geduld, psychologisches Gespür und - ganz wichtig - das Beherrschen zahlreicher „hausfraulichen“ Tricks und Kniffe.

Wie gut Ankleider ihre Arbeit machen, ist für das Publikum nicht unbedingt auf Anhieb zu erkennen. Für die Schauspieler selbst aber ist es am eigenen Leib zu spüren. Denn sozusagen als „perfekte Hausfrau“ am Theater sorgt Claudia Hoppe mit ihrem Team dafür, dass vor und vor allem während der Vorstellungen „klamottentechnisch“ alles passt und sitzt.

Schnelligkeit und Improvisationstalent gefragt

Dass die Kleidung sauber ist, die Schuhe blitzen und keine Naht an Kleid, Hose oder Jacke offen ist - oder sich mitten in der Vorstellung plötzlich und unerwartet öffnet. „Das kann durchaus passieren, und dann ist Schnelligkeit und Improvisationstalent gefragt“, beschreibt die gebürtige Hallenserin ihren Job, der zu einem Großteil direkt hinter der Bühne stattfindet.

Denn wenn der Ernstfall eintritt, haben Ankleider zumeist nur wenige Minuten, um eine notdürftige Reparatur am oft komplizierten Kostüm des Schauspielers oder der Schauspielerin zu erledigen. So riss einmal ausgerechnet in einem vom Titel her sehr passenden Stück: einem der Darsteller der Reißverschluss am Hosenstall - in „Ladies Night“.

In den halleschen Kleiderwerken Bekleidungsfacharbeiter gelernt

„Es sah sicher komisch aus, als ich vor ihm kniete und mit Nadel und Faden das Malheur behoben habe“, erinnert sich Claudia Hoppe. Ja, es gebe oft intime Situationen, und daher habe ihre Arbeit sehr viel mit Vertrauen zu tun. „Wir müssen aber auch die Nerven behalten und manchen Schauspieler auch mal beruhigen“, so die 55-Jährige, die in den halleschen Kleiderwerken Bekleidungsfacharbeiter gelernt und später den Meister obendrauf gesetzt hat.

Als dann um die Wende herum das Werk aufgelöst und die dortigen Nähmaschinen verkauft wurden, kam Claudia Hoppe ans NT - „weil Intendant Peter Sodann damals mehrere Nähmaschinen für seine Kulturinsel gekauft hat“. Und Claudia Hoppe ermuntert habe, sich als Schneiderin bei ihm zu bewerben.

Manche Kostüme sogar selbst entworfen

Heute kann sie sich keinen schöneren Beruf vorstellen. Praktisch jede Vorstellung, die am NT gelaufen ist, hat Claudia Hoppe begleitet, für manche sogar die Kostüme selbst entworfen. Für „Warten auf Godot“ etwa oder für das erfolgreiche Stück „Ziemlich beste Freunde“. Bei einigen Stücken sei ihr Job besonders stressig: „König Lear“ zum Beispiel, „da reichen acht Stunden nicht“.

Als Ankleider müsse man für jede Vorstellung den Ablaufplan exakt auf die Minute kennen, sagt sie und zeigt auf einen Stapel Blätter auf ihrem Klemmbrett. Die sind für das kürzlich angelaufene Hoftheaterstück „Rotkäppchen“, das gerade Premiere feierte, gedacht. Da freue sie sich - neben dem Eichhörnchen namens Hilmar - vor allem über die Hummel: Weil Schauspieler Malick Bauer, ein „echt großer Typ“, in dem lustigen Kostüm mit dickem Watton, Flügeln und in Strumpfhosen stecke.

Gespielt wird das Stück übrigens von den neuen Schauspielstudenten. Und für die haben die Ankleiderinnen seit Jahren stets eine Überraschung zur Premiere parat: ein Handtuch für jeden Darsteller - mit eingesticktem Namen. (mz)

Bloß nicht durcheinanderbringen! Jeder Schauspieler hat seine Kleiderbügel.
Bloß nicht durcheinanderbringen! Jeder Schauspieler hat seine Kleiderbügel.
Holger John