Villa am Kirchtor in Halle Villa am Kirchtor in Halle: Stillstand im Rive-Haus

HALLE (Saale) - Das „Rivehaus“ am Kirchtor 5 ist ein schönes Gebäude. Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut, hatte dort Halles legendärer Oberbürgermeister Richard Robert Rive seine Wohnung. 1947 ist er in dem Haus auch gestorben. Doch die denkmalgeschützte Villa neben dem Botanischen Garten, in einer der besten Wohnlagen der Stadt also, ist noch immer unsaniert. Vor zwei Jahren hatte die Hallesche Wohnungsgesellschaft (HWG) als Eigentümerin noch angekündigt, das Haus bis Ende 2013 sanieren zu wollen. Doch außer Abholzungen und verschiedenen Gutachten zum Holzschutz und zur restauratorischen Situation, zu Feuchtigkeitsschäden und ähnlichem, ist bisher nichts geschehen. Will das kommunale Unternehmen nicht mehr sanieren?
Haus soll saniert werden
„Am Vorhaben hat sich nichts geändert“, versichert HWG-Sprecher Steffen Schier. „Wir möchten weiterhin das Haus entsprechend seiner stadtgeschichtlichen Bedeutung sanieren.“ Seit Mai dieses Jahres gibt es eine Baugenehmigung inklusive der denkmalrechtlichen Genehmigung. Man könne praktisch sofort beginnen. Allerdings sei das Haus noch bewohnt, so Schier. „Aus Rücksicht auf die Mieter, teilweise im hohen Alter, suchen unsere Mitarbeiter das Gespräch mit ihnen, um eine gemeinsame Lösung zu finden“, so der Sprecher. Allerdings ist bei dieser Lösungssuche die Kommunikation inzwischen auf dem Nullpunkt angelangt. Briefe der HWG gehen über eine Anwaltskanzlei. Offenbar gab es sogar Schwierigkeiten für Baugutachter, den Zutritt in alle Wohnungen zu bekommen. Mieter hingegen fühlen sich nach eigener Aussage vor allem schlecht informiert. Es mangele an klaren Aussagen der HWG, ob man etwa nach einer Sanierung zurückkehren könne. Und zu welchen Mieten.
Die HWG will das Einzeldenkmal Kirchtor 5 nach der Sanierung als Wohnhaus vermieten. Drei Jahre ist die Baugenehmigung gültig.
Das Haus ist, obwohl noch gar nicht so alt, pure Stadtgeschichte. Es gehörte Albert Roth, Rittergutsbesitzer, 38 Jahre lang Stadtrat und seit 1907 Halles 25. Ehrenbürger. Die Laudatio hielt Oberbürgermeister Richard Robert Rive: „Selbstlos in Treue, recht im Urteil, gerade im Wort, besonnen im Handeln, schlicht in der Art war hier ein Mann, den Bürger und Behörden als das nacheifernswürdige Vorbild eines wahren Vertreters der Bürgerschaft sahen.“
Rive, Halles 26. Ehrenbürger, war seinerzeit selbst Mieter im Haus Kirchtor 5. Als sein Vermieter Albert Roth 1917 starb, kam das Haus zur Stadt Halle. Der Bauunternehmer Friedrich Kuhnt spendierte anonym der Stadt den Kaufpreis von 150 000 Mark.
Stiftung für Halle und den OB
Warum? Aus Bürgersinn. „Einmal will ich meiner Vaterstadt für alle Zeiten eine würdige Amtswohnung für den ersten Beamten meiner Stadt schaffen. Sodann möchte ich den gegenwärtigen Amtsinhaber, Oberbürgermeister Rive, in Würdigung des Guten und Schönen, was er für unsere Stadt geschaffen hat, die Möglichkeit geben, weiterhin in den von ihm übernommenen Räumen zu bleiben, was beim Übergang des Hauses in fremde Hände zweifelhaft wäre“, schrieb Kuhnt. Die Bedingung der Stiftung ist also klar: Hier sollte der kostenlose Wohnsitz für Oberbürgermeister Rive und alle Nachfolger werden.
Doch wohnte nur Rive in der Villa, seine Nachfolger hingegen nicht. Was schade ist; mit Dienstwohnung der jeweiligen OB befände sich das Haus heute sicher in einem besseren baulichen Zustand.