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Pfleger hat sich acht Elefanten tätowieren lassen Mit Video: „Er spricht ihre Sprache“ - Der Elefantenflüsterer aus dem Bergzoo Halle

Seit 25 Jahren kümmert sich Norman Hase um die Dickhäuter im Bergzoo Halle. Seine Bindung zu den Tieren ist so stark, dass er Bilder von ihnen auf seinem Körper tätowiert hat.

Von Dirk Skrzypczak Aktualisiert: 18.03.2024, 16:29
Norman Hase sucht auch schon die Nähe zum Babyelefanten. Wie der kleine Bulle heißen soll, darüber stimmen derzeit die MZ-Leser ab.
Norman Hase sucht auch schon die Nähe zum Babyelefanten. Wie der kleine Bulle heißen soll, darüber stimmen derzeit die MZ-Leser ab. Fotos: Steffen Schellhorn

Halle (Saale)/MZ - Norman Hase steht an einem der mächtigen Tore der Elefantenanlage im Bergzoo und pfeift. Die Dickhäuter, die gerade genüsslich an Ästen knabbern, halten inne. Hase ruft nach Pori, mit ihren 38 Jahren die Seniorin unter den Riesen und Großmutter des kleinen Elefantenbullen, der in der Nacht zum 4. Februar auf dem Reilsberg zur Welt kam. Nach wie vor läuft die Suche nach einem Namen für das Baby.

Die Besucher, die von einem Aussichtspunkt über der Anlage das Geschehen beobachten, staunen. Pori kommt, steckt ihren Rüssel durch die dicken Stahlträger und lässt sich streicheln. Dann folgt der morgendliche Gesundheitscheck.

 
Seit 25 Jahren kümmert sich Norman Hase um die Elefanten im Bergzoo Halle. (Bericht: Torsten Grundmann, Kamera: Alexander Pförtsch)

Sind die Stoßzähne in Ordnung? Wie sieht es im Rachen aus? Haben sich kleine Steine in den Füßen verkeilt? Pori hebt den Rüssel, dreht sich zur Seite und reagiert prompt auf die kurzen Kommandos. Zur Belohnung gibt es Bananen. „Da ist sie ganz wild drauf“, erzählt der Tierpfleger.

In der Ruhe liegt die Kraft

Hase, 44, gebürtiger Hallenser, ist der Elefantenflüsterer im Bergzoo. „Er spricht ihre Sprache“, sagen Kollegen. Hase lächelt. „Das würde ich nicht von mir behaupten. Aber ich mag die Tiere. Sie sind groß, stark und sensibel.

Und sie sind ehrlich, keine Schauspieler. Wenn sie dich nicht mögen, dann spürst du es.“ Hase wiederum ist irgendwie einer von ihnen, akzeptiert. Das mag an seiner ruhigen und einfühlsamen Art liegen, die bis ins Private reicht. „Wenn ich persönliche Probleme habe, dann gehe auch ich zu den Elefanten. Ihre Ruhe überträgt sich auf mich. Das hilft mir“, sagt er.

Tierpfleger Norman Hase mit Elefantenoma Pori.
Tierpfleger Norman Hase mit Elefantenoma Pori.
(Foto: Steffen Schellhorn)

Anfang der 1990er Jahre hatte er drei Jahre gelernt, war Ende 1996 dann als Pfleger in den Bergzoo gekommen. „Bis dahin kümmert man sich um alle Tiere und lernt ihre Gewohnheiten kennen.“ Als einer der Elefantenpfleger aufhörte, übernahm er seinen Job. Damals hatte der Reilsberg noch zwei asiatische Sumatra-Elefanten. Es war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick.

Zumal es damals noch etwas gab, was heute verboten ist: einen direkten Kontakt. „Ich bin auf ihnen noch durch die Anlage geritten. Und jeden Früh waren wir im Zoo mit ihnen spazieren.“ Doch der Schutz von Tieren und Pflegern hat die Bestimmungen ändern lassen – zumal nicht alle Elefanten gutmütig sind. Wenn so ein Koloss zum Angriff übergeht, wird es gefährlich. 2021 etwa hatte ein Elefant in einem spanischen Zoo mit dem Rüssel nach einem Pfleger geschlagen und ihn so schwer verletzt, dass er starb.

Schöne und schwere Stunden

Hase weiß um das Risiko und dass es auch im Tierreich nicht nur schwarz und weiß gibt. Seine Liebe zu den größten Landtieren der Welt geht so weit, dass er sich mittlerweile acht Elefanten auf seinen Oberkörper tätowieren lassen hat. „2003 hatten wir unsere Sumatra-Elefanten an den Zoo in Berlin abgegeben. Das tat mir in der Seele weh.“

Um den Verlust zu verarbeiten, hatte er sich noch in der Hauptstadt das erste Tattoo stechen lassen. „Ich hatte damit keine Erfahrung, der Tätowierer auch nicht. Also hat er mich in die Stadt geschickt. Dort musste ich ein Buch kaufen, in dem Elefanten abgebildet waren. Es diente als Vorlage.“

Mittlerweile gibt es kaum noch einen freien Zentimeter auf der Haut. Aber auch seine Hunde hat sich Hase mit der Nadel verewigen lassen – und sei es nur als Namenszug über dem Auge. „Dort sehe ich es im Spiegel immer.“

Acht Elefanten hat sich Norman Hase bislang als Tattoos stechen lassen, das größte Exemplar befindet sich auf seinem Rücken.
Acht Elefanten hat sich Norman Hase bislang als Tattoos stechen lassen, das größte Exemplar befindet sich auf seinem Rücken.
Schellhorn

Dass die Natur gnadenlos sein kann, musste Hase mit den anderen Pflegern schon zweimal schmerzlich erfahren. Elefantenkuh Bibi, die mittlerweile in Hodenhagen lebt, hat im Bergzoo zwei ihrer drei Babys direkt nach der Geburt getötet.

„Das sind die schlimmsten Momente. 22 Monate ist eine Elefantin schwanger. Als Pfleger fiebert man mit, sitzt mehrere Wochen auch nachts vor dem Bildschirm und hält Wache. Und dann ist es in drei bis vier Minuten vorbei“, sagt er.

Bibi war sein Liebling – und umgekehrt. Noch heute fährt er in regelmäßigen Abständen nach Hodenhagen, um sie zu besuchen. Wenn er dann mit Hunderten Schaulustigen am Zaun steht, pfeift und ihren Namen ruft, dann kommt sie nach wie vor angelaufen. „Sie kennt noch immer den Klang meiner Stimme“, sagt Hase. Elefanten sind intelligente Tiere, die offenbar einen Elefantenflüsterer nicht vergessen.