Veränderte Tanzkutur Veränderte Tanzkutur: Der letzte Walzer in Halle

Halle (Saale) - Stirbt in der Kulturhauptstadt die Ballkultur? Der Eindruck könnte entstehen: Rauschende Bälle gibt es in Halle kaum noch. So feierte zwar der Landesinnungsverband des Maler- und Lackiererhandwerks Sachsen-Anhalt seinen „Malerball“ in diesem Jahr - allerdings im Magdeburger Herrenkrug. „Wir werden auch 2016 unseren 25. Ball der Farbe in der Landeshauptstadt feiern“, kündigte Geschäftsführerin Christel Borchert an. Ob es in Halle je wieder einen Ball der Farbe geben wird, stehe in den Sternen.
Gar den allerletzten Walzer hat der Deutsche Journalistenverband (DJV) getanzt - in Halle sowieso, aber auch überhaupt.
„2013 haben wir den 22. Presseball im K & K gefeiert“, so DJV-Vorsitzender Uwe Gajowski. Man habe danach im Verband beschlossen, eine Pause einzulegen, um das nicht mehr richtig funktionierende Ball-Konzept zu überarbeiten. Mit Sponsoren und dem Thema Frankreich sollte in diesem Jahr erstmals wieder ein Ball - ein thematischer Länder-Ball - veranstaltet werden. Allerdings in Magdeburg, nicht in Halle, denn der hier einzig angemessene Saal im K&K werde inzwischen nicht mehr vom Kempinski betrieben, sondern wieder von der Dormero-Hotelkette selbst.
„Leider ist damit das Niveau nicht mehr dasselbe“, bedauert Gajowski. Immerhin: Das neue Ball-Konzept sei zwar gut, aber nicht finanzierbar. „Denn dem Sponsoring steht das neuerdings in vielen Firmen durchgesetzte Verbot der Vorteilsnahme entgegen“, so Gajowski. Hinzu käme, dass der Bedarf an prachtvollen Bällen heutzutage offenbar auch nicht mehr so groß sei.
Dem stimmt auch Lubomir Danailow zu. „Es ist schade, aber das Interesse an Bällen scheint gesunken zu sein“, hat der Manager von Fest-Event beobachtet. Danailow ist ein alter „Ball-Hase“: Am 5. Oktober 1994 hatte Danailow den Saal im Maritim mit seinem Herbstball eröffnet - und 19 Jahre lang ausgerichtet. Der Herbstball zog später vom Maritim ins K&K, wo vor zwei Jahren die letzte rauschende Ballnacht gefeiert wurde.
Das Ende der Ball-Kultur in Halle erklärt sich Danailow - neben fehlenden Räumlichkeiten - auch damit, dass „früher die Latte sehr hoch hing“. „Für den Volksbank-Ball wurden damals Weltstars wie Jennifer Rush, Boney M, Roland Kaiser oder Sarah Connor nach Halle geholt“, so Danailow. Das sei heute gar nicht mehr finanzierbar - ein Ball in diesem Umfang rechne sich nicht mehr. Dennoch hätte er durchaus Lust, wieder ein solches Event zu organisieren - vermutlich aber nicht in Halle. Dennoch - die Zeit dieser gesellschaftlichen Treffen sei wohl inzwischen vorbei.
Ganz anders sieht das Hartmut Reszel. Mit Uni Bigband und „Happy Swing“ Band ist er seit Jahren gefragter Tanzmusiker bei Bällen. „Ich habe eher den Eindruck, es werden mehr“, so Reszel. Vielleicht seien die Bälle nicht mehr so elitär, aber es gebe zunehmend Events von Tanzschulen, Studios und von der Uni. Allein zu vier Weihnachtsbällen lade derzeit die Tanzschule Eichelmann, bestätigt Tanzlehrer Marcus Eichelmann. „Natürlich wird bei uns klassisch mit Smoking und Ballkleid getanzt“, so Eichelmann. Und am 21. Januar spielt Reszel zum Winterball der Uni auf. Über 1.000 Gäste waren 2015 dabei - Tendenz steigend. (mz)
