Uni Halle Uni Halle: Von Händel bis Genscher

HALLE (Saale)/MZ - Georg Friedrich Händel scheint früh aufgestanden zu sein am 10. Februar des Jahres 1702. Zumindest war der noch 16-jährige Händel der erste Student, der sich an diesem Einschreibetag in das Matrikelbuch der alma mater halensis eingetragen hat. Händel hat auch gleich ordnungsgemäß die fällige Studiengebühr bezahlt, wie in dem Buch vermerkt ist. Und was studierte der damals durchaus schon bekannte, aufgehende Star am Barockmusik-Himmel? Jura.
Fundus der Uni-Geschichte
Der eigenhändige Eintrag Händels ist vielleicht der wertvollste in den insgesamt 70 Matrikel- und sechs zugehörigen Registerbänden. „Sie sind das Gedächtnis der Universität. Denn jahrhundertelang musste sich jeder Student, der in Halle studierte, in ein Matrikelbuch eintragen“, sagt Michael Ruprecht, der Leiter des Universitätsarchivs. „Ein bedeutender Fundus der Universitätsgeschichte!“
Die 76 Bände - sie umfassen die Jahrgänge 1700 bis 1979 - indes sind nicht prächtig, dienten sie doch einem rein bürokratischen Akt. Der eigenhändige Eintrag ins Matrikelbuch war offenbar nie ein sehr feierlicher Akt. Zumal alle Studenten ja noch ganz am Anfang ihrer akademischen Laufbahn standen - Ausgang unbekannt. Oft übrigens - wie auch bei Händel - hatte die zunächst gewählte akademische Laufbahn wenig mit der späteren prominenten Lebensleistung zu tun. Clemens Brentano etwa, Dichter der deutschen Romantik, hat sich 1798 für „Bergwissenschaft“ eingeschrieben - versehen übrigens mit dem Vermerk „Ausländer“. Carl Gotthard Langhans, der Erbauer des Brandenburger Tores, begann 1753 ein Jurastudium. Genau wie 1805 der Dichter Joseph von Eichendorff. Friedrich August Conrad Mühlenberg, im Jahr 1789 der erste Sprecher des Repräsentantenhauses der USA, trug sich 1769 in Halle für Theologie ein. Die Religion studierte auch Johann Joachim Winckelmann, der Begründer der wissenschaftlichen Archäologie und Kunstgeschichte. Heinrich Hoffmann schrieb sich 1832 für Medizin in Halle ein und als Psychiater später den gruseligen Kinderbuch-Klassiker „Struwwelpeter“. Die Reihe bekannter Studenten ließe sich fortsetzen - bis zu SPD-Legende Kurt Schumacher und Ex-Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher etwa. Und bis 1979, als auf weniger charmante Karteikarten und später auf noch unpersönlichere Computer-Einschreibung umgestellt wurde.
Die erhaltenen Matrikelbände gehörten zu den am häufigsten genutzten Beständen des Universitätsarchivs, sagt Uni-Archivar Michael Ruprecht. Unter dieser Beanspruchung, aber auch falscher Lagerung hatten die Bücher jedoch teilweise dramatisch gelitten. „Manche konnten praktisch gar nicht mehr genutzt werden.“ Das ist vorbei: Alle Bände sind gereinigt, zum Teil neu gebunden und gefestigt sowie anschließend in speziellen Schutzumschlägen neu verpackt worden. Immerhin 25 000 Euro hat die Rettung gekostet, finanziert durch die „Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (Kek)“.
Einzigartige Lehrtafel-Sammlung
Mit Hilfe der Kek wurden jetzt auch andere, sehr ungewöhnliche Zeugnisse der Universitätsgeschichte gerettet: 126 stark beschädigte Lehrtafeln. Immerhin 1 600 solche Tafeln aus den Jahren 1875 bis 1970 hat das Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen in den letzten Jahren buchstäblich gerettet. „Rund 60 Prozent der Tafeln sind handgezeichnete Unikate, die für bestimmte Professuren angefertigt wurden. Das hat in diesem Umfang Seltenheitswert an deutschen Universitäten“, sagt Frank Steinheimer, Leiter des Zentralmagazins.


