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Ungeliebter Umzug Ungeliebter Umzug: Gesundheitsdienstleisters "Ameos" verlegt Mitarbeiter nach Halle

Von Christoph Werner 20.12.2016, 10:30
Standort des neuen Ameos-Rechenzentrums in der Magdeburger Straße.
Standort des neuen Ameos-Rechenzentrums in der Magdeburger Straße. Günter Bauer

Halle (Saale)/Halberstadt - Rund 30 Mitarbeiter des Ameos Rechenzentrums in Halberstadt werden das diesjährige Weihnachtsfest in besonderer Erinnerung behalten. Doch wird es keine positive sein. Grund: Der Gesundheitsdienstleister mit Hauptsitz im schweizerischen Zürich hat beschlossen, ein für den Bereich Sachsen-Anhalt zuständiges Rechenzentrum nach Halle zu verlegen. Und zwar in eines der bekanntesten Büro-Gebäude am Riebeckplatz.

Ende November wurden die Mitarbeiter darüber informiert, bereits ab dem 2. Januar ihren täglichen Dienst statt in Halberstadt in Halle verrichten zu müssen. Ihre Wahlmöglichkeiten: Tägliches Pendeln der rund 100 Kilometer mit Auto oder Bahn, ein Umzug, oder, im schlimmsten Fall, der Verlust des Arbeitsplatzes.

Regionalleiterin: Von Knall auf Fall kann gar keine Rede sein

Informiert worden sind die Mitarbeiter über den geplanten Standortwechsel auf Mitarbeiterversammlungen bereits am 10. August sowie ein weiteres Mal bei einem Strategietreffen Mitte Oktober. „Von Knall auf Fall kann also gar keine Rede sein“, so Alexa von Dossow, Regionalleiterin Kommunikation. „Alle Neueinstellungen der letzten Monate erfolgten schon für den Arbeitsort Halle“, erläutert von Dossow. Dort könne man personell weiter wachsen. Den vom Ortswechsel betroffenen Mitarbeitern sichere man von Unternehmensseite aus Unterstützung zu. „Das sind zum Beispiel Umzugskostenbeihilfen, Jobtickets, flexible Arbeitszeitmodelle und Bahncard-Beteiligungen.“

Dass es mit der Verlegung nun tatsächlich schnell gehen soll, bestätigt Alexa von Dossow. Bereits ab dem 2. Januar solle die Mitarbeiterschaft vor Ort in Halle arbeitsfähig sein. „Da viele der Mitarbeiter zwischen den Jahren im Urlaub sind, ist ein Umzugs-Team derzeit bereits aktiv.“

Unternehmen pflegt die IT-Systeme der Ameos-Gruppe

Ein Betriebsratsmitglied des Halberstädter Ameos-Klinikums bestätigt diese Vorgänge gegenüber der MZ. Das in Halberstadt beheimatete Rechenzentrum, direkt angeschlossen an das dortige Ameos St.-Salvator-Klinikum, aber dennoch eigenständig, sei dafür zuständig, in ganz Sachsen-Anhalt das Funktionieren der IT-Systeme der Ameos-Gruppe sicherzustellen. Nach dem Umzug solle das nun von Halle aus bewerkstelligt werden. Termin und Ablauf haben die Mitarbeiter Ende November erfahren, erinnert sich das Betriebsratsmitglied.

Schon seit geraumer Zeit sei das Rechenzentrum in die „Ameos Spitalgesellschaft mbH“ ausgegliedert worden, habe dafür vor rund zwei Jahren aus den im Klinikum angesiedelten Räumlichkeiten weichen müssen. Nun stehe auch der Standortwechsel auf dem Programm.

Warum existiert für die ausgegliederte „Ameos Spitalgesellschaft mbH“ kein eigener Betriebsrat?

Bereits seit drei oder vier Jahren sei es bei Ameos an der Tagesordnung, immer wieder einzelne Tätigkeitsgebiete auszugliedern, sagt das Betriebsratsmitglied. „Therapie, Soziale Dienste, Bau und Technik, Labor – all diese Bereiche sind bereits einem System des Outsourcing zum Opfer gefallen. Der IT-Sektor wird auch nicht der letzte gewesen sein“, ist sich die Quelle sicher. Dies werde von der Leitung in der Schweiz einfach beschlossen, dagegen könne man nicht viel machen. Da das in eine eigene Service-Gesellschaft ausgegliederte Rechenzentrum im Gegensatz zum Halberstädter Ameos-Klinikum zudem keinen Betriebsrat installiert habe, „müssen sich die betroffenen Mitarbeiter im Fall von Streitigkeiten einen eigenen Anwalt nehmen“.

Doch warum existiert für die ausgegliederte „Ameos Spitalgesellschaft mbH“ kein eigener Betriebsrat? Eine Erklärung liefert Gisela Neunhöffer von der Verdi-Bundesverwaltung in Berlin. Ameos habe viele Bereiche in eigene Servicegesellschaften ausgegliedert. „Weil das formal eigenständige Unternehmen sind, müssten sie einen eigenen Betriebsrat haben.“ Die Servicegesellschaften hätten an jedem Standort aber nur wenige Beschäftigte, die durch die vielen Umstrukturierungen oft stark verunsichert seien – was die Neugründung eines Betriebsrates schwierig gestalte. Auch der Sitz der Unternehmensgruppe in der Schweiz sorge in diesem Zusammenhang für Komplikationen.

Mit aufgrund der Entwicklung des Ameos IT-Bereichs zu klein gewordenen Räumlichkeiten in Halberstadt begründet man den Beschluss, den Standort nach Halle zu verlegen, seitens Ameos Ost. „Die neuen Räumlichkeiten bieten den Mitarbeitern eine optimale Arbeitsumgebung“, heißt es in der Stellungnahme. Künftig könne man noch flexibler und schneller auf Anfragen reagieren. Provokant folgt der Satz: „Für die Mitarbeiter ändert sich lediglich der Arbeitsort“.

Dass die Stimmung unter den betroffenen Mitarbeitern aufgrund dieser Situation schlecht ist, bestätigt auch Gisela Neunhöffer. „Ich habe mehrere Rückmeldungen, dass der Umzug viel Frust unter den Betroffenen auslöst. Es stehen nun weite Fahrwege an, und die Mitarbeiter können das ganze Vorhaben nicht nachvollziehen.“

Auch das Betriebsratsmitglied aus dem Ameos-Klinikum in Halberstadt redet von einer schlimmen Situation vor Ort. „Die Vorgänge rund um Ameos sind generell ein schwieriges Thema.“ Alle seien ziemlich niedergeschlagen, „ich habe das Gefühl, dass die meisten fast aufgegeben haben. Es wehrt sich keiner mehr dagegen, jeder scheint sich mit der Situation dort einfach abgefunden zu haben“. (mz)