Unesco-Welterbe Unesco-Welterbe: Die letzten Patienten der Franckeschen Stiftungen

HALLE/MZ - Die Franckeschen Stiftungen wollen in drei Jahren zum Unesco-Welterbe der Menschheit gehören. Dieser Titel würde das bedeutendste Wiederaufbauwerk in Halle seit der Wende krönen: die Rettung der barocken Schulstadt. Rund 130 Millionen Euro sollen in die Sanierung des in der DDR verfallenen Gebäudekomplexes geflossen sein, niemand hat das bisher genau zusammengerechnet. Nach mehr als 20 Jahren ist die Sanierung nun tatsächlich beinahe beendet: Am Haus 51, dem ersten Kinderkrankenhaus der Welt, steht ein Baugerüst. Das letzte noch unsanierte Stiftungshaus aus der Gründungszeit, in dem die Bewohner lebten und arbeiteten, wird für rund zwei Millionen Euro saniert. Bis Anfang 2015.
Danach wird das Seelsorge-Seminar der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands einziehen. In ein „wunderbares Haus; reines 18. Jahrhundert“, wie Stiftungsdirektor Thomas Müller-Bahlke schwärmt. „Die EKM bietet für ihre Mitarbeiter Seelsorge-Kurse an. Für diesen Zweck entstehen im Haus Seminarräume und Zimmer für die Kursteilnehmer.“ Das Krankenhaus der Stiftungen sei medizinhistorisch bedeutend wegen der frühen Ausbildung der Ärzte direkt am Krankenbett der Kinder. Man habe lange nach einem geeigneten Konzept für Franckes 1721 eigens außerhalb des Waisenhauses errichtetes Krankengebäude mit dem kleinem Patientengarten gesucht, so Müller-Bahlke. Mit dem temporären Wohnen der Seelsorge-Kursteilnehmer habe man die passende Nutzung gefunden.
Für die Nutzung der Gebäude steckt die Stiftungssatzung aus dem Jahr 1992 die Grenzen. Die „im Sinne ihres Stifters vom christlichen Geist geprägte Einrichtung“ muss „den Menschen aller Schichten aus dem In- und Ausland eine umfassende Bildung und die Fähigkeit zum sozialen Handeln vermitteln“. Passend wäre danach auch die geplante Nutzung für das letzte unsanierte Gebäude - die seit drei Jahren leer stehende Waisenhaus-Druckerei. „Die Stiftungen und die Universitätsleitung haben eine Willensbekundung unterschrieben, in dem Magazingebäude der weltweit ersten Bibelanstalt das Archiv der Universität unterzubringen“, so Thomas Müller-Bahlke.
Das hätte Charme: Das Wiederaufbauwerk der Stiftungen wäre beendet, das Uniarchiv, das bisher im Süden Halles ein stiefmütterliches Dasein fristet, bekäme ein würdiges, passendes Domizil. Schon jetzt ist die Uni einer der Hauptmieter in den Stiftungen. Das Archiv umfasst die kompletten Archivunterlagen der Universitäten Halle und Wittenberg, der TH Merseburg und der Pädagogischen Hochschule. Die ältesten Unterlagen datieren in das Jahr 1342. Darunter sind Papst-Urkunden, Schriften von Melanchthon, Friedrich dem Weisen und Darwin.
Es gibt allerdings ein Problem: Die Finanzierung der Sanierung und des Umbaus der Druckerei für rund acht Millionen Euro steht in den Sternen. Auf dem Weg zum Weltkulturerbe-Titel für die Franckeschen Stiftungen wäre eine Sanierungs-Perspektive für die Druckerei indes sicher hilfreich.

