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Über sieben Brücken

Von Michael falgowski 23.03.2012, 12:27

Halle/MZ. - Brücken führen über Flüsse, Gräben, Straßen und Schienen: Brücken verbinden. Man kann auf ihnen tanzen, sie aber auch sprengen oder hinter sich abbrechen, je nachdem. 132 Brücken gibt es in Halle, 14 von ihnen stehen unter Denkmalschutz. MZ-Fotograf Günter Bauer ist über sieben Brücken gegangen.

Die Geheimnisvolle:

Aus der Schafsbrücke fallen einzelne Steine heraus, in die Weiße Elster. Das romantische Bauwerk, das seit 1733 bei Beesen den Weg in die Aue ermöglicht, wird immer brüchiger. In diesem Jahr soll sie begutachtet werden. Wird dabei vielleicht ein grausiges Geheimnis gelüftet? Denn die Brücke ist verflucht. Ein Kind soll darin eingemauert worden sein. Es wurde geopfert, um den Bau glücklich fertigstellen zu können, heißt es. Als die Schafsbrücke teilweise 1945 gesprengt und 1946 wieder aufgebaut wurde, fanden sich jedenfalls keinerlei entsprechende Spuren in der früheren "Zollbrücke".

Die Stählerne:

Für rund 570 000 Euro wird ab Mai die 67 Meter lange Genzmerbrücke an der Saale repariert, die Glaucha und die Pulverweiden verbindet. Das Geld reicht nicht für eine komplette Sanierung der Eisenfachwerk-Brücke aus. Von denen gibt es in Halle insgesamt vier, außerdem noch die Hafenbahnbrücke, die Peißnitzbrücke und die Schieferbrücke in der Mansfelder Straße. Die Genzmerbrücke verbindet seit 1903 die Stadt mit dem ehemaligen Holzlagerplatz der Saline. Sie war vor allem als Zufahrt für das neue Elektrizitätswerk notwendig, dessen Gasometer noch steht.

Die Wichtigste:

Am 14. April 1945 wurden Saale-Anwohner in Kröllwitz und Giebichenstein aufgefordert, in die Luftschutzkeller zu gehen und die Fenster zu öffnen. "Laternenmasten sausten wie Indianerpfeile durch die Luft", so hat ein Augenzeuge berichtet, als die Wehrmacht den 60 Meter überspannenden Hauptbogen der Giebichensteinbrücke sprengte. Doch das Wahrzeichen hat überlebt: Vier Jahre später war sie repariert. Das 1928 fertig gebaute 261 Meter lange Stahlbetonbauwerk ist die bekannteste Brücke Halles, gelegen genau an jener Burg überm Tale, die Josef Eichendorf besungen hat. Neben der Hochstraßen-Brücke ist sie die einzige belastbare und dadurch oft überlastete Saalequerung. Die bekannten Figuren Kuh und Pferd von Gerhard Marcks sind derzeit eingehaust und werden renoviert: Der Betonkrebs frisst sie kaputt.

Der Neubau:

73 Meter hoch und 650 Tonnen schwer ist der Stahl-Pylon, der heute die Berliner Brücke an 24 Stahlseilen trägt. Seit 2006 beherrscht die 171 Meter lange Schrägseilbrücke den Horizont von Halle. Sie hat 42, statt der geplanten 28 Millionen Euro gekostet. Gebaut wurde die Brücke neben ihrem verrosteten Vorgänger, der einstigen Hindenburg-Brücke, die bis 1916 mit Hilfe französischer Kriegsgefangener errichtet wurde. Das einstige Denkmal war 275 Meter lang und überquerte damals rund 50 Gleise des Güterbahnhofs.

Die Schwungvolle:

"Der geteilte Himmel" heißt der immer wieder mal verbotene DEFA-Film von 1964, der neben Renate Blume und Eberhard Esche noch eine Hauptdarstellerin hatte: Halle. In der Erinnerung geblieben ist dabei ein Bauwerk in schwarz-weiß, das die Liebenden und ihr Problem gleichsam verkörperte: die seltsam, steil geschwungene "Katzenbuckelbrücke" in Trotha, unterhalb des Ochsenberges. Die Fußgängerbrücke führt hinüber zur Saaleinsel Forstwerder. Der Stahlbetonbogen mit seiner Spannweite von 47 Meter wurde 1928 gespannt. Sieben Meter hoch ist der Scheitelpunkt. Der Bau wurde erforderlich, weil man 1927 auf dem zugewachsenen Forstwerder ein Saale-Freibad an der Saale eingerichtet hatte, das bis 1937 existierte.

Die Marode:

Die Fußgängerbrücke am Riebeckplatz ist der erste Kandidat, die Zahl der halleschen Brücken auf 131 zu drücken. Denn die Treppenaufgänge der 1971 gebauten Querung über die heutige Merseburger Straße sind in einem derart schlechten Zustand, dass sie irgendwann von der Stadt einfach geschlossen wird. Saniert jedenfalls wird die bröckelnde "blaue" Stahlbetonbrücke nicht mehr, früher oder später soll sie ohnehin abgerissen und durch eine Ampel ersetzt werden.

Die Hundertjährige:

Die Steinmühlenbrücke der Peißnitzstraße hinüber zur Ziegelwiese ist nicht so alt, wie sie auf den ersten Blick aussieht. Erst 1912 wurde der 20 Meter lange Stahlbeton-Gewölbebogen gebaut. Die acht nur scheinbar barocken Engel und die Lampen, die erst vor elf Jahren nach Jahrzehnten restauriert wieder aufgestellt wurden, sorgen für das laut Denkmalverzeichnis "markante Brüstungsdekor mit altgermanischen Ornamenten". Beinahe übersieht man die breite Straßenbrücke auf dem Weg hinüber zur Fontäne auf der Ziegelwiese, die schon im 17. Jahrhundert als Halles Festwiese diente und den Lehm für die Ziegelei lieferte.