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Turner Matthias Fahrig Turner Matthias Fahrig: Hände verraten Turner

Von Petra Szag 08.09.2013, 13:26
Matthias Fahrig zeigt seine Hände. Die Innenflächen werden mit Magnesia eingerieben, darunter ist dicke Hornhaut.
Matthias Fahrig zeigt seine Hände. Die Innenflächen werden mit Magnesia eingerieben, darunter ist dicke Hornhaut. Schulz Lizenz

Halle/MZ - Sein Händedruck zur Begrüßung ist - ganz anders als der Umgangston - äußerst rau. Oder anders formuliert: Würde Matthias Fahrig in seiner charmant-lässigen Art mit der Innenfläche seiner Hände beispielsweise einem Gegenüber im Strickpulli die Schulter tätscheln, bestünde höchste Gefahr, das gute Kleidungsstück zu ruinieren und Fäden zu ziehen.

Wenn es Sportler gibt, bei denen allein die Hände die Sportart verraten, dann sind es Turner. Die Innenseiten sind meist übersät von dicker Hornhaut - nicht nur bei Matthias Fahrig.

Späßchen von der Mutter

Der 27-Jährige weiß um dieses Manko und nimmt es längst mit Humor. „Meine Mutter sagt immer aus Spaß zu mir, dass ich aufpassen soll, nicht an der Türklinke hängen zu bleiben“, erzählt er. Doch mögen die tiefen Rillen der verhornten Haut im Alltag manchmal lästig sein, für seinen Sport sind sie blanker Segen. Am Sonntag will der Hallenser bei der nationalen Qualifikation der Turner in Berlin das Ticket zur WM nach Antwerpen lösen. Und dort mit seiner Übung am Boden für Aufsehen sorgen. Und so kurios es klingt: Die Schwielen werden ihm dabei helfen. Sie sind das Ergebnis tagtäglichen Übens über einen Zeitraum von vielen Jahren. Und: „Ohne sie wäre mein Training schmerzhaft“, verrät Fahrig.

„Wenn ich am Barren vom Handstand aus in die Riesenfelge gehe, dann zieht mich das Siebenfache meines Körpergewichts nach unten“, erklärt Fahrig. Enorme Kräfte. Bei seinen 68,5 Kilo zerren da also fast 480 Kilo an ihm. Und die etwa einen halben Zentimeter tiefe Hornhaut tut dabei ihren Dienst, sie schützt schlicht und einfach.

Für Matthias Fahrig heißt es deshalb, im Alltag auf seine Hände zu achten. Auch wenn sie durch die Verhornung nicht schön aussehen - eincremen ist kontraproduktiv und deshalb tabu, erklärt er. Im Urlaub stundenlang im Wasser rumzuplanschen, hat er sich auch verboten. „Wenn du dann wieder anfängst, reißt die Haut ein und das tut verdammt weh.“

Mitgenommen sehen Matthias Fahrigs Hände aber nicht nur wegen der Hornhaut aus. Durch die hohen Belastungen im Training werden auch Kapseln und Bänder immens strapaziert. Da reißt schon einmal was ein oder an. Um in der Wettkampfvorbereitung nicht all zu viel Zeit zu verlieren, sind dann ärztliches Geschick gefragt und feinfühlige Hände. Strahlung, Stoßwellen, Spritzen. „Unser Arzt Kay Brehme hat schon wahre Wunder vollbracht“, sagt Fahrig. Auch ohne seine Physiotherapeutin Petra Klysz ginge nicht viel.

Auch Fahrigs Handgelenke sehen nicht mehr jungfräulich aus. „Manchmal reicht eine dumme Bewegung“, sagt er und macht das mit einem Sprungelement auf der Bodenmatte deutlich. Bei der Landung aus zweieinhalb Metern Höhe nach diversen Drehungen in der Luft muss alles passen. Tut er das nicht, tut’s weh. Kein Wunder also, dass auch schon sein Mittelhandknochen entzündet war. „Da konnte ich nicht einmal eine Kaffeetasse halten“, erinnert sich Fahrig.

Fernziel Olympia 2016 in Rio

Mit seinen Füßen sieht es ähnlich aus. Durch die ausgeheilten Brüche und Kapselverletzungen in all den Jahren hat Fahrig Ausbeulungen an beiden Füßen, die man in der Fachsprache Hallux nennt. Und seine Beine sind zu einem leichten O geformt. „Möglich, dass ich mir das richten lasse, wenn ich mal aufhöre“, sagt der Ex-Europameister.

Aber daran ist noch lange nicht zu denken. Denn trotz seiner Wehwehchen hin und wieder macht ihm sein Turnerleben unheimlich viel Spaß. Das Ende der Fahnenstange ist für den Sportsoldaten noch lange nicht in Sicht. Die WM jetzt in Antwerpen soll nur eine - wenn auch sehr schöne und vor allem erfolgreiche - Zwischenstation werden auf dem Weg zu den Olympischen Spielen in Rio 2016.

Auch die Füße werden in Mitleidenschaft gezogen.
Auch die Füße werden in Mitleidenschaft gezogen.
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